Fluorwachs-Verbot: Ski-Szene in Aufruhr

    Material-Doping im Fokus:Fluorwachs-Verbot: Ski-Szene in Aufruhr

    von Lars Becker
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    Das Fluorwachs-Verbot bringt vor dem Weltcup-Auftakt der nordischen Skisportler und Biathleten an diesem Wochenende eine gesamte Szene in Aufruhr. Darum geht's.

    Skispringen
    Die Weltcup-Saison im nordischen Skisport startet am 24. November im finnischen Ruka/Kuusamo.
    Quelle: Imago

    Deutschlands Skilangläufer haben beim ersten Testlauf einer neuen Zeitrechnung vier Siege bei internationalen FIS-Rennen im finnischen Muonio gefeiert. Begleitet von diffusen Vermutungen der Konkurrenz in Sachen Material-Doping. Langlauf-Bundestrainer Peter Schlickenrieder sagte dazu:

    Je stärker eine Nation ist, umso mehr Verdächtigungen in Sachen Fluorwachs wird es geben.

    Peter Schlickenrieder

    In allen Disziplinen des Ski- und Snowboard-Weltverbandes (FIS) und der Internationalen Biathlon-Union (IBU) ist ab dieser Saison erstmals der Einsatz des beliebtesten Gleitstoffs unter den Brettern verboten. Bestimmte Fluor-Verbindungen (C8) stehen im Verdacht, krebserregend zu sein. Dazu sind sie nicht abbaubar. Gerade der Wintersport ist auf die Natur angewiesen und laut Schlickenrieder moralisch zu ihrem Schutz verpflichtet:

    Wir gehen an das Fluor-Thema genau wie an die Doping-Problematik ran: Es gilt eine Null-Toleranz-Politik.

    Peter Schlickenrieder

    Disqualifikation gleich zum Saisonstart

    Allerdings bringt das Fluorwachs-Verbot eine ganze Reihe von Problemen mit sich. Das hat schon der Auftakt des alpinen Ski-Weltcups in Sölden gezeigt, wo die Norwegerin Ragnhild Mowinckel disqualifiziert wurde. Ihr Ski hatte nach dem ersten Durchgang des Riesenslaloms laut FIS "einen deutlich erhöhten Fluorwert" gezeigt. Vor dem Rennen war der Servicemann nach Angaben der Skifirma mit den Brettern samt genau der gleichen Präparierung bei der Kontrolle gewesen und die Ampel im Gerät hatte "Grün" gezeigt.
    Es gibt eine Menge möglicher Ursachen für diesen Supergau für die Ski-Szene. Zum einen die 30.000 Euro teuren Messgeräte, die mittels Infrarot-Spektroskopie den Anteil polyfluorierter Chemikalien auf dem Skibelag messen. Erlaubt ist ein Wert zwischen 0 und 1, allerdings haben die Messgeräte eine Fehlertoleranz von 0,8. Sehr problematisch, wenn das Ganze über Sieg, Niederlage und jede Menge Preisgeld entscheidet. Laut Charly Waibel, Wissenschaftstrainer des Deutschen Skiverbandes (DSV), hätten bei Tests verschiedene Geräte beim gleichen Ski unterschiedliche Ergebnisse ausgespuckt.
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    Fluor-Doping durch Kontamination?

    Noch komplizierter wird das Ganze, weil theoretisch auch eine Kontamination durch Fluor-Verbindungen während des Wettkampfes denkbar ist. Seit den 80iger Jahren wurde Fluorwachs im Skisport und Biathlon als legales Material-Doping entdeckt. Das bedeutet, dass auf den Langlauf-Strecken, Alpin-Pisten oder den Schanzen dieser Welt jede Menge Fluor-Rückstände zu finden sein dürften.
    Der DSV hat deshalb vier je 30.000 Euro teure Fluor-Messgeräten angeschafft. "Die Techniker haben zudem das Innenleben des kompletten Wachstrucks in seine kleinsten Einzelteile zerlegt, gereinigt und wieder zusammengesetzt", berichtet Schlickenrieder.

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    FAQ
    Es dürfte aber auch Sportler und Nationen geben, die die Toleranz-Bereiche und Messverfahren in Sachen Material-Doping ausloten werden. Charly Waibel hat im "Merkur" erklärt, dass er "eine Betrugskultur wie im Radsport der 90iger Jahre" befürchtet. Es gibt zum Beispiel den Trick, fluorhaltige Verbindungen mit anderem Wachs auf dem Ski abzudecken. Nach einer gewissen Wettkampfstrecke samt Abrieb hätte man dann den Fluor-Vorteil.
    Bö spricht von "Penisverlängerung"
    Festzustehen scheint, dass das Fluorwachs-Verbot die Ski-Welt nicht gerechter machen wird. Bei den Biathlon-Vorbereitungsrennen waren die schon vorher starken Norweger so überlegen, dass es ihnen selbst fast peinlich war. Superstar Johannes Thingnes Bö sprach sogar provokativ von einer "Penisverlängerung".

    Infos zum Fluorwachs




    Haben die Norweger bereits die perfekte Wachsformel ohne Fluor oder nahe am Grenzwert gefunden? Fest steht, dass die im nordischen Skisport und Biathlon reichste Nation einen 700.000 Euro teuren Wachstruck angeschafft hat. Schlickenrieder: "Je mehr Geld ein Team hat, umso größer sind nach dieser Regeländerung die Chancen. Die Kleinen werden leiden."

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