Schutz und Aufklärung: Antisemitismus-Button in Vereinen

    Schutz und Aufklärung:Antisemitismus-Button in Vereinen

    von Ralf Lorenzen
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    Der Antisemitismus nimmt auch im Sport deutlich zu. Ab sofort können Verbände und Vereine einen Meldebutton für Vorfälle einrichten - um besser zu schützen und aufzuklären.

    Meldebutton gegen Antisemitismus
    In Dortmund ist ein Meldebutton für antisemitische Vorfälle vorgestellt worden. Neben der Sichtbarmachung geht es auch darum, Erkenntnisse für die Präventionsarbeit zu erhalten.31.10.2023 | 1:51 min
    "Für Juden und Jüdinnen auf der ganzen Welt gibt es ein Vor und ein Nach dem 7. Oktober 2023", sagte Benjamin Steinitz, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (Rias) am Montag im Dortmunder Fußballstadion.
    Dort stellte der Verband gemeinsam mit dem vom jüdischen Sportverband Makkabi initiierten Bildungs- und Präventionsprojekt "Zusammen 1" einen Meldebutton für antisemitische Vorfälle vor.

    Antisemitische Vorfälle um 240 Prozent gestiegen

    "Gleichzeitig nimmt der Antisemitismus in Deutschland als Reaktion auf die Massaker der Hamas spürbar zu", sagte Steinitz. Allein zwischen dem 7. und dem 15. Oktober seien dem Rias 202 antisemitische Vorfälle bekannt geworden. Das seien 240 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.
    Wie der Sport von diesen Vorfällen betroffen ist, schilderte Alon Meyer, Präsident von Makkabi Deutschland. Aufgrund der jetzigen Bedrohungslage kämen immer weniger Kinder zum Training. In einigen Städten Deutschlands würde der Trainings- und Spielbetrieb gänzlich oder vorübergehend eingestellt.

    Das ist eine Niederlage für unsere Gesellschaft.

    Alon Meyer

    Makkabi hat 80 Prozent nichtjüdische Mitglieder

    Davon seien längst nicht nur Juden betroffen, sondern alle Mitglieder der 40 Makkabi Ortsvereine. Makkabi Frankfurt habe beispielsweise 80 Prozent nicht-jüdische Mitglieder. "Und die haben mindestens genauso Angst, weil sie mit dem stilisierten Davidstern auf der Brust auflaufen", sagt Meyer.

    Vor Spiel Ajax gegen Alkmaar
    :Antisemitismus: 154 Fußballfans festgenommen

    Die Amsterdamer Polizei hat 154 Gästefans wegen des Vorwurfs des Antisemitismus festgenommen. Diese waren auf dem Weg zum Spiel von Ajax gegen AZ Alkmaar.
     Dusan Tadic (Ajax) und Sam Beukema (AZ Alkmaar) im Zweikampf.
    Bislang werden die antisemitischen Vorfälle im Sport nur unzureichend erfasst. Es wurde zwar bereits 2015 im Vorfeld der European Maccabi Games in Berlin eine Online-Meldemöglichkeit eingerichtet, die ist aber im Sportbereich nicht sehr bekannt. Mit der Entwicklung des neuen Meldebuttons wurde lange begonnen, bevor er jetzt traurige Aktualität und noch größere Relevanz erhalten hat.

    Meldungen können anonym abgegeben werden

    "Wir verstehen uns auch als eine Plattform, um Dinge sichtbar zu machen, die für Juden und Jüdinnen alltägliche Erfahrung sind", sagt Steinitz. "Das ist Ausgangspunkt für solidarisches Handeln. Alle Sportvereine und Verbände können mit der Einbindung des Meldebuttons auf Worten auch konkrete Taten folgen lassen."

    Wir wollen nicht über Personen Meldungen erhalten, sondern über den Antisemitismus.

    Benjamin Steinitz

    Die Einbindung des Buttons auf der jeweiligen Website erfolgt so, dass eine Meldung anonym abgegeben werden kann. Die Meldungen werden in sicherer Umgebung an die zuständigen Stellen in dem jeweiligen Bundesland weitergeleitet und dort von den geschulten Mitarbeiterinnen bearbeitet. Falls gewünscht, kann auch Unterstützungsbedarf vermittelt werden.

    Erkenntnisse sammeln um Präventionsarbeit zu gestalten

    Neben der Sichtbarmachung von Vorfällen geht es den Initiatoren vor allem darum, genauere Erkenntnisse für die Präventionsarbeit zu erhalten. Für Luis Engelhardt, Projektleiter von "Zusammen 1", bildet der Meldebutton die "Schnittstelle zwischen organisiertem Sport und der antisemitismuskritischer auch der rassismuskritischer Bildungsarbeit."
    Vielen Akteure im Sport fehle das notwendige Wissen darüber, dass Antisemitismus weit mehr beinhalte als Hakenkreuzschmierereien. "Es wird bagatellisiert und unter den Teppich gekehrt, weil gar nicht verstanden wird", sagt Engelhardt. "Um hier eine spürbare Verbesserung herbeizuführen, müssen wir dieses Wissen mit Substanz vermitteln".

    Meldebutton: Borussia Dortmund geht voran

    Die Initiatoren des Meldebuttons hoffen, dass ihn möglichste viele Verein und Verbände künftig nutzen, allen voran der DFB. "Ich persönlich habe immer die Hoffnung gehabt, dass bestimmte Dinge, die in der Gesellschaft stattfinden, im Sport ausgehebelt werden", sagt Borussia Dortmunds Geschäftsführer Carsten Cramer, dessen Klub als einer der ersten seien Unterstützung zugesagt hat.

    Aber dass selbst im Sport Antisemitismus stattfindet, das erschreckt mich.

    BVB-Geschäftsführer Carsten Cramer

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