Fünfte Etappe des Ocean Race:Rosalin Kuiper, furchtloser "Team-Joker"
von Tatjana Pokorny
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Sie traut sich Jobs zu, vor denen ihr Chef aus Angst kneift: Seglerin Rosalin Kuiper zählt bei ihrer Ocean-Race-Premiere in Boris Herrmanns Team Malizia zu den großen Entdeckungen.
Co-Skipperin Rosalin Kuiper mit Skipper Boris Herrmann
Quelle: Team Malizia/The Ocean Race
Rosalin Kuiper hat einen der härtesten Jobs auf dem Planeten: Sie ist Co-Skipperin von Boris Herrmann im Ocean Race. Die 27-jährige Niederländerin bildet mit Co-Skipper Will Harris und Navigator Nico Lunven das Kernquartett auf der "Malizia-Seaexplorer". Auch auf der fünften Etappe ist sie wieder Teil der Crew.
Kuiper der "mentale Joker" im Team Malizia
Entdeckt hat sie Will Harris im Ocean Race Europe 2021. Mit ihrer Bewerbung konnte sich Rosie Kuiper gegen weitere Kandidatinnen für Team Malizia durchsetzen. Teamgründer Boris Herrmann bereut seine Wahl nach vier Etappen nicht. Im Gegenteil: "Sie hat diese unglaubliche Attitüde und gibt immer alles."
Herrmann schätzt Kuiper als Mensch und als Sportlerin: "Sie ist eine tolle Kommunikatorin und eine tolle Seglerin. Sie hat einfach immer gute Laune, gute Energie, ist damit der mentale Team-Joker. Sie hat Psychologie studiert und Lust darüber nachzudenken, wie ein Team funktioniert und wie alles zusammenpasst."
Die Jüngste in der Ocean-Race-Flotte
Die Profiseglerin aus Zoetermeer bei Den Haag agiert bei ihrer Ocean-Race-Premiere mutig. Mit Segelbooten seit dem Einstieg in die Kinderjolle Optimist über zwei Jahrzehnte vertraut, gibt es nichts, das die Jüngste in der aktuellen Ocean-Race-Flotte nicht anpackt.
Ihre Teamkameraden bezeichnen Rosalin Kuiper als "Tough Cookie" - eine hartgesottene Mitstreiterin. Sie hatte keine Hemmungen, nach der Entdeckung eines Risses im Mast der Rennyacht im Southern Ocean stundenlang in schwindelerregender Höhe von 28 Metern Reparaturarbeiten auszuführen.
Boris Herrmann weiß: "Rosie ist als Seglerin furchtlos. Zum Beispiel viel furchtloser als ich." Herrmann hat nie einen Hehl aus seiner Höhenangst gemacht, geht nur in den Mast, wenn es unumgänglich ist. Andererseits dankt Kuiper ihrem Boss für dessen Führungsstil:
Verletzung bei Sturz aus der Koje
Keine Klage kam über Kuipers Lippen, als sie im Südpolarmeer im Schlaf aus der Koje geschleudert wurde. Dabei hatte sie sich eine stark blutende Platzwunde über der rechten Augenbraue und eine Gehirnerschütterung zugezogen. Ihre Reaktion: "Dann sehe ich jetzt wohl wie eine Piratin aus."
Die Niederländerin ist eine ehrgeizige Sportlerin, immer auf Top-Ergebnisse fokussiert. Nach Intensiv-Engagements in Leichtathletik und Hockey hatte sie sich als 18-Jährige final in den Segelsport verliebt.
Kuipers Karrieredurchbruch kam in Australien
Sie war alleine in Australien unterwegs und bemerkte, dass sie stundenlang Segelschiffe in Häfen anstarrte. Sie nahm einen Job als Deckshand auf einem Segelschiff in den Whitsundays Islands an und wusste fortan, dass sie ihre Berufung gefunden hatte.
Über eine Jugend-Segelakademie und harte Landjobs kletterte sie die Karriereleiter hoch, während ihr Traum von einer Ocean-Race-Teilnahme konkretere Formen annahm. Über einen entbehrungsreichen Aushilfsjob erkämpfte sie sich 2018 ihre Segelpremiere im legendären Langstreckenklassiker Sydney Hobart Race.
Die eigene Kampagne als Zukunftsziel
Nach gut der Hälfte des 14. Ocean Race hat sich Rosalin Kuiper nun selbst einen Namen gemacht. Auf die Frage, ob Hollands 49-jährige Segelikone Carolijn Brouwer, die 2018 mit dem Dongfeng Race Team als erste Frau das Ocean Race gewonnen hatte, ihr Jugendidol war, sagt Kuiper: "Ich respektiere sie sehr. Aber ich will es auf meine Weise machen - und vielleicht irgendwann eine eigene Kampagne aufsetzen."
Drei Skipper, drei Welten: Kevin Escoffier, Charlie Enright und Boris Herrmann sind grundverschieden. Alle drei wollen das 14. Ocean Race gewinnen. Heute startet die 5. Etappe.