The Ocean Race - 5. Etappe: Im Dreikampf über den Atlantik
Fünfte Etappe das Ocean Race:Im Dreikampf über den Atlantik
von Tatjana Pokorny
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Drei Skipper, drei Welten: Kevin Escoffier, Charlie Enright und Boris Herrmann sind grundverschieden. Alle drei wollen das 14. Ocean Race gewinnen. Heute startet die 5. Etappe.
Ein ehrgeiziger Franzose mit dramatischer Vergangenheit, ein Amerikaner mit langem Atem und ein Deutscher mit viel Angriffslust bei seiner Ocean-Race-Premiere: Kevin Escoffier, Charlie Enright und Boris Herrmann segeln mit ihren Teams um den Gesamtsieg.
Der Älteste im Rivalen-Trio führt das Klassement nach vier von sieben Etappen an: Kevin Escoffier, 43, und Team Holcim-PRB starten heute in Newport/USA mit 19 Punkten auf dem Konto als Spitzenreiter in die 5. Etappe.
Holcim-PRB: Comeback nach Mastbruch
Und dies nachdem auf Etappe vier der Mast ihrer Hightech-Yacht gebrochen war: Mit logistischer Meisterleistung ist es dem Skipper und seiner Crew gelungen, das Boot aus Rio de Janeiro und einen Ersatzmast aus der Bretagne pünktlich per Frachter nach Newport zu bringen.
Hinter Holcim-PRB lauern mit jeweils 18 Zählern die Teams 11th Hour Racing und Malizia. Etappe fünf führt die Flotte von Newport über 3500 Seemeilen ins dänische Aarhus. Der Transatlantik-Ritt mit Endspurt in Nordsee und Kattegat wird mit doppelter Punktzahl honoriert.
Escoffier mit Dream Team auf Kurs Europa
Für den Ritt nach Europa hat Kevin Escoffier ein Dream Team formiert: Titelverteidiger Charles Caudrelier kommt an Bord. Mit ihm hatte Escoffier das 13. Ocean Race gewonnen. Neben Sam Goodchild ist Abby Ehler bei ihrem vierten Ocean Race die Trumpf-Dame im Blatt von Escoffier.
Der Familienvater aus Saint-Malo ist auch in Deutschland kein Unbekannter. Escoffier hatte bei Boris Herrmanns Vendée-Globe-Premiere eine dramatische Suchaktion im Südpolarmeer ausgelöst, als sein Boot in der Nacht zum 1. Dezember 2021 durchgebrochen und gesunken war. Nach banger Nacht in der Rettungsinsel war er von Jean Le Cam gerettet worden. Beide ehrte später Frankreichs Präsident Emmanuel Macron.
Boris Herrmann war damals an der Rettungsmission beteiligt. Das prägende Ereignis und weitere Erkenntnisse führten dazu, dass er mit "Malizia-Seaexplorer" eine neue Yacht baute, die im Vergleich zu Escoffiers Holcim-PRB und zu Charlie Enrights "Mālama" wie ein SUV zur See wirkt. Herrmann setzt auf Sicherheit und Stärke, während die Konkurrenzboote zwar als "leichtfüßiger", dafür aber auch als anfälliger gelten.
Malizia-Seaexplorer ist bei Wind und Welle eine "Bank" – wie im Südmeer mit dem Sieg auf der Königsetappe triumphal unter Beweis gestellt. Inzwischen bekommt die Herrmann-Equipe – auf Etappe fünf mit dem Boss, Will Harris, Rosalin Kuiper und Yann Eliès im Einsatz – das erst zehn Monate alte Boot auch in leichteren Bedingungen immer besser in den Griff.
Kevin Escoffier gratuliert Boris Herrmann (r.) zum Sieg auf der Königsetappe
Quelle: Sailing Energy/The Ocean Race
Wichtiger Heimsieg für 11th Hour Racing
Das war auf Etappe vier zu beobachten: Im Dauer-Duell mit 11th Hour Racing hatten beide Teams bei 16 Führungswechseln im Schlussspurt ihre Momente. "Es war erschreckend, wie knapp es zuging", urteilte US-Anbord-Reporter Amory Ross.
Sein Skipper Charlie Enright, 38-jähriger Ocean-Race-Dauerläufer, will nach zwei fünften Plätzen im letzten Jahrzehnt endlich siegen. Die Amerikaner hatten die längste Vorbereitungszeit. Materialbruch aber hatte sie zunächst ausgebremst. Mit dem ersten Etappensieg haben sie sich im Heimathafen Newport im Kampf um die Ocean-Race-Krone zurückgemeldet.
Eine Comic-Figur und ein Kommunikator als Rivalen
Boris Herrmann beschreibt Charlie Enright als "Comic-Charakter wie aus einem Cartoon". Er sei bei Begegnungen "sehr lustig". Über Kevin Escoffier sagt Herrmann, er sei "ein großer Kommunikator" und "ein super Techniker, der sein Boot und Teile dafür selbst designt".
Die These des Analytikers Herrmann: "Beide gehen in unseren Augen ein bisschen zu hart zur Sache. Deshalb machen sie Sachen kaputt – und wir gewinnen am Ende."