Harte Kritik an Weltverband:Spielerinnen prangern Sexismus im Schach an
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Zahlreiche Schachspielerinnen und -trainerinnen prangern Sexismus und sexuelle Übergriffe in dem von Männern dominierten Sport an. Sie kritisieren den Weltverband hart.
Schachspielerin Iglesias: Weltverband ignoriert Sexismus gegen Frauen
Quelle: dpa
In einem Offenen Brief haben Schachspielerinnen und -trainerinnen sexistisches Verhalten und sexuelle Übergriffe von "Spielern, Trainern, Schiedsrichtern oder Managern" angeprangert.
"Wir sind überzeugt, dass diese Belästigungen und Übergriffe nach wie vor eine der Hauptgründe dafür sind, warum junge Spielerinnen, vor allem im Teenageralter, aufhören, Schach zu spielen", schreiben die 13 Initiatiorinnen des Offenen Briefs. Sie ergänzen: "Wir haben zu lange geschwiegen."
Über hundert Spielerinnen haben den in der vergangenen Woche veröffentlichten Brief mittlerweile unterschrieben, darunter die deutsche Nationalspielerin Annmarie Mütsch, die ungarisch-amerikanische Großmeisterin Susan Polgar und die ehemalige US-Meisterin Jennifer Shahade.
Spielerinnen: "Weltverband ist Thema völlig egal"
Eine der Initiatiorinnen des Briefs, die französische Spielerin und Trainerin Yosha Iglesias, kritisiert den Schach-Weltverband scharf. Dieser ignoriere weiter das Thema Sexismus und sexuelle Übergriffe gegen Frauen im Schachsport. Auf den Offenen Brief habe es bisher keine Reaktion gegeben, so Iglesias. Der "Süddeutschen Zeitung" sagte die 35-Jährige:
Für Teenager gebe es kaum ein sexistischeres Umfeld als Schach, so Iglesias. "Nicht weil männliche Schachspieler im Durchschnitt besonders schlechte Menschen sind, sondern weil sich ein Mädchen unter 100 Männern immer mindestens dumme Kommentare anhören muss und manchmal noch viel Schlimmeres erleidet", sagte sie.
Sexismus Grund für Rückzug von Schachspielerinnen
Im von Männern dominierten Schachsport gibt es zwar einige reine Frauen-Turniere, aber die meisten sind offen.
In ihrer Heimat gebe es einen großen Rückgang von Schachspielerinnen im Jugendalter, so Iglesias. Bis zwölf Jahre seien Mädchen zu etwa 35 Prozent vertreten, dann nehme die Zahl drastisch ab. "Einer der Hauptgründe, wenn nicht der Hauptgrund dafür, ist sexistische und sexuelle Gewalt, ja", erklärte Iglesias, die als Transfrau selbst Anfeindungen ausgesetzt war.
Es gibt kaum ein sexistischeres Umfeld"
Nur wenige Wochen nachdem Fälle sexueller Gewalt im US-Schach bekannt wurden, hielt die FIDE einen Workshop mit dem Titel "Schach ist ein Safespace für Frauen" ab. "Das war eine Beleidigung für so viele Frauen", so Iglesias.
Die ehemalige US-Meisterin Jennifer Shahade hatte Anfang des Jahres dem Großmeister Alejandro Ramírez aus Costa Rica "sexuelles Fehlverhalten" vorgeworfen. Der Schachverband der USA hat ihn mittlerweile ausgeschlossen.