Umstrittener Olympia-Bau:Bahn frei für den Eiskanal in Cortina?
von Felix Tusche
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Eine Woche haben Bob-, Skeleton- und Rennrodel-Athleten die neue Olympia-Bahn in Cortina d’Ampezzo getestet. Den olympischen Schlitten-Wettbewerben steht fast nichts mehr im Wege.
Es war ein historischer und emotionaler Moment: Der italienische Skeleton-Pilot Mattia Gaspari war der erste Mensch, der den neu errichteten Eiskanal in Cortina d’Ampezzo herunterfahren durfte. Die neue Olympia-Bahn ist 1.730 Meter lang, hat 16 Kurven und entspricht zum Teil dem Streckenverlauf der alten - in den 1920er Jahren - gebauten Bahn.
Testphase mit 60 Athleten aus zwölf Nationen
Bei der "Vor-Homologierung" wurde die neue Anlage sechs Tage lang von 60 Athleten aus zwölf Nationen sowie von Bahnexperten des Internationalen Bob- und Skeletonverbands (IBSF) und des Internationalen Rennrodelverbands (FIL) ausgiebig getestet. Im Fokus der Testfahrten stand dabei vor allem die Sicherheit. Athleten und Trainer sammelten aber auch wichtige Daten für die olympischen Wettbewerbe im Februar 2025.
Das Fazit der deutschen Testpiloten war nach der ersten Woche eindeutig. Für Rodel-Weltmeister Max Langenhan hat die Bahn in Cortina das Potential, "die schönste der Welt" zu werden. Bob-Pilotin Charlotte Candrix glaubt:
Die Bahn ist fertig. Die Bahn ist befahrbar. Die Bahn ist machbar. Den Olympischen Spielen steht eigentlich nichts im Weg.
Charlotte Candrix, Bob-Pilotin
70 Prozent der Arbeiten abgeschlossen
Und trotzdem hat das Bobbahn-Gelände in Cortina aktuell nur wenig mit einer olympischen Sportstätte für Wintersport zu tun. Der Eiskanal ist mit Holzlatten und Stofftüchern verkleidet, um die dünn aufgetragene Eisschicht vor Sonne und Wind zu schützen. Es gibt weder Wege noch Überdachungen und Tribünen. Laut dem zuständigen Regierungskommissar Fabio Saldini sind allerdings rund 70 Prozent der Arbeiten abgeschlossen.
In den nächsten Monaten wird der noch recht trist wirkende Eiskanal verkleidet. Die Fertigstellung der gesamten Anlage ist für den 5. November geplant. Nach der finalen Abnahme stehen dann ein Bob- und Skeleton-Weltcup sowie ein Test-Wettkampf im Rennrodeln an, bevor auf der Bahn in Cortina um Olympia-Gold gekämpft werden soll.
Umstrittener Neubau in Rekordzeit
Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hatte eigentlich favorisiert, die Bob- und Schlittenwettbewerbe aus Nachhaltigkeitsgründen auf einer bestehenden Bahn im Ausland durchzuführen. Doch die Italiener bestanden auf den Bau einer eigenen Anlage. Zunächst war geplant, die 1923 gebaute (und 2008 stillgelegte) Pista olimpica Eugenio Monti zu reaktivieren.
Nach langem hin und her entschieden sich die Verantwortlichen jedoch für den rund 120 Millionen Euro teuren und heiß diskutierten Neubau, der zum Teil dem alten Streckenverlauf folgt. Die Bauarbeiten begannen im Februar 2024. Seitdem waren 135 Arbeiter über 300 Tage lang im Einsatz, um die neue Bahn in Rekordzeit zu errichten.
Seit der Schließung der Olympia-Bahn in Cesana im Jahr 2011 gibt es in Italien keine Bob- und Rodelbahn mehr. Die neue Bahn in Cortina soll deshalb auch langfristig genutzt werden. Sie soll einen festen Platz im Weltcup-Kalender bekommen. Außerdem sind die italienischen Alpen Austragungsort der nächsten Olympischen Jugend-Winterspiele 2028.
Streckenlänge: 1730 Meter
Kurven: 16
Höchstgeschwindigkeit: 145 km/h
Kosten: Rund 120 Millionen Euro
Kurven: 16
Höchstgeschwindigkeit: 145 km/h
Kosten: Rund 120 Millionen Euro
Alternative Lake Placid extrem unwahrscheinlich
Sollte der neue Eiskanal entgegen allen Erwartungen doch nicht rechtzeitig final fertiggestellt werden, stünde nach wie vor das US-amerikanische Lake Placid als Ausweichort zur Verfügung. Auf der Olympia-Bahn von 1932 und 1980 haben zuletzt die Bob- und Skeleton-Weltmeisterschaften stattgefunden. Nach der erfolgreichen "Vor-Homologierung" ist dieses Szenario aber so gut wie ausgeschlossen:
Ich habe keine Fragezeichen mehr, dass wir hier bei Olympia fahren werden. [...] Es gab bislang keinen einzigen Sturz, obwohl es eine neue Bahn ist. Allein das spricht sehr für Cortina.
Max Langenhan, Rennrodel-Weltmeister
Quelle: Reuters
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