Moderner Fünfkampf: Deutsche Meisterschaften ohne Reiten

    Moderner Fünfkampf:Deutsche Meisterschaften ohne Reiten

    von Susanne Rohlfing
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    Seit Annika Schleu in Tokio mit einem überforderten Pferd für Aufsehen sorgte, hat sich der Moderne Fünfkampf gewandelt. Bei den deutschen Meisterschaften wird nicht mehr geritten.

    Das Pferd von Annika Schleu blockiert vor einem Sprung
    Annika Schleu in Tokio (Archivbild)
    Quelle: epa

    Die deutschen Meisterschaften der Modernen Fünfkämpfer sind auch in diesem Jahr ein Vierkampf: Fechten, Schwimmen, Laufen und Schießen (Laser-Run) - kein Reiten. Bei den Wettbewerben von Donnerstag bis Samstag in Bonn wird auf die Disziplin zu Pferd im Hindernisparcours verzichtet, so hielt man es bereits bei den Titelkämpfen im vergangenen Jahr.

    Abschied vom Reiten in Deutschland vollzogen

    Man wolle "keine negative Presse", erklärt Michael Dörr, der Präsident des nationalen Verbandes DVMF. Also hat man in Deutschland den Abschied vom umstrittenen Pferd bereits vollzogen, obwohl er international erst für die Zeit nach den Olympischen Spielen 2024 vorgesehen ist.
    Die Finals 2022:
    Das liegt auch daran, dass der Eklat, der diese vom neuzeitlichen Olympia-Vordenker Pierre de Coubertin ersonnene Sportart seit den Spielen 2021 in Tokio erschüttert, von einer deutschen Athletin ausgelöst worden war. Annika Schleu, nach der Heirat ihres Teamkollegen Christian Zillekens trägt sie inzwischen dessen Nachnamen, hatte in Japan nach dem Fechten und Schwimmen in Führung gelegen.

    Überforderte Reiter, überforderte Pferde

    Doch dann wurde ihr ein Pferd zugelost, mit dem sie überhaupt nicht klarkam. Es verweigerte mehrere Sprünge, Schleu war der Verzweiflung nah, schlug das Tier und wurde auch von der Bundestrainerin dazu aufgefordert. Sie solle "mal richtig draufhauen", sagte Kim Raisner.
    Die Bilder gingen um die Welt. Die Empörung war groß. Und die Diskussionen um diese schon vorher häufig kritisierte dritte Disziplin des Fünfkampfes verschärften sich. Die "unschönen Szenen" seien der Anlass gewesen, intensiver nach einer zeitgemäßen Disziplin zu suchen, sagt Dörr, selbst ehemaliger Spitzenathlet und von 1983 bis 1990 Bundestrainer.
    Annika Schleu
    Fechten ist nach wie vor Bestandteil: Annika Schleu in Tokio
    Quelle: dpa

    "Obstacle Race" ersetzt Reiten nach 2024

    Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts, als Pierre de Coubertin die Spiele wiederbelebte, habe das Pferd eine ganz andere Bedeutung im Leben der Menschen gehabt. Es sei wichtigstes Fortbewegungsmittel und ständiger Begleiter von Soldaten und Polizisten gewesen. "Heute sind Pferde ein Luxusgut", sagt Dörr. Eines, das verhindert, dass der Moderne Fünfkampf sich in allen Ländern der Welt etablieren konnte.
    Der Präsident des deutschen Verbandes ist daher sehr zufrieden mit der Entscheidung des Weltverbands, das Springreiten im Modernen Fünfkampf nach den Pariser Spielen - wenn der Sport denn weiterhin olympisch bleibt - durch das so genannte "Obstacle Race" zu ersetzen.

    Nachwuchs hat neue Disziplin schon im Programm

    Dabei handelt es sich um einen Hindernisparcours, den man sich bei der TV-Show "Ninja Warrior" abgeguckt hat. Manche Athleten, etwa der britische Olympiasieger Joseph Choong, wettern dagegen. Dörr hingegen ist überzeugt:

    Das Obstacle Race gibt dem Fünfkampf ein interessantes Gesicht.

    Michael Dörr, Präsident des nationalen Verbandes DVMF

    Die deutschen Nachwuchs-Meisterschaften wurden zuletzt bereits inklusive der neuen Hindernis-Disziplin ausgetragen. Die nächste Generation soll vorbereitet werden auf das, was da kommt. Und die jungen Athletinnen und Athleten hätten Spaß gehabt, sagt Dörr.

    Olympiastarter werden noch aufs Reiten vorbereitet

    Potenzielle Olympiastarter wie Annika Zillekens und ihr Mann, sowie Rebecca Langrehr, die Brüder Marvin und Patrick Dogue, Fabian Liebig oder Pele Uibel dürfen dagegen das Reiten noch nicht ganz aus den Augen verlieren. Bei den internationalen Wettbewerben, den Weltcups sowie EM und WM in diesem Jahr, steht es noch auf dem Programm und ist wichtig für die Qualifikation für Paris. "Wir bereiten unsere Sportlerinnen und Sportler in regelmäßigen Lehrgängen darauf vor", versichert Dörr.
    Gefeit vor einem schlechten Los ist dadurch aber niemand. Er selbst habe immer als guter Reiter gegolten, sagt Dörr: "Aber auch ich hatte schon Pferde, mit denen es gar nicht harmonierte." Annika Zillekens hat der Eklat in Tokio nicht von ihrer Sportart abgebracht. Sie wolle 2024, beim letzten Modernen Fünfkampf mit dem Springreiten als dritte Disziplin, nochmal angreifen. Dörr sagt:

    Natürlich werden sich in Paris alle Augen auf sie richten. Aber sie ist eine gute Reiterin, sie reitet seit Kindertagen, sie will einen schönen Abschluss finden.

    Michael Dörr, Präsident des nationalen Verbandes DVMF