Mit 286 Läufern fing es an:Berlin-Marathon wird 50 Jahre alt
von Florian Vonholdt
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Als Volkslauf gestartet, zählt der Berlin-Marathon heute zu den renommiertesten und schnellsten der Welt. Am Sonntag wird er 50 - und hat eine buchstäblich bewegende Historie.
Ein Teil des Starterfelds beim Berlin-Marathon 2023.
Quelle: dpa
Begonnen hat alles vor einem halben Jahrhundert. Am 13. Oktober 1974 gingen morgens um 9 Uhr 286 Läufern aus vier Nationen an den Start des Berlin-Marathons, der damals noch Volksmarathon hieß. Sie ahnten nicht, dass sie Geschichte schreiben würden.
Einsamer Lauf in den Anfangsjahren
"Es war eine andere Welt, alles war anders. Wir sind einsam gelaufen, es war kaum jemand vor Ort", berichtete die erste Siegerin Jutta von Haase dieser Tage beim Blick auf den Lauf, der inzwischen Weltruf genießt.
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Volksmarathon bedeutete damals, dass auch vereinslose Läufer, sofern sie ein aktuelles ärztliches Gesundheitszeugnis vorweisen konnten, teilnehmen durften. Eine Idee von Gründer und Renndirektor Horst Milde. Wenn auch längst nicht mehr in offizieller Funktion, wird der heute 85-jährige und noch immer aktive Berliner auch am Sonntag vor Ort sein.
1981: Umzug an den Reichstag
Milde erinnert sich im Gespräch mit ZDF heute an die Anfänge: "Erst waren wir für acht Jahre im Grunewald. 1981 sind wir in die Stadt gezogen und starteten am Reichstag. Dadurch ist dieser Marathon erst ins Rollen gekommen." Die Zahl der Teilnehmer, die aus 30 Nationen kamen, wuchs auf rund 3.500.
Durch die Mauer sah sich Milde Herausforderungen ausgesetzt, wie weltweit kein anderer Renndirektor. Er musste kreativ sein. So wollte die Berliner Polizei in jenem Jahr 1981 verhindern, dass die Strecke am berühmten Grenzübergang Checkpoint Charlie vorbeiführt. Sie sah den ungehinderten Zugang zum Ostsektor für Diplomaten nicht gewährleistet.
Emotionaler Wiedervereinigungslauf
Doch der gelernte Konditormeister fand einen Weg: Bei einem von einem Journalisten arrangierten Abendessen mit John Kornblum, damals in der US-Vertretung in West-Berlin tätig und später US-Botschafter, gelang der Durchbruch. Kornblum persönlich machte buchstäblich den Weg frei. Milde schmunzelt:
Den denkwürdigsten Lauf in seinen 30 Jahren als Renndirektor erlebte Milde am 30. September 1990. Drei Tage vor der Wiedervereinigung verlief die Strecke erstmals durch das Brandenburger Tor. Am Start erklang die "Ode an die Freude". "Der Wiedervereinigungslauf hat Weltgeschichte geschrieben - sportlich als auch sportpolitisch", sagt Milde nicht ohne Stolz und Dankbarkeit. Mit Uta Pippig gewann passenderweise eine Starterin aus Ostdeutschland.
Gründer Milde warnt vor dem "Überschnappen"
"Wir waren voller Emotionen, dass wir durchs Brandenburger Tor rennen durften", sagt sie 34 Jahre später, noch immer berührt. "Wir hatten dieses unglaubliche Wir-Gefühl. Wir konnten durch beide Teile der Stadt rennen, das war eine wahnsinnige Feier." Mit 25.000 Teilnehmern.
Die Zahl der Anmeldungen hat sich inzwischen mehr als verdoppelt. "Man muss aufpassen, dass die Leute nicht überschnappen, sonst ist das gar nicht mehr überschaubar", warnt Milde.
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Vier Läufer von 1974 gehen an den Start
Am Sonntag wartet aber zunächst einmal ein besonderer Moment. Vier Finisher der ersten Veranstaltung wollen 50 Jahre später wieder mitlaufen. Darunter der erste Sieger Günter Hallas, der mit 82 Jahren und einem künstlichen Knie- und Hüftgelenk walkend ins Ziel kommen möchte.
Auch der Amerikaner Martin W. Teague (73), der 1974 als US-Soldat in Berlin stationiert war, ist dabei und erhält wie vor 50 Jahren die Startnummer 6. Die ist heutzutage eigentlich den Spitzenläufern vorbehalten. Und auch Gründer Horst Milde wird nicht fehlen - natürlich nicht. "Ich bin immer am Start und bin auch immer im Ziel - seit 50 Jahren."