Wenige Zuschauer: Sportart Handball "auf absteigendem Ast"
Wenige Zuschauer bei der WM:Sportart Handball "auf absteigendem Ast"
von Erik Eggers
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Handball-Weltmeisterschaft - klingt nach Spektakel. Aber beim Viertelfinale in Oslo dürften viele Sitzplätze leer bleiben. Das bedroht die Existenz der Sportart.
Leere Ränge sind bei der Handball-WM 2025 kein seltenes Bild. Hier die Partie Tunesien gegen Tschechien.
Quelle: imago
Der Plan erschien smart. Er sah vor, dass die Viertelfinals der 29. Weltmeisterschaften in Oslo und Zagreb mindestens zwei große Kulissen sehen würden, weil die Co-Gastgeber aus Norwegen und Kroatien auf die K.o.-Runde programmiert waren. Aber schon die herbe Niederlage der Kroaten gegen Ägypten ließ die dortigen Organisatoren zittern.
Die Experten sind sich noch uneins, ob das DHB-Team mit 5 Siegen aus 6 Spielen bei dieser Handball-WM zufrieden sein kann. Klar ist: Der "Kopf" dieses Teams will ins Halbfinale.29.01.2025 | 1:21 min
Das Team um Superstar Domagoj Duvnjak schaffte mit einem Kraftakt doch noch den Einzug in die Runde der letzten Acht, weshalb sich die Arena Zagreb mit 15.200 Fans am Mittwochabend gegen Ungarn (31:30) zu einem Hexenkessel entwickelt hat. Oslo aber geriet schon in der Hauptrunde zu einem finanziellen Desaster, als Norwegen früh aus dem Turnier ausschied.
DHB-Team drohen leere Ränge
Nun droht den deutschen Handballprofis in ihrem Viertelfinale gegen Portugal (Mittwoch, 20:30 Uhr, ARD) keine Geisterkulisse. Da aber laut DHB-Sportvorstand Ingo Meckes im Vorverkauf nur 4000 bis 5000 Tickets abgesetzt worden waren, dürften viele Plätze in der futuristischen Unity Arena (Fassungsvermögen: 13.950) leer bleiben.
Bis kurz vor Schluss lag Kroatien mit vier Treffern zurück. Doch dank eines späten Comebacks gegen Ungarn sicherte sich der Co-Gastgeber einen Platz im Halbfinale.28.01.2025 | 4:55 min
Emotional sei es leichter, vor voller Halle zu spielen, bekannte Rechtsaußen Timo Kastening: "Aber ich sage auch: Es ist ein Viertelfinale bei einer WM. Wenn du da nicht von Minute eins fokussiert bist, hast du irgendwas falsch gewählt." Auch Bundestrainer Alfred Gislason bedauert die Lage:
Handball verliert bei Olympia
Für den Isländer, der seit 45 Jahren im Geschäft ist, ist das trostlose Ambiente aber eigentlich keine Nachricht Wert. Das sei quasi überall so "abgesehen von Deutschland. Das ist die Realität, wenn die Heimmannschaft nicht vor Ort ist."
Zum Abschluss der Hauptrunde der Handball-WM hat das starke portugiesische Team Chile mit 46:28 geschlagen. Im Viertelfinale ist nun die deutsche Mannschaft der Gegner.26.01.2025 | 3:57 min
Die vollen Ränge in der Hauptrunde im dänischen Herning seien nur zustande gekommen, weil die Dänen vor oder nach seinem Team eingelaufen seien. "Im Rest der Welt ist das leider normal, aber wir hoffen noch, dass es noch halbwegs gefüllt wird morgen."
Jedenfalls sind die leeren Ränge von Oslo nur ein Symptom einer deutsch-dänischen Monokultur, die den olympischen Status der Sportart mittelfristig bedrohen wird. Im Vergleich zu anderen olympischen Sportarten verlor der Handball zuletzt. Lag er nach den Olympischen Spielen 2012 noch vor 15 konkurrierenden Verbänden, rangierte er nach Tokyo 2021 nur noch vor acht.
ZDF-Experte Sören Christophersen erwartet in den Viertelfinalen am Mittwoch Spannung pur. Die Portugiesen wären kein Gegner, den man mal eben so schlägt, sagt er im ZDF-Interview.29.01.2025 | 2:44 min
Frank Bohmann, der Geschäftsführer der Handball-Bundesliga (HBL) warnt:
TV-Quote: Handball in China praktisch unbekannt
Die Liga habe, berichtet er, auf ihrer letzten Tagung Mitte Januar debattiert und beschlossen, mit Bewegtbildern aus der besten Liga der Welt die Präsenz in Märkten wie Indien, China, Australien oder den USA zu erhöhen.
Dort existiert der Handball im öffentlichen Raum nicht. Die TV-Quoten, die zu 40 Prozent in das IOC-Ranking einfließen, seien in diesen Kernmärkten dramatisch, mahnt auch Gerd Butzeck, der Geschäftsführer des Forum Club Handballs, die Vereinigung der europäischen Spitzenclubs.
DHB-Sportvorstand Meckes indes hoffte, dass deutsche Fans noch kurzfristig den Weg nach Oslo finden. Aber die Hoffnung dürfte nicht groß sein. Norwegen ist teuer, insbesondere die Übernachtungen sind nicht für alle Fans erschwinglich. Selbst die Aussicht auf die erste WM-Medaille eines deutschen Teams seit 2007 vernebelt nicht den Blick ins eigene Portemonnaie.