Handball-Champions-League:Wie der neue Markt den Wettbewerb verändert
von Erik Eggers
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Finanzkrisen und neue Investoren rütteln im Klubhandball an gewohnten Strukturen. Dennoch geht Titelverteidiger SC Magdeburg mit guten Chancen in die Champions League-Saison.
Magdeburgs Trainer Bennet Wiegert im Kreise seiner Mannschaft.
Quelle: Imago
Die erste Etappe auf dem Weg zur Titelverteidigung verlief ernüchternd. Und doch irritierte die 28:33-Heimniederlage zum Auftakt der Champions League gegen den ungarischen Champion Veszprém den Trainer des SC Magdeburg wenig. "Bleiben wir mal ruhig", sagte Bennet Wiegert.
SC Magdeburg ist Barcas Angstgegner
Was umso mehr gilt, da die Magdeburger Handballer die denkbar schwerste Aufgabe erwartet: Im Palau Grana trifft der SCM heute Abend auf den Rekordsieger FC Barcelona, der seine erste Partie in Montpellier (30:25) klar gewann.
In der vergangenen Serie verlor Barca überhaupt nur zwei Spiele - jeweils gegen Magdeburg, und zwar im Finale der Klub-WM und im famosen Champions League-Halbfinale, als erst das Siebenmeterwerfen entschied.
FC Barcelona in finanzieller Schieflage
Auch in der neuen Saison führt kein Weg an Barcelona vorbei. Doch die Handballabteilung der Katalanen leidet unter der dramatischen Finanzlage des Klubs. Barca plagen Schulden in Milliardenhöhe. Einer der Stars der Szene, der französische Kreisläufer Ludovic Fabregas, wechselte daher nach Veszprém; die große Lücke, die der Olympiasieger hinterlässt, sollen zwei spanische Talente füllen.
Dika Mem: Der Linkshänder ist einer der Leistungsträger beim FC Barcelona.
Quelle: Imago
Der Abgang des Supertorhüters Gonzalo Pérez de Vargas ist letztlich ebenfalls der Finanzkrise geschuldet. Der Keeper wird spätestens 2025 zum THW Kiel wechseln. Trotz aller Turbulenzen aber verfügt Barca immer noch über ein starkes Team, das vom sensationellen Linkshänder Dika Mem angeführt wird.
Skandinavische Klubs locken Stars aus der Bundesliga
Die Tektonik des europäischen Handballs hat sich ohnehin verschoben. Selbst der deutsche Rekordmeister THW Kiel unterliegt manchmal im Wettbieten um jene Profis, die in kritischen Situationen den Unterschied ausmachen. Inzwischen locken nämlich auch skandinavische Klubs wie Aalborg und Kolstad mit lukrativen Gehältern.
Welttorhüter Niklas Landin verließ daher die "Zebras" im Sommer Richtung Aalborg. Und der norwegische Superstar Sander Sagosen, der aus Trondheim stammt, wechselte in diesem Sommer aus Kiel in seine Heimat zurück. Zudem warb Kolstad die beiden Rückraumstars Göran Sögard und Magnus Röd aus Flensburg ab.
Kolstads Transfergebaren verärgert Klubs
Zugleich verärgerte Kolstad, das per Wildcard an der Champions League teilnimmt, die Szene im Juli mit der Nachricht, Gehaltskürzungen vornehmen zu müssen. Der Geschäftsführer der Handball-Bundesliga, Frank Bohmann, forderte daraufhin gar den Ausschluss der Norweger aus der Königsklasse. Die Transferpolitik der Norweger sei eine Wettbewerbsverzerrung und schade den Klubs, die seriös wirtschaften.
Auch Magdeburgs Geschäftsführer Marc-Henrik Schmedt kritisierte die neue Konkurrenz aus dem Norden öffentlich:
Auf der anderen Seite profitierte der Titelverteidiger von der Krise am Polarkreis, indem sie den Isländer Janus Smarason aus Kolstad verpflichteten.
Der Spielmacher vertritt seinen Landsmann Gisli Kristjansson, die überragende Magdeburger Figur der vergangenen zwei Spielzeiten. Der Sohn von Kristján Arason, der 1988 mit Gummersbach Meister war, hatte sich beim Champions League-FINAL4 schwer an der Schulter verletzt und fällt nun mindestens bis Weihnachten aus.
Wiegert trotz Kristjanssons Ausfall optimistisch
An die Fähigkeiten Kristjanssons, der mit seinem fantastischen Antritt Überzahl oder Durchbrüche schafft, reicht Smarasson bisher nicht heran. Allerdings fehlt dem SCM nach dem Abgang von Kay Smits auch auf Halbrechts Torgefahr. Man müsse weiter am "Timing" arbeiten, so formuliert es Erfolgstrainer Wiegert.
Nervös wird er deshalb nicht. Auch in der vergangenen Serie hatte der SCM schließlich das Auftaktspiel verloren. Und im Frühjahr, wenn es um alles geht, wird Superstar Kristjansson wieder an Bord sein.