Volksrepublik im Wandel: Chinas mutige Frauen

    Fußball in der Volksrepublik:Gesellschaft im Wandel: Chinas mutige Frauen

    Elisabeth Schmidt
    von Elisabeth Schmidt, Peking
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    Sie spielen gerne Fußball, sollten eigentlich die gleichen Bildungschancen haben wie Männer. Und doch ist es für Frauen in China nicht leicht, ein selbstbestimmtes Leben zu führen.

    Chinas mutige Kämpferinnen
    In China ist Frauenfußball beliebter denn je.11.07.2023 | 18:49 min
    Dong Qianru tut etwas Ungewöhnliches für eine Frau in China: Nicht, weil sie Fußball spielt (beliebter denn je in der Volksrepublik). Nicht, dass sie das bei 39 Grad tut (typischer Pekinger Sommer). Sie trägt Shorts und T-Shirt und bekommt Sommerbräune.
    Wer in diesen Tagen durch Chinas Hauptstadt läuft, wird bemerken, dass viele Frauen "Facekinis" tragen - spezielle Stoffmasken, die das Gesicht vor der Sonne schützen sollen. Dazu lange Ärmel und Hosenbeine. Bloß nicht bräunen, das Schönheitsideal lautet: weiße, makellose Haut. Dong Qianru und ihre Mitspielerinnen haben damit gebrochen.

    In der Volksrepublik spielen die Fußball-Frauen zurzeit viel erfolgreicher als die Männer. Sie konnten bereits einige Titel verbuchen: Neunmal Asien-Meisterinnen, einmal Vize-Weltmeisterinnen, Silber bei Olympia. Dass sie sich für die WM in Australien und Neuseeland qualifiziert haben – ein großer Erfolg. Das Männer-Team hat die Staatsführung enttäuscht, mit schlechten Leistungen. Für die WM in Katar im letzten Jahr war das Team etwa an der Qualifikation gescheitert. Dazu kommen etliche Korruptionsskandale.

    Das Frauenteam könnte der Silberstreifen sein am Horizont, wollte doch Staatschef Xi China zur Fußball-Weltmacht machen. Im Herbst erst veröffentlichte die Kommunistische Partei einen Förderplan für die Frauen: Finanzielle Mittel, um die Begeisterung im Land zu steigern und um das Nationalteam zu stärken. 2031 ist laut Plan die WM im eigenen Land vorgesehen, spätestens vier Jahre darauf der Titel-Gewinn.

    Frauen sollen in China gleiche Chancen wie Männer haben

    Chinas Gesellschaft verändert sich rasant schnell. Vor allem junge Frauen stellen traditionelle Rollenbilder in Frage. Dong Qianru ist 23 Jahre alt und studiert etwas, das vor nicht allzu vielen Jahren eher als "Männerberuf" angesehen wurde: Transportwesen mit Schwerpunkt "autonomes Fahren".
    In ihrer Freizeit spielt sie Fußball. Ihre Mitspielerin Jiyang kommt aus der Provinz Sichuan, aus einer ländlichen Gegend, sie erzählt:

    In meiner Heimat sind sie der Meinung, dass ich längst verheiratet sein und Kinder haben sollte. Aber ich will weiter studieren.

    Jiyang

    Dass Frauen in China heute die gleichen Bildungschancen haben wie Männer und auch genauso zur Arbeit gehen, war und ist im Kommunismus gewollt und wird gefördert. Doch in dem Staat, der alles kontrollieren will, läuft längst nicht alles wie erhofft.
    Bild einer Überwachungskamera: Daten von Verkehrsteilnehmern auf einer Straßenkreuzung in China
    Wie Chinas Hightech-Überwachung funktioniert13.04.2023 | 13:31 min

    Gesetze sollen Frauen vor Gewalt schützen

    Auch in China gehen Frauen durch die Hölle - trotz Überwachungskameras. In den sozialen Medien werden Videos von brutalsten Schlägen und Tritten gegen Frauen auf offener Straße gepostet. Diese Videos werden fast immer sofort zensiert.
    Das Volk soll sie nicht zu Gesicht bekommen. In China gibt es zwar Gesetze, die Frauen vor Gewalt schützen und die Täter bestrafen sollen. Doch sie bleiben oft zahnlose Tiger, sagt Feng Yuan.

    auslandsjournal: Frauen, Fußball, Freiheit
    Quelle: ZDF

    Fußball kann Hoffnungen wecken auf ein besseres Leben und eine politische Rolle spielen für das Ringen um Gleichberechtigung: "Frauen, Fußball, Freiheit" ist eine Dokumentations-Reihe der ZDF-Auslandskorrespondent*innen, die zeigt, wie der Fußball den Weg junger Frauen beeinflusst.

    Sie kämpft seit vielen Jahrzehnten für Frauenrechte in China und leitet eine Hilfe-Hotline für Frauen, die Opfer von Gewalt wurden - die einzige, die hier rund um die Uhr erreichbar ist. Feng Yuan erzählt uns, dass ihre Arbeit immer gefährlicher wird:

    Wir werden am Telefon beschimpft. Sie fragen, ob wir überhaupt registriert sind, und sagen, sie werden uns bei der Polizei anzeigen.

    Feng Yuan

    Das Thema Gewalt gegen Frauen sei immer noch unangenehm und peinlich für die Gesellschaft und fürs Regime. Jede Diskussion darüber werde im Keim erstickt.

    Ablehnung gegen die zunehmende Zensur

    Und doch schließen sich auch in China Frauen zusammen und finden Wege, die staatliche Zensur zu umgehen. Als Beispiel nennt Feng Yuan die "White-Paper-Proteste".
    Im November 2022 hielten Hunderte Demonstrierende leere, weiße Blätter Papier in die Höhe. Sie protestierten gegen Chinas strenge Null-Covid-Politik und drückten gleichzeitig ihre Ablehnung gegen die zunehmende Zensur aus. Es waren die größten Proteste gegen das Regime seit 1989.

    Viele, die damals auf die Straße gingen, waren Frauen. Auch später unter den Festgenommenen waren die meisten Frauen.

    Feng Yuan

    Warum so viele Frauen protestierten? Viele stemmten sich dagegen, dass sie sowohl im Homeoffice arbeiten als auch die Kinderbetreuung übernehmen sollten - dazu hatten sie die Behörden angehalten.
    Liebesjäger in China
    In China gibt es 200 Millionen Singles. Viele Heiratswillige finden keinen Partner. Ein Grund dafür: es gibt circa 30 Millionen mehr junge Männer als Frauen.06.01.2017 | 43:36 min

    Wer das Regime in Frage stellt, lebt gefährlich

    Mit dem wachsenden Wohlstand wachsen in China auch die Träume vieler Frauen nach einer besseren Zukunft für ihre Töchter, besonders auf dem Land.
    In Anxi, in der Provinz Fujian, die für Oolong-Tee berühmt ist, erzählt uns Zhang Xiaohan, dass sie sich für ihre Tochter zwar wünscht, dass sie die traditionellen, körperlich anstrengenden Methoden der Teeherstellung beherrscht. "Aber ich hoffe, dass sie Karriere machen kann und einmal einen besseren Job findet."
    Der Kampf für Frauenrechte kann in China nicht auf öffentlicher Bühne ausgetragen werden. Die staatliche Zensur verbietet es. Doch mutige Frauen stellen sich - im Kleinen wie im Großen - gegen patriarchalische Rollenmuster und staatliche Vorgaben. Sie verdienen unsere ganze Bewunderung. Alle, die in China das Regime in Frage stellen, leben gefährlich.
    Elisabeth Schmidt ist ZDF-Ostasien-Korrespondentin und arbeitet im Studio Peking.

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