Premier League an Heiligabend: Fans über Tabubruch empört
Premier League an Heiligabend:Englische Fans über Tabubruch empört
von Ralf Lorenzen
|
Fußball gehört in England zu Weihnachten wie "Jingle Bells" - allerdings erst am 26. Dezember. Nun ist das erste Mal seit 28 Jahren auch an Heiligabend gespielt worden.
Fußball an Weihnachten sind die Fans in der Premier League gewohnt - allerdings nicht an Heiligabend (Archivbild von 2018, Wolverhampton - Liverpool).
Quelle: Imago
In der englischen Presse tauchte in den vergangenen Tage der Name eines Ex-Fußballers verstärkt auf, an den auch viele Fans in Frankfurt und Hamburg gute Erinnerungen haben. Anthony Yeboah, der zwischen seiner Zeit bei Eintracht Frankfurt und dem HSV für Leeds United spielte, gehört zu den nur vier Spielern in der Geschichte der Premier League, die jemals an Heiligabend ein Tor erzielt haben.
Vor 28 Jahren an Heiligabend: Yeboah vs. Beckham
Am 24. Dezember 1995 besiegte Leeds das Starensemble von Manchester United um David Beckham mit 3:1.
Zwar ist es in England Tradition, dass zwischen dem 2. Weihnachtstag, dem Boxing Day, und Neujahr zahlreiche Spiele ausgetragen werden. Aber an Heiligabend gab es seit Einführung der Premier League bislang nur dieses eine Spiel.
Ursprünglich sollte es dabei bleiben, die Premier League hatte das Spiel Wolverhampton Wanderers gegen FC Chelsea für den Spieltag am 23. Dezember angesetzt. Um aber die Live-Übertragung auf "Sky" zu ermöglichen, wurde die Partie um einen Tag nach hinten verschoben.
Englische Fans sehen Mangel an Respekt
Die Fans beider Klubs hatten schon kurz nach der Bekanntgabe des neuen Termins entrüstet reagiert und forderten eine Rückverlegung. "In einer Zeit, in der wir den Fans helfen sollten, zu Auswärtsspielen zu reisen, ist es unerhört, dass ihnen eine weitere Hürde in den Weg gelegt wird. Das macht die Dinge nur noch schwieriger", äußerte sich der Vorsitzende des Chelsea Supporters' Trust, Mark Meehan.
In der Premier League hat mittlerweile jeder Fußball-Klub einen Investor. Manu Thiele hat mit Journalist Raphael Honigstein über die 50+1-Regel und die Bundesliga gesprochen.
03.05.2022 | 9:52 min
Auch die organisierten Heim-Fans verurteilten den Plan scharf. "Diese mögliche Terminplanung zeigt einmal mehr einen völligen Mangel an Rücksichtnahme und Respekt gegenüber den Fans, insbesondere den Wolves-Fans, die von weiter her anreisen, und natürlich den Chelsea-Fans, die zu Besuch sind", hieß in einer Erklärung der des Wolves 1877 Supporters Trust.
Chelsea-Trainer feiert Hochzeitstag allein
Der prominenteste Kritiker der Ansetzung war Chelseas argentinischer Trainer Mauricio Pochettino:
"Außerdem ist der 24. Dezember für das argentinische Volk ein wirklich wichtiger Abend und ich hoffe, dass ich rechtzeitig zum Feiern ankomme", sagte der Argentinier laut "The Guardian".
Inzwischen hat sich Pochettino an den Gedanken gewöhnt, seinen Hochzeitstag in Wolverhampton zu verbringen. "Wir müssen akzeptieren, dass wir in England sind und es anders ist als im Rest der Welt", sagte er:
Fußball-Tickets in England unterm Weihnachtsbaum
"The Guardian" zufolge lag die Wahrscheinlichkeit, dass das Spiel verschoben wird, "von Anfang an bei Null". Die Fans blieben mit ihrem Protest weitgehend allein.
Weder von Gewerkschaften noch der Kirche, von denen hierzulande bei so einer Spielansetzung ein Aufschrei zu erwarten wäre, gab es einen deutlich wahrnehmbaren Protest.
Bescherung in England am 25.
In England wird am 24. Dezember kein großes Fest gefeiert, die Bescherung findet am Morgen des 25. Dezember statt.
Außerdem sind die Fußball-Anhänger auf der Insel seit Jahrzehnten an Fußball an den Weihnachtstagen gewöhnt. Seit 1966 wird der 2. Weihnachtstag am 26. Dezember als "Boxing Day" mit einem vollgepackten Programm besonders zelebriert.
Die Tickets sind beliebte Weihnachtsgeschenke, die TV-Übertragungen in den vollen Pubs oder zu Hause verzeichnen hohe Einschaltquoten.
Kostenlose Fahrtickets für Chelsea-Fans
Auch Fußball an Heiligabend ist nicht wirklich etwas Neues in England. Vor Einführung der Premier League spielten allein die Wolves 13 Mal an diesem Tag - das erste Mal 1892.
Die Chelsea-Anhänger wurden für die Neuauflage in diesem Jahr inzwischen etwas besänftigt: Ihr Klub hat ihnen für die Reise ins gut 200 Kilometer entfernte Wolverhampton kostenlose Fahrtickets zur Verfügung gestellt. Gelohnt hat sich's (aus sportlicher Sicht) nicht: Wolverhampton gewann 2:1.
Englands Spitzenklubs dürfen sich auf einen wahren Geldregen freuen. Der neue TV-Vertrag spült den Vereinen ab 2025 umgerechnet knapp zwei Milliarden Euro pro Saison in die Kassen.