Miserable DFB-Saisonbilanz:Bundestrainer Hansi Flick im Irrgarten
von Frank Hellmann
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Nach dem Stimmungstief gegen Kolumbien schreit es bei der deutschen Nationalmannschaft nach Veränderungen. Sportdirektor Rudi Völler lenkt vom eigentlichen Problem ab.
Die vielzierte Aufbruchsstimmung rund um die deutsche Nationalmannschaft hat sich endgültig in eine Endzeitstimmung verwandelt. Wer nach dem wirren Jubiläumsspiel gegen die Ukraine (3:3) und dem unglücklichen Auftritt in Polen (0:1) gedacht hätte, es geht nicht schlimmer, ist gegen Kolumbien (0:2) eines Besseren belehrt worden.
Bundestrainer Hansi Flick kam gar nicht mehr umhin, das Gesamtversagen dieser drei Länderspiele in einer Saison mit gerade drei Siegen (gegen Oman, Costa-Rica und Peru) einzuräumen:
Das Publikum hatte seinen Unmut über die teils leidenschaftslose, durchgängig zusammenhanglose Vorstellung mit wüsten Pfiffen entladen und dann fluchtartig den Schauplatz des Grauens in Gelsenkirchen verlassen. Erste Plakate mit der Aufschrift "Flick raus" wurden auf Schalke gesichtet.
Sportdirektor Rudi Völler vermisst die Qualität
Bemerkenswert, was Rudi Völler schlussfolgerte: Im Gesamtpaket sei das natürlich "zu wenig", so der nach der vermasselten WM in Katar geholte Sportdirektor. "Man muss sagen, dass wir es ein bisschen unterschätzt haben, dass die Qualität nicht die ist wie vor einigen Jahren", erklärte der 63-Jährige.
Man habe gesehen, dass "der eine oder andere an die Grenze" gelangt sei und im September nicht wiederkomme werde. Da können sich Nico Schlotterbeck und David Raum, vielleicht auch Matthias Ginter oder Thilo Kehrer angesprochen fühlen. Das klang aber beinahe so, als halte Flick noch ein halbes Dutzend Leistungsträger in der Hinterhand.
Die DFB-Elf eilt von Enttäuschung zu Enttäuschung. Beim 0:2 gegen Kolumbien stimmte wie schon gegen Polen so gut wie nichts.21.06.2023 | 2:50 min
Fragwürdiger Umgang mit Ilkay Gündogan
Als Völler vortrug, Hansi Flick sei "die ärmste Sau", klang das wie ein dreistes Ablenkungsmanöver. Das trotzige Beharren des Bundestrainers ("werde unbeirrt meinen Weg gehen") mit unverständlichen personellen und taktischen Rochaden hat zur Folge, dass das Gift der Verunsicherung diese Mannschaft in die Sommerpause begleitet. Konsequenzen hat der 58-Jährige für sich ausgeschlossen.
Hansi Flicks Bilanz als Bundestrainer ist ernüchternd.
Quelle: ZDF
Doch Flick hat mit seinen Experimenten in Endlosschleife herausragende Individualisten in einen Irrgarten geführt. Keiner weiß mehr, wo er steht. Ilkay Gündogan musste sich fast veräppelt vorkommen, wieder keine zentrale Rolle zu bekleiden und dann ausgewechselt zu werden.
Der Kapitän vom Champions-League-Sieger Manchester City empfahl, das erneute Versagen "gnadenlos anzusprechen" und auch "die Qualitätsfrage zu stellen". Nur drei Siege in dieser Länderspielsaison nähren den Verdacht, dass die Weltspitze in jüngerer Vergangenheit nie weiter weg war.
Die Spieler der Topklubs sind urlaubsreif
Flicks Führungsspieler funktionieren nicht: Emre Can verschuldete mit einem dusseligen Ballverlust - als Kopf der dysfunktionalen Dreierkette - diesmal das 0:1 und stand symbolisch dafür, dass die immer noch tief enttäuschte BVB-Fraktion besser zuhause geblieben wäre.
Joshua Kimmich und Leon Goretzka geben dem DFB-Team seit längerem keinen Halt - und werden doch immer wieder von Flick aufgestellt. Dass beide ein Déjà-vu "wie beim FC Bayern" erlebt haben, gab Goretzka zu.
Sein vernichtendes Urteil: "Die Situation ist dramatisch." Auch der Bayern-Block ist urlaubsreif.
Die Task Force müsste noch einmal tagen
Ob wirklich nach der Sommerpause Besserung einkehrt, wie es der angeschlagene Flick ("so eine Situation habe ich in der Form noch nicht erlebt") seit einigen Tagen gebetsmühlenartig verspricht, ist ungewiss. Nach seinem kaum mehr zu durchblickenden Masterplan sollen Länderspiele gegen WM-Schreck Japan (9. September) und Vizeweltmeister Frankreich (12. September) Besserung bringen.
Zuvor sollten DFB-Präsident Bernd Neuendorf und Liga-Aufsichtsratschef Hans-Joachim Watzke mit der nicht aufgelösten Task Force die Köpfe zusammenstecken. Es muss ergebnisoffen diskutiert werden, ob die Position des Bundestrainers optimal besetzt ist und möglicherweise Alternativen verfügbar sind.
Rangnick wurde bei der Löw-Nachfolge übergangen
Ein ausländischer Fußballlehrer mit einem ganz neuen Ansatz darf nicht so kategorisch ausgeschlossen werden, wie das Völler und Watzke schon getan haben. Der frühere DFB-Direktor Oliver Bierhoff hatte sich bei der Nachfolge von Joachim Löw sehr früh auf Flick festgelegt, obwohl Mastermind Ralf Rangnick sehr wohl Interesse gehabt hätte.
Der schwäbische Projektleiter eilt in Österreich von Erfolg zu Erfolg und nimmt mit einem klarem Plan Kurs auf die EM in Deutschland, wo ein Jahr vor der Heim-EM ein neuer Tiefpunkt erreicht ist.
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