Letzter Weckruf: DFB-Frauen kurz vor der WM von der Rolle
Letzter Weckruf:DFB-Frauen kurz vor der WM von der Rolle
von Frank Hellmann, Fürth
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Die deutschen Fußballerinnen nähren vor der WM-Abreise Zweifel statt Zuversicht zu wecken. Die vermasselte Generalprobe gegen Sambia gehört kritisch aufgearbeitet.
Nicht zu fassen: Lea Schüller (l.) und Alexandra Popp im Spiel gegen Sambia.
Quelle: dpa
Die Szenerie rund um den Fürther Sportpark Ronhof wirkte nahezu grotesk: Deutsche Fußballerinnen, die auf einer angedeuteten Ehrenrunde warmen Applaus empfingen. Hunderte Fans, die sich an den Absperrgittern vor dem Mannschaftsbus drängten.
sagte Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg mit sorgenvoller Miene - und meinte damit ihre verletzt ausgewechselten Spielerinnen Lena Oberdorf (Oberschenkel), Marina Hegering (Tritt in die Ferse) und Carolin Simon (Knie durchgestreckt).
Doch eigentlich scheinen alle erkennbar angeschlagen. Die Überzeugung und das Selbstvertrauen bröckeln vor dem Abflug am Dienstag nach Sydney. Von einer Titelform ist das Team gut zwei Wochen vor WM-Start noch fast so weit weg wie Australien von Deutschland.
DFB-Frauen: Es fehlt vorne und hinten
Zum Teil erfüllten einige Erklärungen nach der Blamage gegen den WM-Novizen und Weltranglisten-77. den Tatbestand der Schönfärberei. Der Ball sei ja "gut gelaufen", meinte Mittelfeldspielerin Sara Däbritz. Das mag ja streckenweise gelten. Aber das Grundgerüst der EM-Heldinnen, das in fast identischer Besetzung und derselben taktischen Ausrichtung wie vor einem Jahr anfangs auf dem Rasen gestand, hat seinen Bonus aufgebraucht.
Vorne fehlte Durchschlagskraft, hinten Wehrhaftigkeit. Fast jeder Ballverlust beschwor eine brenzlige Situation herauf. "Wir müssen schneller ins Gegenpressing kommen, wir sind nicht kompakt genug", mahnte "schwer genervt" Kapitänin Alexandra Popp.
Torjägerin Popp und die eingewechselte Lea Schüller köpften nach einer Umstellung auf eine 3-5-2-Formation beim späten Aufbäumen in der Nachspielzeit zwar das 2:2, doch wie dann die mit einem beeindruckenden Speed gesegnete Barbra Banda in der zwölften Minute (!) der Draufgabe erneut konterte, muss der letzte Weckruf sein.
32 Fußball-Teams kämpfen vom 20. Juli bis 20. August in Australien und Neuseeland um den WM-Pokal. Mit dabei die DFB-Frauen, die zu den Favoriten zählen. Die wichtigsten Fakten.
von Elena Oser
FAQ
Sambias Kapitänin eine Ausnahmeerscheinung
Nie hat die wiederholt überlaufene Verteidigerin Kathrin Hendrich nach eigenem Bekunden gegen eine schnellere Stürmerin gespielt. Die 23-jährige Kapitänin der "Copper Queens" ist insofern eine Ausnahmeerscheinung, weil sie wegen erhöhter Testosteronwerte im vergangenen Jahr nicht zum Afrika-Cup zugelassen worden ist. Doch darüber sollte sich jetzt niemand beschweren, zumal die FIFA den Fall nicht verfolgt - und der zweifache Weltmeister Deutschland mit sich selbst gut genug zu tun hat.
Voss-Tecklenburg hob die Stimme, als sie mit Blick auf die WM-Gruppenspiele gegen Marokko (24. Juli), Kolumbien (30. Juli) und Südkorea (3. August) sagte: "Gegen Kolumbien kommt die gleiche Physis, das gleiche Tempo auf uns zu." Sie erwarte die "klare Mentalität", die Situationen konsequenter zu verteidigen. Es braucht definitiv ein anderes Zweikampfverhalten, sonst wird bereits diese bunte Vorrunde zur Zitterpartie.
DFB-Frauen nun kein Top-Favorit mehr
Fünf Länderspiele in 2023 - gegen Schweden (0:0), Niederlande (1:0), Brasilien (1:2), Vietnam (2:1) und nun Sambia - lieferten mehr Fragen als Antworten.
"In der Summe zu viele Fehler. In der Summe ein durchwachsenes Jahr", konstatierte eine sorgenvolle Bundestrainerin, die zwar "nicht alles zerreden" wollte, aber doch deutliche Worte fand: "Mentalität und Körperlichkeit" müsse man reinkriegen, da müsse es endlich "klares Handeln und ein Learning" geben.
Gleichwohl auch kein Grund für Panikstimmung im DFB-Team.
Die Daueroptimistin wollten in dem Dämpfer im Frankenland auch eine Chance erkannt haben: "Vielleicht gucken die anderen jetzt weniger auf uns." Das könnte sogar stimmen: In der Aufzählung der WM-Favoriten wird Deutschland nun auch bei den Frauen wohl nicht mehr an erster Stelle genannt.
Die Fußball-WM 2023 in Autralien/Neuseeland live im ZDF. Exklusive Livestreams, Highlights, Liveticker, Infos rund um das DFB-Team und Hintergründe zur WM.
Das Gesicht des aufstrebenden deutschen Frauenfußballs08.07.2023 | 28:37 min