Kroatien gegen Italien:Modrics Trauer - und Spallettis Rage
von Claudio Palmieri
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Bis zur achten Minute der Nachspielzeit stand Kroatien im EM-Achtelfinale. Ein Traumtor der Italiener lässt den Traum wohl platzen. Richtig skurril wird es aber erst nach Abpfiff.
Im letzten Gruppenspiel reichte der Squadra Azzurra gegen Kroatien ein 1:1 für den Einzug ins Achtelfinale.
Quelle: dpa
Als zunächst Kroatiens Kapitän und Mittelfeld-Star Luka Modric den Raum betrat, spendeten mehrere Journalisten spontan Applaus. Die erste Frage eines italienischen Medienvertreters war denn auch mehr eine Eloge an die Karriere des 38-Jährigen, der nicht nur "Man of the Match" wurde, sondern auch zum ältesten Torschützen der EM-Historie aufstieg.
Modric ist untröstlich
Modric hatte in der 55. Minute erst einen Elfmeter vergeben, nur 31 Sekunden später aber zur verdienten 1:0-Führung abgestaubt. Nach dem Traum-Schlenzer von Italiens Mattia Zaccagni zum 1:1-Ausgleich in der achten Minute der Nachspielzeit war der Mittelfeldpartner von Toni Kroos bei Real Madrid jedoch untröstlich.
"Grazie", entgegnete Modric dem Reporter, bevor er seine Gefühlswelt beschrieb:
Wohlgemerkt: Ausgeschieden ist der WM-Dritte von 2022 noch nicht. Als Dritter der "Todesgruppe B" mit zwei Punkten und 3:6 Toren stehen die Chancen der Elf von Zlatko Dalic, als einer der vier besten Gruppendritten ins Achtelfinale einzuziehen, aber denkbar schlecht.
Spalletti wittert Verschwörung
Italiens Aussichten aufs Weiterkommen wären bei einer Niederlage gegen Kroatien deutlich besser gewesen. Zaccagnis Traumtor, das Innenverteidiger Riccardo Calafiori mit einer beherzten Balleroberung samt Sololauf und präzisem Zuspiel vorbereitet hatte, verhinderte jedoch den zweiten K.o. in Folge der Azzurri. Der Titelverteidiger hatte bis zum Rückstand dem Gegner das Spiel überlassen und sich voll aufs Kontern beschränkt.
Entsprechend groß war die Freude über den Last-Minute-Einzug in die Runde der letzten 16. Bei Trainer Luciano Spalletti war sie allerdings schnell verflogen, als er am Pressepult Platz nahm. Gleich bei der Eingangsfrage eines Journalisten, der nach einem "Pakt" zwischen Spielern und Trainer hinsichtlich der veränderten Aufstellung gefragt hatte, platzte dem 65-Jährigen der Kragen.
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"Es gibt im Team offenbar jemanden, der die Information durchgibt und derjenige schadet dem Team", witterte Spalletti offenbar eine Verschwörung. Die Frage war verhältnismäßig harmlos - und obendrein völlig berechtigt. Denn mit der Umstellung von einem 4-2-3-1- auf ein variables 5-3-2-System hatte sich der Coach für eine Taktik entschieden, die einigen Stammkräften besser vertraut ist - allem voran dem Spielerblock von Meister Inter Mailand.
Davon wollte Spalletti jedoch nichts wissen. "Ich spreche immer mit meinen Spielern", betonte der "Commissario Tecnico" - und holte zu einem minutenlangen Monolog aus, in dem er unter anderem seine Einwechselspieler überschwänglich lobte:
Ein sportlich hochemotionaler Schlussakt
Italiens Achtelfinal-Qualifikation bezeichnete Spalletti mehrfach als "verdient". Einsichtig räumte der Coach ein, dass es "natürlich Dinge gibt, die wir uns anschauen müssen und bei denen wir so schnell wie möglich die Hand auflegen müssen".
Doch bei der Frage, ob er Angst vor dem Ausscheiden verspürt habe, redete sich der Fußballlehrer erneut in Rage: "Wenn ich Angst hätte, würde ich wie Sie ins Stadion gehen und mir die Spiele anschauen. Ich bekäme die Karte auch umsonst, ich kenne ja genug Leute."
Ein sportlich hochemotionaler Schlussakt - und ein Trainer-Heißsporn, der offenkundig eine Wagenburgmentalität schaffen will: Italiens Auftritt gegen Kroatien lieferte opernreifen Stoff. Der nächste Akt folgt am Samstag (18 Uhr) im Berliner Olympiastadion gegen Fast-DFB-Besieger Schweiz.