Ex-DFB-Funktionäre angeklagt:Sommermärchen-Affäre geht in die Verlängerung
von Christoph Schneider
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18 Jahre nach der Heim-WM beschäftigt eine dubiose Zahlung noch immer die Gerichte. In Frankfurt sind drei Ex-Funktionäre angeklagt - diesmal wegen schwerer Steuerhinterziehung.
In Frankfurt startet ein Gerichtsprozess zu möglichen illegalen Zahlungen vor der Fußballweltmeisterschaft 2006. Erstmals in Deutschland stehen drei Spitzenfunktionäre vor Gericht.04.03.2024 | 1:32 min
Mit neuen Erkenntnissen über die Millionenzahlungen rund um den damaligen Chef des Organisationskomitees der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 (OK), Franz Beckenbauer, wird nicht gerechnet, wenn gegen drei ehemalige Spitzenfunktionäre des DFB ab Montag vor dem Landgericht (LG) Frankfurt/Main wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall verhandelt wird. Bislang war es in dem Verfahren um Betrug gegangen. Für das Trio und den DFB steht in Frankfurt viel auf dem Spiel.
Wer sind die Angeklagten?
Die Augen aller Interessierten sind am Montag vor der 2. Strafkammer, gleichzeitig auch Wirtschaftsstrafkammer im Landgericht Frankfurt, auf die prominent besetzte Anklagebank gerichtet: Dort sitzen der 73-jährige Wolfgang Niersbach, der 82-jährige Horst R. Schmidt und der 78-jährige Theo Zwanziger. Niersbach und Zwanziger waren DFB-Präsidenten, Horst R. Schmidt langjähriger Generalsekretär des DFB.
Auch der DFB mit Sitz in Frankfurt/Main beobachtet das nun beginnende Verfahren sehr aufmerksam. Denn durch die zweifelhaften Geldflüsse hatten die hessischen Finanzbehörden dem DFB vorläufig die Gemeinnützigkeit für das Jahr 2006 aberkannt - der DFB musste so rund 22,5 Millionen Euro Steuern nachzahlen.
Würde jetzt in diesem Strafprozess am Ende ein Freispruch stehen, dann wäre die damalige Millionenzahlung wohl steuerrechtlich in Ordnung gewesen. Heißt: Der DFB könnte die steuerliche Zahlung von einst mit Zinsen zurückfordern.
Würde jetzt in diesem Strafprozess am Ende ein Freispruch stehen, dann wäre die damalige Millionenzahlung wohl steuerrechtlich in Ordnung gewesen. Heißt: Der DFB könnte die steuerliche Zahlung von einst mit Zinsen zurückfordern.
Nun startet vor dem Landgericht Frankfurt am Main der neue Prozess. Ende vergangenen Jahres hatten Gespräche zwischen der Verteidigung von Wolfgang Niersbach und Horst R. Schmidt mit der Staatsanwaltschaft stattgefunden. Angeboten wurde die Möglichkeit einer Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung einer Geldauflage.
Doch da der dritte Angeklagte, Theo Zwanziger, bei diesen Gesprächen außen vor blieb, lehnte die Vorsitzende Richterin Eva-Marie Distler die Einstellung des Verfahrens vorab ab. Angesetzt sind aktuell 24 Verhandlungstage bis zum 28. Oktober.
Doch da der dritte Angeklagte, Theo Zwanziger, bei diesen Gesprächen außen vor blieb, lehnte die Vorsitzende Richterin Eva-Marie Distler die Einstellung des Verfahrens vorab ab. Angesetzt sind aktuell 24 Verhandlungstage bis zum 28. Oktober.
Worauf stützt sich die Anklage?
Es geht um den "Verdacht der Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall im Zusammenhang mit Vorgängen im Rahmen der Vergabe der Fußballweltmeisterschaft 2006", so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft. Es geht um eine Zahlung aus dem April 2005 in Höhe von 6,7 Millionen Euro im Zusammenhang mit der Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland.
18 Jahre nach der WM in Deutschland beginnt am Landgericht Frankfurt der "Sommermärchen-Prozess". Die Staatsanwaltschaft wirft drei Ex-DFB-Funktionären Steuerhinterziehung vor.04.03.2024 | 1:44 min
In der 2007 abgegebenen Steuererklärung des DFB für das Jahr 2005 hätten die drei Angeklagten diese Summe zu Unrecht als Betriebsausgabe angesetzt, also eine falsche Steuererklärung abgegeben. Die drei Angeklagten bestreiten die Vorwürfe nachdrücklich. Für die Ankläger steht fest, dass diese 6,7 Millionen Euro in Wahrheit kein Beitrag zu einer geplanten, jedoch am Ende abgesagten WM-Gala gewesen seien und damit keine Betriebsausgabe seien, die man steuerlich hätte in Abzug bringen können.
Wofür flossen die 6,7 Millionen Euro?
Im Zuge der vom Nachrichtenmagazin "Spiegel" 2015 aufgedeckten Sommermärchen Affäre wurde rund um die Vergabe der Fußball WM 2006 nach Deutschland herausgefunden, dass dieser Betrag von 6,7 Millionen Euro damals vom DFB an den Fußball Weltverband FIFA ging. Von dort floss die Summe von der FIFA weiter an den früheren Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus. So wurde ein Kredit über 10 Millionen Schweizer Franken (umgerechnet damals 6,7 Millionen Euro) getilgt, den Robert Louis-Dreyfus Jahre zuvor dem deutschen WM-Organisationschef Franz Beckenbauer gewährt hatte.
Warum diese 10 Millionen Schweizer Franken 2002 vom inzwischen verstorbenen Beckenbauer an den katarischen Geschäftsmann und FIFA-Funktionär Mohamed bin Hammam, der 2012 lebenslang gesperrt wurde, flossen, ist die Frage aller Fragen, die bisher unbeantwortet ist und die auch dieser Prozess wohl nicht klären wird.
Worum ging es im Prozess in der Schweiz?
Für diese dubiosen 6,7 Millionen Euro interessierte sich nicht nur die Frankfurter Staatsanwaltschaft, sondern auch die Schweizer Justiz - schließlich war die FIFA Empfängerin dieses vom DFB gezahlten Betrags. Den DFB Vertretern sowie einem früheren FIFA Funktionär warf die Schweizer Bundesanwaltschaft Betrug vor. Doch das Verfahren vor dem Schweizer Bundesstrafgericht endete im April 2020 wegen Verjährung, da liefen noch weitere Ermittlungen in Deutschland.
Sarah Tacke, Leiterin ZDF-Redaktion Recht und Justiz, über den heute startenden "Sommermärchen-Prozess". Wieso kommt es erst jetzt zum Prozess?04.03.2024 | 3:27 min
Im Oktober 2022 befand das LG Frankfurt/Main, dass es sich bei dem in Deutschland angeklagten Sachverhalt um "dieselbe Tat" handele wie in der Schweiz, und nachdem ein Angeklagter für ein und dieselbe Tat nur einmal angeklagt und abgeurteilt werden darf, sah das Gericht eine unzulässige Doppelbestrafung und stellte demzufolge das Verfahren ein.
OLG Frankfurt: Kein Betrug, sondern Steuerhinterziehung
Doch das Oberlandesgericht Frankfurt/Main hob die Einstellung auf, ordnete das Verfahren auf Beschwerde der Staatsanwaltschaft neu an. Begründung: In der Schweiz sei es im Kern um eine 2005 getätigte Überweisung gegangen, während es hier um eine 2007 getätigte Steuererklärung des DFB gegenüber dem Finanzamt gehe – es gehe hier nicht um Betrug, sondern um Steuerhinterziehung.
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