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Diskussion um Sexkauf-Verbot:Prostitution: Frauenrecht oder Ausbeutung?
von Nico Kellner
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Nachdem Dorothee Bär ein Sexkauf-Verbot für Deutschland gefordert hat, ist eine kontroverse Diskussion entbrannt. Dabei geht es auch um eine Grundrechtsabwägung.
Prostitution ist in Deutschland legal, doch daran gibt es Kritik.
Quelle: dpa
Im Jahr 2002 wurde das Prostitutionsgesetz durch die rot-grüne Bundesregierung unter Gerhard Schröder (SPD) verabschiedet. Seitdem ist Sex gegen Geld nicht mehr sittenwidrig, sondern ein gewöhnliches Rechtsgeschäft, das eine Leistung und eine Gegenleistung begründet. Die Betroffenen können Lohn einklagen und in Sozialkassen einzahlen.
Diskussion um prekäre Arbeitsverhältnisse
Eigentlich sollte das die Lage der Prostituierten in Deutschland verbessern - Kritiker sagen, das Gegenteil sei der Fall. Laut der Politikerin Dorothee Bär (CSU) habe sich Deutschland gar zum "Bordell Europas" entwickelt. Prostitution finde nunmehr unter prekären Verhältnissen und gegen den Willen der Frauen statt.
Dem möchte Bär gerne mit einem Sexkauf-Verbot nach schwedischen Vorbild entgegentreten. Ihr Wunsch sei es, sagen zu können: "Man kann Frauen nicht kaufen in unserem Land".
Das sogenannte Nordische Modell gilt in Schweden seit 1999. Es sieht ein generelles Verbot von Sex gegen Geld vor. Freier werden bestraft, während Prostituierte entkriminalisiert werden. Seit einigen Jahren ist das Modell auch in anderen EU-Staaten verbreitet, etwa in Norwegen und Frankreich. Nach Angaben des Vereins "Mission Freedom" haben sich die Zahlen von Straßenprostitution in Schweden seit Einführung des Nordischen Modells halbiert.
Strafrechtliche Dimension
Die Prostitution selbst ist in Deutschland erlaubt und damit auch nicht strafrechtlich relevant. Strafbar ist hingegen die Ausbeutung von Prostituierten. Jemandem, der gewerbsmäßig ein Bordell betreibt und Prostituierte in persönliche oder wirtschaftliche Abhängigkeit bringt, droht gemäß § 180a StGB eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe.
Auch die Zuhälterei wird im Strafgesetzbuch unter Strafe gestellt. Dies soll Prostituierte davor schützen in ein ausbeutendes Abhängigkeitsverhältnis von sogenannten Zuhältern zu kommen. Ebenso steht die Prostitution in der Nähe einer Schule unter Strafe, wenn dadurch unter 18-jährige "sittlich gefährdet werden".
In Deutschlands Rotlichtvierteln bieten Prostituierte Sex zu Dumpingpreisen an. Die meisten der Frauen kommen aus dem Ausland - und kaum eine von ihnen bietet diese Leistung freiwillig an.21.09.2022 | 43:40 min
Deutsche Polizeigewerkschaft lehnt Nordisches Modell ab
Obwohl Zwangsprostitution in Deutschland heute schon strafbar ist, geht die Deutsche Polizeigewerkschaft in Schätzungen von etwa 90 Prozent Zwangsprostituierten aus - überwiegend aus Osteuropa. Grund sei die Kombination aus einer liberalen Gesetzeslage einerseits und dem geringen Verfolgungsdruck andererseits.
Ein generelles Sexkauf-Verbot nach Nordischem Modell hält Reiner Wendt für "nicht zielführend". Es nehme nicht nur dem Anteil derer, die Prostitution aus freiem Willen betreiben "die Geschäftsgrundlage weg", sondern mache auch die Situation der Frauen in Zwangsprostitution "nicht besser". Wendt fordert hingegen neben stärkeren Kontrollen auch mehr Bezugspersonen für Prostituierte, die dabei helfen können, sich der Zwangsprostitution zu entziehen.
Verfassungsrechtliche Fragen
Kritisch gesehen wird der CSU-Vorstoß auch vom "Bundesverband Sexuelle Dienstleistungen". Dessen Gründungsmitglied Stephanie Klee sagte im ZDF-Morgenmagazin vom 21. September:
Gegner eines Sexkauf-Verbots prophezeien häufig einen Übergang in die Illegalität. Es ist in der Tat fraglich, ob Prostitution überhaupt durch ein Verbot eingedämmt werden kann.
Das Europa-Parlament hat sich für ein Sexkauf-Verbot ausgesprochen: Im moma duell diskutieren wir mit Stephanie Klee vom Bundesverband Sexuelle Dienstleistungen und der stellv. CSU-Vorsitzenden Dorothee Bär über das Für und Wider und die Folgen.21.09.2023 | 11:21 min
Verwiesen wird auch auf das Selbstbestimmungsrecht der Prostituierten, das ihnen nach Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz zusteht. Demnach hat jeder das Recht auf "freie Entfaltung seiner Persönlichkeit". Dorothee Bär hält im ZDF dagegen. In der Prostitutions-Szene herrschten oftmals menschenunwürdige Zustände, Frauen leiden unter den Folgen ihrer Tätigkeit.
Zu einem ähnlichen Schluss kamen die Autoren einer Studie, die im Juni diesen Jahres im Nomos-Verlag erschienen ist. Das aktuell gültige Prostitutionsgesetz sei verfassungswidrig, da es die Menschenwürde nicht ausreichend in den Blick nehme. Es hätte vielmehr Menschenhandel und organisierte Kriminalität gefördert.
Nico Kellner ist in der ZDF-Redaktion Recht und Justiz.
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