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Experten zu Zollpolitik:Trump "wird bis zum Letzten durchziehen"
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Der Schritt der EU, Trump ein Freihandelsabkommen anzubieten, sei clever gewesen, sagen führende Wirtschaftsexperten. Dennoch sind sie pessimistisch. Worauf es jetzt ankommt.
Die EU ist mit dem Freihandels-Vorschlag zu Industriegütern im Zollstreit auf die USA zugegangen. "Ein cleverer Move", sagt die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer in der ZDF-Sendung WISO. Es sei ein "kluger Schachzug" gewesen zu sagen, wir senken die Zölle einfach. Denn vorher sei der Vorwurf gewesen, die EU beute die USA mit Zöllen aus.
Auch der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, sieht im Interview mit dem ZDF heute journal update einen "guten ersten Schritt". Warum er dennoch nicht hoffnungsvoll ist und auch Schnitzer nicht denkt, "dass das die Lösung sein kann".
Trump will von Zöllen nicht abrücken
US-Präsident Donald Trump wolle an erster Stelle Zolleinnahmen generieren, um damit Steuersenkungen im eigenen Land finanzieren zu können, sagt Schnitzer zu den Beweggründen Trumps. Er "wird kein Interesse daran haben, dass jetzt alle Zölle wegfallen". Den Vorschlag der EU hatte der US-Präsident umgehend abgewiesen.
Natürlich werde man verhandeln müssen und auch verhandeln wollen, so Schnitzer. Doch Trump warte erst einmal nur darauf, dass jetzt alle Staaten ihm etwas anbieten. "Und dann kommt die nächste Forderung", prognostiziert die Wirtschaftsweise.
Hüther: Digitalkonzerne und damit Trump-Entourage besteuern
Sollte es zu keiner Einigung kommen, müsse man die "Daumenschrauben anziehen", fordert IW-Chef Hüther. Vor allem im Bereich der Digitalwirtschaft könnte man US-Unternehmen in Europa stärker besteuern und mit einem "Digitalzoll sehr genau treffen", so der Ökonom.
Das ist dann auch ein zielgenaues Instrument gegen die Entourage, die sich aus diesen Unternehmen herum um Trump gebildet hat.
Michael Hüther, IW-Chef
China und EU im Fokus
Noch wichtiger sei jedoch, "dass China und die EU dagegenhalten", analysiert Schnitzer. Denn das seien die zwei wichtigsten Wirtschaftsräume für die Vereinigten Staaten. Auch Hüther bekräftigt: "Europa und China müssen gemeinsame Perspektiven entwickeln." Die Antwort auf die Zollpolitik der USA liege in der Kooperation mit allen anderen Staaten. Denn viele kleinere Volkswirtschaften hätten gar keine andere Wahl, als auf Trump zuzugehen.
Wenn Sie jemandem die Pistole auf die Brust setzen und sagen 'Geld oder Leben', dann sagt er dann doch lieber Leben.
Michael Hüther, IW-Chef
Hüther: Blick auf Handelsbilanz verengt
Bei seinen Vorwürfen an die Handelspartner führt Trump auch immer wieder die negative Handelsbilanz der USA an. Diese Perspektive sei aber "verengt", kritisiert Hüther. Die Bilanz sei nur deshalb im Defizit für die USA, weil die Vereinigten Staaten einen Überschuss in der Kapitalbilanz hätten. Das ermögliche überhaupt erst, dass in Amerika mehr konsumiert als hergestellt werden könne. Das seien "ganz normale Verflechtungen", so Hüther.
Wenn wir das nicht mal schaffen, diesen verengten Blick bei ihm aufzubrechen, dann wird es sehr, sehr mühsam. Mein Eindruck ist: Er wird bis zum letzten durchziehen.
Michael Hüther, IW-Chef
Quelle: tjs
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