Tarifrunde: Wie ein Abschluss ohne Tamtam gelingen könnte

    Kommentar

    Tarife im Öffentlichen Dienst:Wie ein Abschluss ohne Tamtam gelingen könnte

    von Frank Bethmann
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    Bei der Tarifrunde im Öffentlichen Dienst droht ein Eiertanz. Eine Seite fordert scheinbar zu viel, die andere will nicht nachgeben. Dabei wäre ein Abschluss ohne Tamtam möglich.

    Kommentar - Frank Bethmann - Öffentlicher Dienst
    ZDF-Börsenexperte Frank Bethmann kommentiert die Tarifverhandlungen im Öffentlichen Dienst.
    Quelle: ZDF/imago/Political-Moments

    Tarifverhandlungen und ihre Rituale. Beide Seiten liegen wieder einmal mit ihren Vorstellungen weit auseinander. Zu ernsthaften Verhandlungen kommt es voraussichtlich erst in einer der späteren Verhandlungsrunden.
    Zuvor drohen Warnstreiks, die das öffentliche Leben zumindest teilweise wieder lahmlegen. Müll wird nicht abgeholt. Busse fahren nicht. Kitas bleiben geschlossen.
    Muss das alles sein? Wäre eine schnellere Einigung nicht möglich, wenn man Rituale Rituale sein ließe und stattdessen mehr gegenseitiges Verständnis und vor allem eine gewisse Wertschätzung aufbringen würde?

    "Inflation ist unsozial"

    Wer davon spricht, dass uns die Bildung unserer Kinder oder die Pflege unserer Alten mehr wert sein sollte, der muss jetzt - wenn es ums Portemonnaie geht - auch Taten folgen lassen.
    Die horrend gestiegenen Lebensmittelpreise, die Kosten für Strom und Gas, die zuletzt zwar wieder gefallen sind, aber immer noch deutlich über dem Durchschnitt der letzten Jahre liegen, das alles schmerzt nämlich die unteren Einkommensgruppen besonders.
    Inflation in Deutschland (inkl. Nahrung und Energie)
    ZDFheute Infografik
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    Ja, Inflation ist unsozial. Sie trifft die Mittelschicht viel stärker als die Reichen. Und ja, hohe Lohnabschlüsse haben das Potential, die Teuerung weiter zu treiben. Durch hohe Lohnabschlüsse steigen die Kosten der Arbeitgeber, ihre Produkte und Dienstleistungen werden teurer. Das ist nicht gut.
    Daher bin auch ich sehr beim "Augenmaß", den die Arbeitgeberseite, der Städte- und Gemeindebund jetzt anmahnt. Doch Augenmaß braucht überhaupt erst mal ein Maß. Zu was ist die Arbeitgeberseite bereit, den 2,5 Millionen Beschäftigten anzubieten? Knappe Kassenlage hin oder her.

    Teuerungsrate als Orientierung für Tarifverhandlungen

    Wir alle wissen, die 10,5 Prozent von Verdi sind eine Forderung, nicht das Ergebnis. Für erfolgreiche Verhandlungen braucht es aber zwei Zahlen und die Bereitschaft, sich zu einigen.
    Als Orientierung für einen Abschluss ohne viel Tamtam böte sich die erwartete Teuerungsrate für dieses Jahr an. Die Prognosen der Experten pendeln sich für 2023 zwischen fünf und sechs Prozent Inflation ein. Ein Lohnabschluss in dieser Größenordnung scheint realistisch.

    Ein großer Schluck aus der Pulle wäre er freilich nicht.

    Frank Bethmann

    Sechs Prozent mehr Lohn und Gehalt würde in diesen Zeiten gerade mal die Kaufkraft der Beschäftigten erhalten.
    Doch sollte selbst eine Einigung in dieser Höhe nicht erreicht werden, müssen sich die Arbeitgeber fragen, wie der öffentliche Dienst künftig noch für Fachkräfte attraktiv bleiben soll. Bereits heute sind bundesweit Tausende Stellen ausgeschrieben und können nicht besetzt werden.

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