Serbien und Kosovo bei EU: So verhärtet sind die Fronten

    Krisentreffen in Brüssel:Serbien und Kosovo: Nicht mal ein Handschlag

    von Wolf-Christian Ulrich
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    Die EU versucht, die Verhandlungen zwischen Serbien und Kosovo bei einem Treffen in Brüssel voranzubringen. Doch die Fronten sind verhärtet - der Konflikt schwelt weiter.

    Wenn der 17-jährige Marko morgens in Nord-Mitrovica die Sport-Bar für die Gäste vorbereitet, fühlt er sich nicht, als wäre er hier in Kosovo. "Für mich hier ist das hier Serbien. Aber anscheinend sind wir besetzt. Weil meine Armee nicht hier ist, meine Polizei nicht und weil mein Volk hier terrorisiert wird." So klingt es, wenn serbische Regierungs-Propaganda Früchte trägt.
    Die Autonomie von zehn mehrheitlich von Serben bewohnten Gemeinden in Kosovo ist eines der zentralen Probleme in den Verhandlungen zwischen beiden Ländern derzeit. Beide Seiten konnten sich bisher nicht auf eine Regelung einigen.

    Serbische Flaggen in Nord-Mitrovica

    Wer vor Ort in Nord-Mitrovica und anderen Gemeinden unterwegs ist, sieht überall serbische Fahnen. Für dieses Land lohnt es sich zu sterben, heißt es auf einem Graffiti. Die Schulen und Krankenhäuser sind serbisch verwaltet. Man bezahlt mit serbischen Dinar - und nicht mit Euro wie sonst in Kosovo.

    Karte: Kosovo
    Quelle: ZDF

    Das Kosovo, das heute fast ausschließlich von Albanern bewohnt wird, gehörte früher zu Serbien. Nach einem bewaffneten Aufstand der
    Kosovo-Albaner und massiven Menschenrechtsverletzungen durch die serbischen Sicherheitskräfte hatte die Nato im Frühjahr 1999 mit Bombardierungen im damaligen Rest-Jugoslawien (Serbien und Montenegro) reagiert.

    Von 1999 bis 2008 verwaltete die UN-Administration Unmik das Gebiet. 2008 erklärte sich das Land für unabhängig. Serbien erkennt diesen Schritt bis heute nicht an und reklamiert das Territorium für sich.

    Quelle: dpa

    Eine Gemeinde präsentiert ihre Ehrenbürger: Serbiens Präsident Vučić, Serbiens Nationalheld Novak Djoković - und den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Viele leben hier in einem serbischen Paralleluniversum.

    Radosavljevic: Regierungen agieren populistisch

    "Die Autonomie besteht ja faktisch," meint Journalist Nenad Radosavljevic vom serbischen Regionalfernsehen TV Mir in Leposavić. "Dieses Volk lebte hier 23 Jahre lang unter dem Einfluss von Belgrad - und nicht unter dem Einfluss von Pristina. Jetzt ist es schwierig, das im Bewusstsein der Menschen zu ändern."
    Ein Hund steht neben wartenden LKWs
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    Er beklagt, dass beide Regierungen den Konflikt mit Populismus befeuerten, dass Belgrad mit kriminellen Strukturen in Kosovo kooperiere, die Unruhe stifteten, wenn das opportun erscheint.

    Kosovo: Belgrad steuert Gewalt im Land

    Vor allem der Kampf um die Hoheit im Land wird mit harten Bandagen geführt. Als Kosovos Regierung unter Ministerpräsident Kurti albanische Bürgermeister ins Amt bringen ließ, obwohl die Serben die Wahl boykottiert hatten, kam es zu Gewalt. Nun müssen KFOR-Soldaten Bürgermeister-Ämter schützen.
    Kurtis Alleingang, die Bürgermeister gegen den Willen der serbischen Mehrheit zur Arbeit eskortieren zu lassen, hat ihm deutliche Kritik von USA und EU eingebracht. Die Kurti-Regierung wehrt sich, sagt, die Gewalt sei zum Teil von Belgrad aus gesteuert.
    High tensions continue after newly elected mayors took office in northern Kosovo
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    Außenministerin des Kosovo will "auf Rechtstaatlichkeit" setzen

    "Wir setzen auf Rechtstaatlichkeit," argumentiert Donika Gërvalla Schwarz, Außenministerin des Kosovo. "Rechtsfreie Räume einzurichten, wird unsere Region destabilisieren," sagt sie dem ZDF.
    "Es hilft nicht, wenn wir dauernd nach Brüssel gehen, uns über irgendwelche Dinge zusagen, uns über irgendwelche Dinge einigen, und am Ende geht Vučić und provoziert Gewalt im Norden, geht gegen NATO-Soldaten vor", sagt Schwarz.

    Vučić: "Rede nicht mit Kurti"

    Serbiens Präsident Vučić, der zuhause durch wöchentliche Großdemonstrationen unter Druck steht, profitiert politisch gesehen von den Spannungen in Kosovo, gibt Vedran Džihić vom Österreichischen Institut für internationale Politik zu bedenken. Denn für viele Serben ist Kosovo Teil der serbischen Identität.
    "Ich rede nicht mit Kurti," sagte Vučić deshalb vor seiner Fahrt nach Brüssel, "mit ihm zu reden ergibt keinen Sinn." Auch die EU gibt im Konflikt kein gutes Bild ab, ihr fehle seit Jahren eine Strategie, so Džihić. Für die jüngsten Eskalationen seien beide verantwortlich, Vučić und Kurti. Beide versuchten, den Konflikt innenpolitisch für die eigenen Zwecke zu nutzen. In Brüssel schafften sie es nicht mal, sich an einen Tisch zu setzen.

    Positionen "nicht vereinbar"

    "Serbien besteht weiter auf Kontrolle über den Norden, träumt insgeheim von territorialem Gebietstausch - und auf der anderen Seite besteht Kurti auf das legalistische Prinzip - und, dass Kosovo die Integrität über das ganze Staatsgebiet hat. Das ist nicht miteinander vereinbar", sagt Vedran Džihić.
    Für die Menschen vor Ort bedeutet das alles: Wirtschaftliche Stagnation, zunehmende Isolation, weniger Chancen. Für viele Serben im Norden von Kosovo lautet der Slogan dennoch bis auf weiteres: "Dies ist Serbien".
    Wolf-Christian Ulrich ist Korrespondent im ZDF-Studio Wien.
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