Ehemalige NPD:Kein Geld vom Staat mehr für "Die Heimat"?
von Christoph Schneider
|
Erstmals soll eine Partei kein Geld mehr aus der staatlichen Parteienfinanzierung bekommen. Darüber verhandelt das Bundesverfassungsgericht ausführlich heute und morgen.
In manchmal anstrengenden und langwierigen parlamentarischen Prozessen war das rekordverdächtig. Nicht mal ein halbes Jahr brauchte der Deutsche Bundestag vor sechs Jahren, um den Ausschluss von der Parteienfinanzierung neu ins Grundgesetz zu schreiben.
Vorangegangen waren zwei erfolglose Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht, die Partei NPD, die sich Anfang Juni in "Die Heimat" umbenannt hat, wegen erwiesener Verfassungsfeindlichkeit verbieten zu lassen.
Verbotsanträge 2003 und 2017 ohne Erfolg
Zuerst scheiterte ein Verbotsantrag 2003 an zu vielen V-Leuten in der NPD, die einen Ausschluss unmöglich machten - das Verfahren wurde eingestellt.
Im Januar 2017 scheiterte der zweite Antrag auf Verbot der NPD, den der Bundesrat einbrachte. Ja, stellte der Zweite Senat des Bundesverfassungsgericht fest, die NPD verfolge verfassungsfeindliche Ziele und es gebe "eine Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus". Aber: Mit geringen Wahlerfolgen und weniger als 6.000 Mitgliedern sei sie zu unbedeutend, um ihre Ziele durchzusetzen und die Demokratie zu gefährden.
Verfassungsgericht öffnete mit Urteil eine Hintertür
Doch das Bundesverfassungsgericht öffnete in seinem damaligen Urteil eine Hintertür: Durchaus sei es möglich, dass der "verfassungsändernde Gesetzgeber" über einen Ausschluss von der staatlichen Parteienfinanzierung bei verfassungsfeindlichen Parteien nachdenken könne.
Das ließ sich die damalige Große Koalition 2017 nicht zweimal sagen und änderte flugs das Grundgesetz: mit der erforderlichen 2/3-Mehrheit wurde der Artikel 21 um den neuen Absatz 3 erweitert:
Über den Ausschluss entscheidet das Bundesverfassungsgericht.
Ausführlicher Antrag 2019 ohne Infos von V-Leuten
Zwei Jahre später stellten Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung dann ihren ausführlichen Antrag. Nach ihrer Überzeugung reichen die verfassungsfeindlichen Ziele der NPD für deren Ausschluss von der staatlichen Parteienfinanzierung.
Anders als ein Verbot sei hierfür die Möglichkeit, diese Ziele auch durchzusetzen, nicht erforderlich. Die drei Antragsteller haben in ihrem gemeinsamen Antrag mehr als 300 Belege für "fortdauernde verfassungsfeindliche Aktivitäten der NPD" angekündigt.
Danach habe sich die NPD eher weiter radikalisiert. Und: Als der Schriftsatz im Juli 2019 beim höchsten deutschen Gericht eingereicht wurde, bestätigten zuvor fast alle Landesinnenminister, dass der Antrag keine Informationen von V-Leuten enthalte.
Für die NPD verstößt die neu geschaffene Vorschrift zum Ausschluss der Parteienfinanzierung im Grundgesetz gegen die Chancengleichheit der Parteien.
Gericht muss Weiterentwicklung der NPD seit 2017 bewerten
Zwei Tage der mündlichen Verhandlung sind auch vor dem Hintergrund einer umfassenden Anhörung nötig. Denn die Richterinnen und Richter müssen auch bewerten, wie sich die NPD seit 2017 weiter entwickelt hat.
Zeigt sie sich inzwischen gewandelt vor dem Hintergrund eines drohenden finanziellen Ausschlusses? Oder ist sie noch radikaler geworden?
Folgen des Ausschlusses von der Parteienfinanzierung
Sollte der Zweite Senat den Ausschluss von der staatlichen Parteienfinanzierung aussprechen, würden auch die Steuervergünstigungen für Spenden und andere Zuwendungen an die "Heimat" entfallen.
Die staatlichen Mittel, die 2018 an die damalige NPD ausgezahlt wurden, lagen bei rund 880.000 Euro. Nach der letzten Bundestagswahl 2021 kam die Partei nur noch auf 0,1 Prozent der Zweitstimmen und übersprang damit nicht die Schwelle für die Zuweisung staatlicher Mittel.
Christoph Schneider ist Redakteur in der ZDF-Redaktion Recht und Justiz.