Nordkosovo: Proteste gehen weiter - Nato verstärkt Truppen
Verletzte nach Ausschreitungen:Proteste im Kosovo: Nato verstärkt Truppen
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Nach den Kommunalwahlen im Nordkosovo haben ethnische Serben gewaltsam gegen die gewählten Kandidaten protestiert. Die Nato kündigte an, mehr Soldaten in die Region zu schicken.
Die Nato hat einen Tag nach den schweren Zusammenstößen zwischen militanten Serben und der Nato-Schutztruppe KFOR angekündigt, zusätzliche Soldaten im Kosovo zu stationieren.
Das sei eine Vorsichtsmaßnahme, "um sicherzustellen, dass die KFOR über die Fähigkeiten verfügt, die sie zur Aufrechterhaltung der Sicherheit gemäß unseres UN-Sicherheitsratsmandats benötigt", erklärte der Nato-Kommandeur Stuart B. Munsch am Dienstag.
80 Verletzte nach Ausschreitungen am Montag
Bei den gewaltsamen Protesten im Norden des Kosovo wurden am Montag rund 80 Menschen verletzt. Am Dienstagmorgen hatten sich erneut Serben in der Region versammelt.
Demonstranten fanden sich vor den Gemeindeämtern in Zvecan, Leposavic und Zubin Potok ein, die von der KFOR gesichert werden, berichtete das kosovarische Nachrichtenportal "koha.net" unter Berufung auf eigene Reporter vor Ort.
Auslöser der gewaltsamen Ausschreitungen am Montagnachmittag war die Einsetzung neuer Bürgermeister in Zvecan. Dagegen protestierten militante Serben. Die Polizei hatte den neuen Bürgermeister, einen Albaner, der sein Amt antreten wollte, eskortiert.
Serben versammelten auch in zwei anderen Orten des Nordkosovos, wo ebenfalls albanische Bürgermeister die Amtsgeschäfte übernahmen.
Serben in der Region boykottierten Kommunalwahl
Die drei Bürgermeister waren im April gewählt worden, wobei fast alle Serben die Wahl boykottiert hatten. Deshalb kommen die Wahlsieger aus albanischen Parteien. Die bisherigen serbischen Bürgermeister hatten ihre Funktionen im November 2022 aus Protest gegen die Politik der kosovarischen Regierung niedergelegt.
Zur Eskalation am Montag kam es, als sich die serbische Menge in Zvecan weigerte, die dort noch stehenden Fahrzeuge der kosovarischen Polizei wegfahren zu lassen.
Der KFOR-Trupp löste daraufhin die Versammlung auf. Dabei setzten sie Blendgranaten und Tränengas ein. Die Menge bewarf sie wiederum mit Steinen, Brandsätzen, Flaschen und anderen Gegenständen.
Angriffe auf Nato-Trupp nach einer Versammlung
30 KFOR-Soldaten, unter ihnen 19 Ungarn und elf Italiener, erlitten Verletzungen, darunter Knochenbrüche und Verbrennungen, teilte die Schutztruppe am Dienstagmorgen in Pristina mit.
"Die KFOR hat (...) auf die unprovozierten Angriffe einer gewalttätigen und gefährlichen Menge reagiert", hieß es in der Mitteilung. Laut dem Krankenhaus in der nahen Stadt Mitrovica wurden 53 Serben verletzt.
Nato: "In einen Dialog eintreten"
Die Nato verurteilte am Montag die Angriffe auf die KFOR-Truppen scharf.
Und weiter: "Wir rufen alle Seiten auf, von Handlungen Abstand zu nehmen, die die Spannungen weiter anheizen, und in einen Dialog einzutreten." KFOR werde alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um ein sicheres Umfeld aufrechtzuerhalten.
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