Nimmermann folgt Graichen:Befreiungsschlag für Robert Habeck?
von Dominik Rzepka
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Philipp Nimmermann folgt auf Patrick Graichen als Staatssekretär im Wirtschaftsministerium. Ist das jetzt ein Befreiungsschlag für Robert Habeck? Wird er die Filz-Vorwürfe los?
Philipp Nimmermann. Diesen Namen kennen die wenigsten in Berlin. Als am Morgen die ersten Eilmeldungen eintrudeln, dass der 57-jährige Hesse auf den geschassten Staatssekretär im Wirtschaftsministerium Patrick Graichen folgt, müssen viele den Namen erst einmal googeln.
Und genau das ist gewollt.
Ein neuer Name. Frisch, unbekannt und vor allem: nicht verwandt oder verschwägert mit Familie Graichen. Die Botschaft: Die Trauzeugen-Affäre ist vorbei. Nimmermanns neuer Chef, Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), sagt, Nimmermann werde "mit einem frischen Blick die Energiewende, die Wärmewende und die Transformation voranbringen". Die Betonung liegt auf dem Wort frisch.
Nach massiver Kritik aufgrund der „Trauzeugen-Affäre“ tritt Wirtschaftsstaatssekretär Patrick Graichen zurück. Hintergrund sind familiäre Verflechtungen, die gegen Compliance-Regeln des Ministeriums verstoßen.17.05.2023 | 3:55 min
"Kluger Schachzug" von Robert Habeck
Nimmermann war bereits Finanzstaatssekretär in Schleswig-Holstein und Chefvolkswirt bei einer Bank in Frankfurt am Main. Im Moment ist er Wirtschaftsstaatssekretär in Hessen. Sein Ministerium hat seine 15 Nebentätigkeiten veröffentlicht. Die wichtigste Spalte dürften Nimmermanns Einkünfte aus den Nebentätigkeiten sein. 15 Mal steht dort: "keine".
Vor diesem Hintergrund ist die Berufung Nimmermanns ein "kluger Schachzug", sagt Politikwissenschaftlerin Andrea Römmele ZDFheute. "Nimmermann ist kein verbrauchter Name, er kommt nicht aus dem engsten Umfeld von Robert Habeck." Römmeles Einschätzung:
Korte: Habeck braucht neues Narrativ
Der Filz-Vorwurf klebt an Habeck. Seit Wochen stehen grüne Netzwerke in seinem Ministerium im öffentlichen Fokus. Auch die Heizungspläne der Ampel, das sogenannte Gebäudeenergiegesetz, kratzen an Habecks Beliebtheit. Insofern beende ein neuer Staatssekretär alleine die Grünen-Krise nicht, sagt Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte:
Habeck müsse vermitteln, welcher individuelle Nutzen mittelfristig durch das Gebäudeenergiegesetz entstehe. Genau das aber dürfte schwierig werden. Denn der Koalitionspartner FDP nutzt die Rochade in Habecks Ministerium, um sich von den Plänen zu distanzieren. Ob das Heizungsgesetz diese Woche tatsächlich durch den Bundestag kommt, ist unsicher.
Linke will weiteren Staatssekretär vorladen
Und noch etwas spricht dagegen, dass die Grünen-Krise mit der Personalie Nimmermann zu Ende ist: Mit Udo Philipp steht der für Start-ups zuständige Staatssekretär im Wirtschaftsministerium in der Kritik. Philipp soll an der Berufung eines Beraters beteiligt gewesen sein, in dessen Fonds er zuvor investiert hatte. Habecks Ministerium hat Philipps Unternehmensbeteiligungen inzwischen online veröffentlicht.
Der Opposition reicht das nicht. Am Mittwoch müsse sich Philipp im Wirtschaftsausschuss des Bundestags erklären, fordert der Linken-Abgeordnete Pascal Meiser. "Fragen habe ich da noch einige." Für Politikwissenschaftlerin Römmele ein Zeichen dafür, dass die Opposition den Druck aufrechterhalte. Sie sagt: "Insofern ist die Sache für Habeck noch nicht ganz ausgestanden."
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