Myanmar: Aung San Suu Kyis Begnadigung nur leere Geste

    Militärjunta in Myanmar:Aung San Suu Kyis Begnadigung nur leere Geste

    Autorenfoto Nils Metzger
    von Nils Metzger
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    Die Teilamnestie für Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi in Myanmar ist kein Signal für Demokratie. Tatsächlich entgleitet der Militärjunta immer mehr die Lage im Land.

    In den ersten Eilmeldungen am Dienstagmorgen klang es noch nach einer kleinen Sensation: Die Militärjunta in Myanmar verkünde eine Teilbegnadigung der inhaftierten Politikerin und Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi. Sogar auf eine mögliche Freilassung wurde teils spekuliert.
    Inzwischen ist klar, die Aktion der machthabenden Generäle ist kaum mehr als eine leere Geste. 27 anstatt 33 Jahre Haft für die 78-jährige Freiheitsikone stehen weiterhin bevor. Die begnadigten Vergehen umfassen etwa Verstöße gegen Corona-Auflagen oder den Besitz von Funkgeräten.
    Menschenrechtsorganisationen werfen dem Militär vor, Suu Kyi mit Schauprozessen, Isolationshaft und Hausarrest von jeder politischen Aktivität abhalten zu wollen. Im Herbst 2020 hatte sie Wahlen haushoch gewonnen; 2021 putschte dann das Militär.

    Militär hat Ausnahmezustand erneut verlängert

    "Die 'Teilamnestie' für Aung San Suu Kyi ist eine rein symbolische Geste, die an das Ausland gerichtet ist und suggerieren soll, dass die Militärs an der innenpolitischen Aussöhnung interessiert sind", sagt der Asienforscher Marco Bünte von der Universität Erlangen-Nürnberg ZDFheute. "Gleichzeitig soll sie die innenpolitische Opposition schwächen, indem Sie eventuelle Gesprächsbereitschaft signalisiert, die jedoch nicht vorhanden ist."
    Auch Felix Heiduk von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) betont:

    Aung San Suu Kyi wird aller Voraussicht nach den Rest ihres Lebens in Haft verbringen.

    Dr. Felix Heiduk, Stiftung Wissenschaft und Politik

    Der Schritt sei Teil einer landesweiten Begnadigung im Rahmen einer buddhistischen Zeremonie, so Heiduk. Quasi zeitgleich hatte das Militär aber am Montag den Ausnahmezustand im Land um sechs weitere Monate verlängert. Damit verzögern sich auch die in Aussicht gestellten Wahlen weiter.
    Widerstandskämpfer in Myanmar
    Unterwegs mit der People's Defence Force. So nennen sich die bewaffneten Gruppierungen, die seit dem Putsch gegen das burmesische Militär kämpfen.23.11.2022 | 20:13 min

    Welche Bedeutung hat Aung San Suu Kyi für Myanmar?

    Aung San Suu Kyi ist eine der prägenden Personen bei der gewaltlosen Demokratisierung Myanmars. Dafür wurde sie 1991 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Zwischen 1989 und 2010 verbrachte sie bereits viele Jahre in Hausarrest.
    Den Experten zufolge habe sie - vor allem ihrer Abwesenheit durch die aktuelle Haft geschuldet - seit dem Putsch im Februar 2021 an politischer Bedeutung eingebüßt. "Zwar verfügt sie als 'Mutter' Suu natürlich weiterhin über großes Charisma und wird von der Bevölkerung geliebt. Im Gefängnis ist sie jedoch als politischer Akteur ruhig gestellt und sowohl für die Widerstandsbewegung als auch für die breite Bevölkerung ohne Einfluss", sagt Bünte.
    Zwar könnten internationale Diplomaten sie im Hausarrest besuchen, das mache sie aber auch zum Spielball für das Militär, so Bünte.

    Wie entwickelt sich die Sicherheitslage im Land?

    Der Widerstand gegen die Militärjunta hat sich zuletzt immer mehr militarisiert. Widerstandsgruppen bewaffnen sich und kämpfen mit Guerillataktiken gegen Regierungstruppen. Einer Recherche der "New York Times" zufolge setzt die Regierung in zunehmender Zahl sogar auf Luftschläge, bei denen vor allem Zivilisten sterben.
    1,5 Millionen Menschen seien seit Februar 2021 aus ihrer Heimat vertrieben worden, mindestens 3.452 Menschen seien laut einem Bericht des UN-Menschenrechtskommissars vom Militär getötet worden.

    Berichten zufolge hat das Militär in mehr als der Hälfte der Distrikte Myanmars keine Kontrolle mehr. Die kämpfenden Widerstandsbewegungen gewinnen immer mehr die Oberhand. Ziel ist es, das Militär von der Macht zu entfernen. Es hat sich eine 'Revolution' entwickelt.

    Prof. Marco Bünte, Universität Erlangen-Nürnberg

    Die Gefechte fänden dabei nicht mehr nur in Randgebieten statt, sondern hätten inzwischen auch das buddhistische Kernland erreicht, so Bünte.
    "Die Sicherheitslage ist leider gleichbleibend katastrophal in weiten Teilen des Landes ohne Aussicht auf Veränderung und mit all den wirtschaftlichen und humanitären schrecklichen Begleiterscheinungen von Bürgerkriegen", sagt SWP-Experte Heiduk.

    Viele Frauen festgenommen
    :Mit Blumen gegen das Militär Myanmars

    Sie wurden verhaftet, weil sie Blumen im Haar trugen. In Myanmar wollten etwa 100 Frauen ein Zeichen der Unterstützung für die entmachtete Regierungschefin Suu Kyi setzen.
    Aung San Suu Kyi, ehemalige Regierungschefin in Myanmar. Archiv