Migration: EU-Abkommen mit Tunesien "höchst problematisch"

    Eindämmung von Migration:EU-Deal mit Tunesien "höchst problematisch"

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    Die EU und Tunesien haben eine engere Zusammenarbeit beim Thema Migration vereinbart. Das Land steht jedoch wegen seines Umgangs mit Migranten zunehmend in der Kritik.

    Migranten, die von tunesischen Einsatzkräften auf dem Meer aufgespürt wurden, gehen eine Straße hinunter nachdem sie am Hafen zurück an Land gelassen wurden.
    Mehr als die Hälfte der Migranten aus Nordafrika starten in Tunesien - zur Eindämmung der Migration setzt die EU nun auf ein Abkommen mit dem Land.
    Quelle: picture alliance / dpa

    Die zwischen der EU und Tunesien verhandelte Vereinbarung zur Begrenzung der Migration über das Mittelmeer nach Europa stößt in der Koalition in Berlin auf ein geteiltes Echo. Die Bundesregierung erklärte am Montag "volle Unterstützung" für das Abkommen. Man verbinde damit die Hoffnung, gemeinsam mit Tunesien irreguläre Migration zurückzudrängen, sagte Vize-Regierungssprecherin Christiane Hoffmann. Kritik kam allerdings aus der Bundestagsfraktion der Grünen.
    Als "höchst problematisch" bezeichnete Tobias Bacherle (Grüne), Mitglied im Auswärtigen Ausschuss, die Vereinbarung. Ähnlich äußerte sich der Grünen-Innenpolitiker Julian Pahlke. Der Bundestagsabgeordnete warnte:

    Wenn eine Fluchtroute geschlossen wird, werden Menschen auf noch lebensgefährlichere Routen ausweichen.

    Julian Pahlke, Grünen-Innenpolitiker

    EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte am Sonntag eine Absichtserklärung mit Tunesien unterzeichnet, die eine engere Zusammenarbeit unter anderem beim Thema Migration vorsieht.

    Hofreiter: Migrationsabkommen nicht klug

    Der Vorsitzende des Europa-Ausschusses im Bundestag, Anton Hofreiter (Grüne), nannte die Vereinbarung "sowohl humanitär als auch geostrategisch nicht klug". Er warnte davor, mit dem tunesischen Präsidenten Kais Saied solche Abkommen zu schließen, der wegen fremdenfeindlicher Äußerungen in den vergangenen Monaten international in der Kritik stand.
    Als das Land auf einem "guten demokratischen Weg" gewesen sei, habe die EU es "mehr oder weniger hängen lassen", so Hofreiter. Jetzt schließe die EU ein Abkommen mit einem Land, "wo ein Autokrat an der Macht ist, dessen Sicherheitskräfte Menschen in die Sahara verschleppen und dort ohne Wasser aussetzen". Mit solchen Deals werde die EU die Länder des Globalen Südens nicht an sich binden und den russischen Einfluss in Afrika zurückdrängen.
    Clara Bünger (Linke) forderte die Bundesregierung auf, sich gegen die Vereinbarung zu stellen. Es sei bekannt, dass Tunesien Asylsuchende in der Wüste ausgesetzt habe. Vor diesem Hintergrund sei es zynisch, das Land "zum nächsten Türsteher Europas" zu machen.

    Migrationsexperte Kipp sieht Rechtsruck in der EU

    Nach Ansicht des Politikforschers David Kipp zeigt sich mit dem Abkommen ein "klarer Rechtsruck auf europäischer Ebene". Italien sei es unter Regierungschefin Giorgia Meloni mit einer strikten Anti-Migrations-Politik gelungen, diesen Kurs zu verstetigen und die Unterstützung der EU dafür zu gewinnen, sagte der Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik.
    Zwar werde in der Vereinbarung betont, dass sie auf der Achtung der Menschenrechte basiere, sagte Kipp. "Doch das ist natürlich extra vage gehalten." Das Ziel Europas sei in der Vereinbarung klar ersichtlich: irreguläre Ankünfte aus Nordafrika nach Europa zu reduzieren, erklärt der Migrationsexperte.
    Wie wichtig der EU das Abkommen sei, habe sich in dem "großen politischen Kapital" gezeigt, das sie zuletzt in Tunesien investiert habe, sagte Kipp mit Blick auf mehrere Besuche der EU-Spitze in den vergangenen Monaten. Das berge aber auch die Gefahr, dass Migrantinnen und Migranten zum Spielball werden könnten, mahnt er.

    Gut 100 Millionen Euro gegen illegale Migration aus Tunesien

    Tunesien ist ein wichtiges Transitland für Migranten, die die Überfahrt über das Mittelmeer wagen. In Italien wurde in diesem Jahr bereits die Ankunft von rund 75.000 Flüchtlingen und Migranten registriert, nach weniger als der Hälfte im Vorjahreszeitraum. Mehr als 44.000 von ihnen stachen von Tunesien aus in See. Der Vereinbarung mit der EU zufolge soll Tunesien nun stärker gegen Schlepper und illegale Überfahrten vorgehen, was Europa mit rund 100 Millionen Euro unterstützen will.
    IIn seinem Umgang mit Flüchtlingen und Migranten aus Ländern Afrikas südlich der Sahara steht Tunesien allerdings zunehmend in der Kritik.

    EU hofft auf Abkommen mit Ägypten und Marokko

    Nach dem Migrationsdeal mit Tunesien will die Europäische Union nach Angaben aus EU-Kreisen ähnliche Vereinbarungen auch mit Ägypten und Marokko abschließen.
    Es gehe dabei nicht darum, den nordafrikanischen Regierungen einen Blankoscheck für den Umgang mit Migranten auszustellen, sagte am Montag ein hochrangiger EU-Vertreter, der anonym bleiben wollte. Vielmehr sollten die entsprechenden Abkommen auch eine Reihe von Verträgen mit NGOs und UN-Institutionen beinhalten.
    Quelle: dpa, AFP, epd

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