Spahn zu Migration bei illner: "Wir schaffen es nicht mehr"

    Migrationsdebatte bei "illner":Spahn: "Wir schaffen es nicht mehr"

    von Torben Schröder
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    Innenministerin Faeser will keine Flüchtlinge aus Italien aufnehmen, so lange das Land die EU-Regeln bricht. CDU-Politiker Spahn wirbt für Mehrheiten jenseits der Ampel-Koalition.

    Rund 60 Minuten dauert eine "maybrit illner"-Sendung in aller Regel. Addiert man die Rededauer der Gäste in der aktuellen Folge, kommt man auf deutlich mehr. "Lässt sich Migration begrenzen?" lautet das Thema, das offenkundig emotionalisiert. Da fällt es schwer, länger schweigsam zu bleiben, ob man nun dran ist oder nicht.
    "Eigentlich waren sich alle einig - 2015 darf sich nicht wiederholen", ruft Moderatorin Maybrit Illner in Erinnerung. Dabei sind, nimmt man die Menschen hinzu, die aus der Ukraine vor dem russischen Angriffskrieg geflohen sind, die Zuwanderungszahlen aktuell sogar höher. Aber ist Einwanderung überhaupt das richtige Wort?

    Spahn: "Wir brauchen eine Lösung"

    Jens Spahn nennt Deutschland ein "Einreiseland", denn es steuere die Einwanderung nicht gezielt. Und aktualisiert ein geflügeltes Wort von Ex-Kanzlerin Angela Merkel:

    Wir schaffen es nicht mehr. Wenn sich darauf alle verständigen können, dass es Grenzen gibt dessen, was geht, wäre das ein erster wichtiger Schritt.

    Jens Spahn, CDU-Politiker

    Spahn betont: "Wir brauchen eine Lösung, weil sonst die politische Landschaft eine völlig andere werden wird."
    Sogar den Begriff des "Deutschland-Paktes", den Kanzler Olaf Scholz vor einigen Wochen einbrachte, greift Spahn auf. Die Union biete an, an diesem Freitag im Bundestag ein Gesetzespaket mit den Eckpunkten mehr sichere Herkunftsstaaten, vorrangig im Maghreb, Ausweitung der Grenzkontrollen, Sach- statt Geldleistungen und schnellere Rückführungen mitzutragen. "Lassen Sie es uns machen, selbst wenn die Grünen nicht zustimmen", sagt Spahn.

    Faeser kritisiert Italien

    Adressatin ist Innenministerin Nancy Faeser, die zunächst klar stellt: "Italien hält sich nicht an die Dublin-Rückübernahme." So lange werde Deutschland auch keine Flüchtlinge, die aus Italien weiterreisen, aufnehmen. Die von Spahn aufgerufene Höchstgrenze sieht Faeser kritisch:

    Es gibt eine internationale Verpflichtung zur Aufnahme von Geflüchteten, die Asyl beantragen. Da kann es keine Obergrenze geben.

    Nancy Faeser, Innenministerin

    "Wir wollen das über Migrationsabkommen stärker steuern."
    Lamya Kaddor lenkt den Blick auf die Chancen, die Fluchtmigration bieten könnte. Ein großer Teil der Menschen sei jung und lasse sich wahrscheinlich gut integrieren - eine Notwendigkeit angesichts des Fachkräftemangels. "Wir stehen vor einer Zerreißprobe", sagt Kaddor. Mit weniger Bürokratie sowie mehr Lehrern und Erziehern solle die Integration beschleunigt werden. Und es brauche ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz.

    Koopmans fordert legale Migrationswege

    Akuten Bedarf an neuen Regelungen sieht der Migrationsforscher Ruud Koopmans: "Das Dublin-Abkommen stammt aus einer Zeit, als wir in Europa noch Binnengrenzen hatten." Koopmans sagt:

    Dublin ist tot. Und es ist schon sehr lange tot.

    Ruud Koopmans, Migrationsforscher

    Es brauche legale Migrationswege, die die illegalen ersetzen. "Grenzkontrollen innerhalb Europas bringen wenig", sagt Koopmans, "wir müssen die Außengrenzen kontrollieren. Und das geht nur, wenn wir Abkommen mit Drittstaaten haben."
    "Wir haben die Migration in einen Dunst der Illegalität geschoben, weil es praktisch keinen legalen Weg der Einwanderung gibt", sagt der Migrationsforscher Christopher Hein. "Eine kluge Begrenzung ist die, die Möglichkeiten eröffnet." Hein wirft die Frage auf, warum die Diskussion zur Belastungsgrenze sich nur auf Menschen aus dem globalen Süden beschränkt.

    Dramatische Situation in Kommunen

    Die dramatische Situation in den Kommunen illustriert die Flüchtlingshelferin Claudia Kruse: "Die Leute werden für die nächsten Jahre in einer Turnhalle leben, das ist für uns keine erstrebenswerte Lösung." Die Kommunen seien stark unterfinanziert, die soziale Infrastruktur fehle, die bezahlbaren Wohnungen seien belegt. "Wir haben immer noch Geflüchtete von 2015 in Gemeinschaftsunterkünften leben."

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