Sprachtests: Wirft Lettland russische Staatsbürger raus?

    Sprachtests für Russen:Wirft Lettland russische Staatsbürger raus?

    Natalie Steger
    von Natalie Steger
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    Sprachtests für Russen: Sie haben einen russischen Pass, leben in Lettland, sprechen aber die Sprache nicht. Zu Sowjetzeiten hatte Moskau in Lettland Russen angesiedelt.

    Anstehen beim Lettischen Sprachtest
    Wer aus Russland stammt und in Lettland lebt, soll nun verpflichtend einen Sprachtest machen. Wer sich gar nicht erst anmeldet, dem drohen Geldstrafen oder gar die Ausweisung. 26.09.2023 | 2:19 min
    Ludmila hat die ganze Nacht kein Auge zugemacht, erzählt sie uns. Seit Mitte der 70er-Jahre lebt die Russin in der lettischen Stadt Liepaja. Sie ist 66 Jahre alt, spricht kein Lettisch. Sie hat es in all den Jahrzehnten nicht für nötig befunden, die Sprache ihres Gastlandes zu lernen. Nun muss sie zum Sprachtest.

    Als ich hierher kam, noch unter der Sowjetunion, war das nicht verlangt. Und dann hab ich mein ganzes Leben in einem russischen Kollektiv gearbeitet.

    Ludmila, in Lettland lebende Russin

    Leben in der russischen Blase

    Ludmila hat einen russischen Pass und eine Aufenthaltserlaubnis in Lettland, aber mit dem lettischen Leben wenig zu tun. Sie lebt mit ihrem Mann Sergej in der russischen Blase: russische Medien, russische Freunde, russisches Denken.
    Wie viele Russen im Baltikum versucht sie, den Angriffskrieg Russland gegen die Ukraine nicht zu thematisieren. Putin habe schon viel Gutes gemacht für Russland - mehr sagt sie nicht. Bloß nicht anecken, weder bei den Letten noch bei den Freunden: "Ich schaue im Internet - das war's. Man sollte Russland und der Ukraine nicht trauen. Nur versteh ich nicht, warum dort Krieg herrscht und wir hier leiden, ist das Vergeltung?"
    Jurmala
    Bis Kriegsbeginn war die Stadt noch Hotspot für russische Oligarchen gekocht und russische Popgrößen traten hier auf.17.08.2023 | 2:09 min

    Es droht der Rauswurf aus Lettland

    Denn: Als Reaktion auf den Krieg Russlands in der Ukraine hat Lettland die Regeln für Russen im Land verschärft. Immerhin ein Drittel der Bevölkerung ist russischstämmig, nun sind aber diejenigen mit dem russischen Pass im Visier der Behörden.
    Wer den Sprachtest bis zum 1. September nicht bestanden hat, kann eine nur zweijährige Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis beantragen und den Test wiederholen. Alle anderen, die sich nicht einmal von sich aus gemeldet haben bei den Behörden, bekommen nun Post von der Migrationsbehörde - mit der Aufforderung, das Land bis Ende November zu verlassen.

    Uneinigkeit in der russischen Gemeinschaft zur Ukraine

    Reinhard Krumm ist Leiter der Friedrich-Ebert-Stiftung im Baltikum. Laut einer Studie der Stiftung geben in Lettland 48 Prozent der russischsprachigen Menschen an, ihr Bild von Russland habe sich seit Beginn der Invasion in der Ukraine verschlechtert. Die russische Gemeinschaft ist also eine gespaltene.
    "Es gibt schon eine Menge auch der russischsprachigen Minderheit, die das (die Ukraine - Anm. der Red.) unterstützt. Aber es gibt auch in den Gesprächen in der Familie - das haben wir abgefragt - eine ganze Menge von Menschen, die es weiterhin mit Russland halten", sagt Krumm.
    Russische Künstlerinnen in Lettland
    Viele Russen, die sich zu Hause nicht mehr sicher fühlen, gehen ins Exil nach Riga.08.08.2023 | 2:38 min

    Letten fordern mehr Integration

    Eine gewisse Russlandtreue - auch nach Jahrzehnten im Land und nach fast 20 Jahren in der EU also - und vor allem mangelnde Lettischkenntnisse. Das soll sich jetzt mit den verpflichtenden Sprachtests ändern. Wir fragen - nicht repräsentativ - in Liepaja Letten nach ihrer Meinung. "Wenn du beispielsweise britischer Staatsbürger werden willst", sagt Krista, "dann musst du auch einen Test ablegen. Wenn du in einem Land wohnst, musst du gewisse Kenntnisse vorweisen."
    Am meisten nervt die Letten, dass viele schon so lange im Land sind und nicht ihre Sprache sprechen: "Mit der Zeit hätte man das schon lernen können. Sie waren damals alle in ihren 30-ern, 40ern", sagt uns Gunars, "doch sie wollten es nicht lernen."

    Einzellösungen statt Ausweisungen?

    Ludmila ist mittlerweile mit dem Sprachtest fertig. Ist nicht gut gelaufen, glaubt sie. "Zum Beispiel war da ein Bild mit einem Jungen, der einen Elefanten anschaut. Wer braucht das? Ich hab das Wort vergessen. Als hätten wir hier Elefanten, die hier jeden Tag rumrennen."
    Tatsächlich ist sie durchgefallen, muss den Test wiederholen. Manch anderen droht die Ausweisung. Doch noch kann sich niemand so recht das Bild vorstellen von der russischen Babuschka, die an der Grenze nach Russland abgeschoben wird. Vermutlich wird es Einzelfalllösungen geben. Doch allein schon aus Prinzip will Lettland endlich, dass die Russen im Land Lettisch lernen.
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