Geplante Krankenhausreform:Warum die Länder Lauterbachs Pläne blockieren
von Kristina Hofmann
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Bundesgesundheitsminister Lauterbach hat sich Großes vorgenommen. Er will die Krankenhaus-Landschaft neu ordnen. Die Länder fühlen sich überrollt. Sie drohen mit Blockade.
Sie streiten sich um die Krankenhausreform: Karl-Josef Laumann (CDU, links) und Karl Lauterbach (SPD).
Quelle: dpa
Da sitzt er am Montag, breitbeinig und die Arme vor sich aufgestützt und verschränkt, auf dem Podium der Deutschen Krankenhausgesellschaft: "Wenn wir uns nicht einigen, sehen wir uns vor den Verfassungsorganen wieder."
Karl-Josef Laumann ist Gesundheitsminister in Nordrhein-Westfalen, CDU-Politiker und schaut ziemlich finster. Die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geplante Krankenhausreform passt ihm überhaupt nicht.
Behalten die Länder die Hoheit über die Krankenhausplanung oder nicht? Das ist für ihn die Kernfrage. Wenn nicht, so Laumann, gebe es keine Zustimmung im Bundesrat von den Ländern für Lauterbachs Reform. "Um das mal ganz klar festzustellen", schiebt Laumann noch hinterher. Und daran "werden die sich in Berlin gewöhnen müssen".
Prognose: Defizit von 15 Milliarden Euro
Dass die Krankenhauslandschaft reformiert werden muss, daran zweifelt niemand bei dieser Diskussion. Die Lage sei in vielen Häusern "dramatisch", sagt Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft, die zum Treffen eingeladen hat. Sie seien "dramatisch unterfinanziert", jahrelang sei nicht investiert worden, die steigende Inflation werde nicht ausgeglichen, die hohen Energiekosten ebenfalls nicht ausreichend.
Bis Ende März, rechnet Gaß vor, belaufe sich das Defizit auf 9 Milliarden Euro. Bis Ende des Jahres auf 15 Milliarden. Insolvenzen, so Gaß, seien durchaus wahrscheinlich. Und damit Lücken in der Versorgung vor allem auf dem Land.
Die Regierungskommission, die Lauterbach einberufen hatte, schlägt nun vor, dass alle 1.900 Krankenhäuser in drei Versorgungsstufen aufgeteilt und entsprechend finanziert werden sollen: kleine Häuser für die Grundversorgung, spezialisierte Häuser für bestimmten Behandlungen und Unikliniken.
Zudem sollen Vorhaltepauschalen eingeführt werden. Das heißt: Nur noch 40 Prozent der Behandlungen sollen nach dem Fallpauschalensystem abgerechnet werden. Damit will Lauterbach ökonomischen Druck von den Krankenhäusern nehmen. Und damit das System zum Teil rückgängig machen, was er selbst mit eingeführt hat.
Ohne Reform, sagt Lauterbach, sehe er für viele kommunale Häuser, "keine Perspektive":
Bis Sommer will er Eckpunkte des Gesetzes vorlegen. Bis Ende des Jahres sollen es Bundestag und Bundesrat verabschiedet haben. Wäre da nicht der Widerstand der Länder.
Jedes zweite Krankenhaus in Deutschland ist aus wirtschaftlichen Gründen nicht überlebensfähig. 14.02.2023 | 8:55 min
Länder fordern Öffnungsklauseln
Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Bayern haben ein verfassungsrechtliches Gutachten in Auftrag gegeben. Auch Niedersachsen signalisierte: Man werde keine Klinikstandorte schließen. Ihr Vorwurf: Der Bund greife zu sehr in die Hoheit der Länder ein, wenn er ihnen die Einteilung der Krankenhäuser in die verschiedenen Level vorschreibe. Die Kriterien müssten gemeinsam festgelegt werden.
Sie verlangen außerdem Öffnungsklauseln, die die regionalen Besonderheiten berücksichtigen. Und Zusagen, wer denn das ganze finanzieren solle.
Mittlerweile versuchen alle Seiten, Schärfe aus dem Konflikt zu nehmen. Auch Minister Laumann:
Man müsse nicht jedes Interview auf die Goldwaage legen, sagt Laumann. Lauterbach und er seien politische Profis genug, um mit der Situation umzugehen. Da war auch der Bundesminister schon auf den Landeskollegen zugegangen. Er sei an einer "fairen, guten Zusammenarbeit" interessiert.
Auch dass die Länder seine Reform schon für verfassungswidrig halten, bevor sie in Kraft ist, stört ihn nicht. Eine Überprüfung sei doch gut. Er freue sich, sagt Lauterbach, die Reform nun gemeinsam mit den Ländern, mit den Krankenhäusern "erleben und durchführen zu können".
Hat Lauterbach Lebenslauf frisiert?
Erleben und Durchführen. Ob das eine Anspielung auf die Recherchen der "Welt" ist, wonach Lauterbach bei der Bewerbung um eine Professur in Tübingen seinen Lebenslauf frisiert haben soll? Das Bundesgesundheitsministerium kommentierte die Berichte heute nicht.
Und auch Lauterbach höchstens indirekt, indem der Minister seine berufliche Herkunft betont. Er sei, sagt er, seit 25 Jahren "im Geschäft". Und er begrüßt die Ärzteschaft beim Krankenhausgipfel mit: "Liebe Kolleginnen und Kollegen".
Warum Lauterbachs Pläne zur Krankenhausreform vor allem Menschen auf dem Land hart treffen könnten:
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