Kabinettsbeschluss:Neues Klimaschutzgesetz: Was sich ändern soll
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Die Ampel hat ein neues Klimaschutzgesetz auf den Weg gebracht. Wo wurde entschärft? Werden nun Klimaziele verwässert? Wie geht es weiter? ZDFheute klärt die wichtigsten Fragen.
Das Kabinett hat heute Änderungen am Klimaschutzgesetz beschlossen. Statt verpflichtender Ziele für einzelne Wirtschaftsbereiche können andere Sektoren Verfehlungen ausgleichen. Umweltverbände kritisieren das.21.06.2023 | 2:04 min
Das seit dreieinhalb Jahren geltende Klimaschutzgesetz soll wieder abgeschwächt werden. Das Bundeskabinett brachte nun in Berlin eine Reform von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) auf den Weg, mit der die strengen jährlichen Sektorziele abgeschafft werden. Sie sollten für die Bereiche Energie, Industrie, Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft und Abfallwirtschaft gelten.
Was sind die wichtigsten Änderungen? Verwässert die Bundesregierung damit Deutschlands Klimaziele? Und wie geht es nun weiter? ZDFheute klärt die wichtigsten Fragen.
Der Expertenrat für Klimafragen veröffentlichte seinen CO2-Prüfbericht. Und es geht um die Frage, wie der Klimarat die Regierungsvorlage zur Anpassung des Klimaschutzgesetzes bewertet.17.04.2023 | 2:39 min
Was sind die wichtigsten Änderungen des Klimaschutzgesetzes?
Keine verbindlichen Ziele für einzelne Ressorts: Zielverfehlungen in einem Bereich sollen künftig mit Fortschritten in anderen Sektoren verrechnet werden. Das Einhalten der Sektorziele kann auch nicht mehr eingeklagt werden.
Keine Pflicht für Sofortprogramme: Ebenso entfällt die Pflicht für betroffene Ministerien, bei Zielverfehlungen Sofortprogramme für mehr Klimaschutz vorzulegen. Dies betrifft vor allem den Verkehrsbereich, der bei der Emissionsminderung massiv im Rückstand ist. Ein Nachsteuern bei projizierten Verfehlungen der Emissionsziele insgesamt ist künftig nur noch alle zwei Jahre erforderlich.
Neues Klimaschutzprogramm: Dies ist mit der Gesetzesänderung verknüpft und enthält eine Reihe zusätzlicher Maßnahmen zur Emissionsminderung. Diese reichen nach dem Eingeständnis der Regierung allerdings nicht aus, um die Emissionsziele für 2030 zu erfüllen.
Ist das eine Verwässerung der Klimaziele?
Ja, sagen Umweltverbände. Sie beklagen, dass verbindliche Sektorziele und Verantwortlichkeiten verwässert würden und die Bundesregierung erst nachsteuern muss, wenn Ziele zwei Jahre in Folge verfehlt wurden. Die Politische Geschäftsleiterin der Klima-Allianz Deutschland, Stefanie Langkamp, kritisiert: "Mit dem Streichen der verbindlichen Sektorziele kauft die FDP ihren Verkehrsminister davon frei, seinen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten - auf Kosten kommender Generationen und all jener, die schon heute unter der Klimakrise leiden."
Der stellvertretende Bundesvorsitzende der CDU und Sprecher der Unionsfraktion für Klimaschutz und Energie Andreas Jung beklagt:
CO2: Änderung seit 1990
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Wirtschaftsminister Robert Habeck argumentiert hingegen, das bisherige Gesetz habe nur auf dem Papier gut ausgesehen.
sagte er jüngst. Als Pluspunkt sieht er, dass die Regierung nun stärker im Blick behalten muss, ob das Gesetz für die Klimaziele 2030 auf Kurs ist und nicht nur Verfehlungen des jeweiligen Vorjahres nachhält.
Der Fraktionsvize der FDP, Christoph Meyer, lobte die Reform: "Wirkungsloser Klimaaktionismus in Form von Sofortprogrammen hat jetzt endlich ein Ende." Er hob die Bedeutung des europäischen Emissionshandels hervor, bei dem Unternehmen mit Rechten zum Ausstoß von Treibhausgasen nach Bedarf handeln können.
Wie geht es jetzt weiter?
Nach dem Beschluss im Kabinett ist der Bundestag am Zug. Dieser müsse dafür sorgen, dass das Gesetz wirksam bleibe, mahnte Heike Vesper von der Umweltschutzorganisation WWF: "Sollte die Rettung ausbleiben, bleibt eventuell nur wieder der Weg vors Gericht." SPD-Vertreter Miersch versicherte: "Ein Aufweichen der Klimaziele wird es mit der SPD-Fraktion nicht geben."
Wo steht die Welt beim Klimaschutz?
Nach dem Pariser Klimaabkommen von 2015 will die Weltgemeinschaft den Anstieg der globalen Temperaturen möglichst auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit begrenzen - gemeint ist der Zeitraum von 1850 bis 1900.
Dieses Ziel halten Wissenschaftler für kaum noch erreichbar. Zwischen 2011 und 2020 waren die Temperaturen auf der Erde bereits rund 1,1 Grad höher. Sollte der Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase nicht umgehend und tiefgreifend vermindert werden, könnten dem Weltklimarat zufolge die eigentlich für das Ende des Jahrhunderts anvisierten 1,5 Grad bereits in den 2030er Jahren überschritten werden.
Modelle ließen sogar erwarten, dass am Ende des 21. Jahrhunderts die Erwärmung bei 2,8 Grad liegen könnte. Zu den Folgen gehören Überschwemmungen, Dürren, Ernährungskrisen und Wasserknappheit.
Der weltweite Ausstoß von CO2 steigt weiter an: Für 2024 erwarten die Forschenden des Global Carbon Projects erneut einen Rekordwert. Welche Länder am meisten ausstoßen.