Habeck-Ministerium: Neuer Filz? "Fragen Sie sich selbst!"
Vorwürfe im Habeck-Ministerium:Neuer Filz? "Fragen Sie sich selbst!"
von Kristina Hofmann
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Ist Udo Philipp ein neuer Fall Graichen? Diesmal sieht es nicht so aus, dass Wirtschaftsminister Habeck noch mehr in Bedrängnis kommt. Denn die Vorwürfe der Opposition sind dünn.
Zwei Stunden musste Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) den Abgeordneten Rede und Antwort stehen.
Quelle: dpa
Die Vorwürfe klingen nach einem neuen Kapitel von Filz im Bundeswirtschaftsministerium. So sieht es jedenfalls die Opposition im Bundestag. Der Verdacht: Udo Philipp, Staatssekretär im Ministerium von Robert Habeck (Grüne), sei für die Start-up-Strategie zuständig und selbst an Start-up-Firmen beteiligt, von denen ein Unternehmen eine Förderung aus Habecks Haus bekommen hat.
Und: Er habe einen Geschäftsführer in einen Beirat berufen, in dessen Investmentfonds er Geld investiert hat. Profitiert er also von seinen Firmenbeteiligungen? Oder umgekehrt: Profitieren die Firmen und am Ende er selbst davon und verstößt er damit gegen die Compliance-Regeln des Ministeriums?
Bei einer gemeinsamen Sitzung der Bundestagsausschüsse für Klimaschutz und Wirtschaft werden Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und sein Staatssekretär Udo Philipp befragt.24.05.2023 | 126:53 min
Verstöße gegen Compliance-Regeln?
Zwei Stunden stellen zwei Ausschüsse des Bundestages in einer öffentlichen Sitzung Habeck und der gesamten Spitze seines Hauses viele Fragen zu dem Fall. Nachdem man sich erst 20 Minuten gestritten hat, wer wann welche und wie lange Fragen stellt. Die Union hatte vorher mit einem Untersuchungsausschuss gedroht.
Die AfD-Bundestagsabgeordnete Beatrix von Storch war sich sicher: Die Verflechtungen sind noch größer als bei Graichen. "Der Anfang vom Rücktritt Habecks" sei das, so von Storch.
Danach sieht es vorerst nicht aus. Denn große Verstöße gegen die Compliance-Regeln konnten die Abgeordneten weder dem Staatssekretär noch dem Minister nachweisen.
Ministerium bescheinigt: Alles sauber
Philipp hat, so sagt er es, noch bevor er ins Amt berufen worden ist, seine Firmenbeteiligungen offengelegt und mögliche Verstöße überprüfen lassen. Alles sauber, hieß es damals. Das gebe es schriftlich, heißt es aus dem Ministerium, und soll den Abgeordneten nun auch offengelegt werden.
Konkret geht es dabei um vier Firmen, an denen er Anteile von 4,1 bis 13,6 Prozent hält. Eine davon, die African GreenTec AG, hatte eine Förderung vom Bundeswirtschaftsministerium erhalten.
Allerdings sei eine völlig andere Abteilung damit befasst gewesen, nicht er selbst, sagt Philipp. Er habe keine Kenntnis davon gehabt, dass ein Förderantrag gestellt worden sei. "Bei mir kam das nicht an", betont er. Ohnehin seien seine Beteiligungen so gering, manche Unternehmen hätten noch nie eine Dividende ausgeschüttet:
Erst fünf, dann zwei Vorschläge für Beirat
Der zweite Vorwurf: Philipp habe Geld in einen Investmentfonds investiert, dessen Gründer nun Berater im Beirat "Junge Digitale Wirtschaft" des Ministeriums ist. Ihm sei wichtig gewesen, so Habeck, dass in diesen Beirat jemand aus der Start-up-Studierenden-Szene komme, und er habe seine Staatssekretäre aufgefordert, jemanden zu suchen. Philipp habe Sebastian Böhmer vorgeschlagen.
Dessen Einfluss, so Habeck, sei jedoch gering: Er sei einer unter 29 Mitgliedern, die ehrenamtlich das Ministerium beraten. Allerdings: Erst sprach Philipp in der Ausschusssitzung von insgesamt fünf Vorschlägen, später waren es laut Habeck dann doch nur noch zwei.
Für Minister Habeck ist entscheidend: Ist das dienstliche Handeln von privaten Interessen beeinflusst? "Für Udo Philipp kann ich das klar verneinen." Dass Beamte an Aktienfonds beteiligt sind, sei schließlich nicht verboten. Philipp, der nach seiner Tätigkeit bei der Treuhand und verschiedenen Unternehmen Staatssekretär im Finanzministerium Schleswig-Holstein war, sei an Fonds beteiligt, die von Banken verwaltet werden. Das habe er offengelegt.
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Habeck bietet härtere Regeln an
Habeck bot in der mehrstündigen Sitzung mehrfach an, grundsätzlich über das Thema zu reden. Auch Beamten, Minister, Staatssekretäre müssten ihre Aktienfondsbeteiligungen schließlich nicht öffentlich bekannt geben. Auch wenn sie bei der Gewährung von Staatskrediten oder Hermesbürgschaften vielleicht indirekt eventuell davon profitieren.
Niemand müsse seine Fondsbeteiligung oder Privatkredite bei Amtsantritt veröffentlichen. "Fragen Sie sich selbst", so Habeck. Nicht nur seinen Staatssekretär.
Union mahnt mehr "Sensibilität" an
Der FDP zumindest scheint erst einmal die Lust daran vergangen zu sein. Der Minister und sein Staatssekretär seien "kritisch befragt" worden und hätten "befriedigend geantwortet", so FDP-Obmann Reinhard Houben. Habecks Vorschlag, die härteren Compliance-Regeln aus dem Bundeswirtschaftsministerium auf alle Ressorts zu übertragen, unterstütze man.
Die Opposition sieht das anders. Der Obmann der AfD, Leif-Erik Holm, sprach von einer "Farce" und forderte die Union auf, gemeinsam einen Untersuchungsausschuss zu beantragen. Die Linke wollen bei den Fondsbeteiligungen weiter nachbohren. Und die Union beklagt, dass viele Fragen unbeantwortet geblieben seien. "Nicht die Compliance-Regeln sind das Problem, sondern wie man damit umgeht", so Julia Klöckner (CDU). Die Sensibilität im Ministerium sei "nicht hoch genug".