Trump in Georgia angeklagt: Vorwurf der Wahlbeeinflussung

    Vorwurf der Wahlbeeinflussung:Trump als Bandenführer angeklagt

    ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen
    von Elmar Theveßen, Washington
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    Die Staatsanwaltschaft in Georgia hat Anklage gegen Donald Trump und 18 weitere mutmaßliche Verschwörer erhoben. Der Ex-Präsident muss bis 25. August vor den Haftrichter treten.

    Unspektakulärer geht es kaum, und gleichzeitig doch auch kaum dramatischer. Ché Alexander macht Überstunden. Um kurz nach 21 Uhr bestätigt die Gerichtsschreiberin per Unterschrift den Erhalt von Dokumenten. Eine Mitarbeiterin des Sheriffs von Fulton County trägt den kleinen Stapel durch die Flure in den Saal von Richter Robert McBurney.
    Er blättert durch die Papiere und fragt: "Ist alles so gelaufen, wie es laufen sollte bei der Grand Jury? Prima." Dann darf Ché Alexander alles mitnehmen. Sie trägt ein orangefarbenes Kleid.

    41 Anklagepunkte gegen Trump in Georgia

    Orange ist in den USA oft auch die Farbe der Overalls für Strafgefangene. Das könnte am Ende dieses Verfahrens gegen Donald Trump im US-Bundesstaat Georgia stehen - wenn er denn verurteilt wird. Nun also Anklage Nummer Vier, und die hat es in sich: Wahlbetrug, Nötigung, Anstiftung zur Verletzung des Amtseids, insgesamt 41 Anklagepunkte auf der Grundlage von 161 systematischen, organisierten Straftaten.
    Gerade letzteres ist bemerkenswert. Die Geschworenen haben der Staatsanwältin Fani Willis grünes Licht für eine Strafverfolgung nach dem sogenannten "RICO-Act" gegeben, ein Gesetz, das einmal zur Bekämpfung des Organisierten Verbrechens geschaffen wurde. Und so beschreibt die knapp 100-seitige Anklageschrift eine breitangelegte Verschwörung unter Führung von Donald Trump.

    Der sogenannte Racketeer Influenced and Corrupt Organizations Act (kurz RICO oder RICO-Act) wurde im Jahre 1970 als Bundesgesetz zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens erlassen. Es ermöglichte es Staatsanwälten, Personen in einflussreichen Positionen innerhalb einer kriminellen Vereinigung ins Visier zu nehmen.

    Wenige Jahre nach dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes, begannen US-Staaten damit, ihre eigenen Rico-Gesetze zu verabschieden. Nach dem Rico Act, der in Georgia 1980 wirksam wurde, ist es eine Straftat, sich durch ein "Muster der illegalen Aktivität" an einem "Unternehmen" zu beteiligen, es sich anzueignen oder Kontrolle darüber zu erhalten - oder sich zu einem solchen Vorhaben zu verabreden.

    Ein "Unternehmen" oder "Unterfangen" kann eine Einzelperson oder eine Gruppe gleichgesinnter Individuen mit einem gemeinsamen Ziel sein. "Illegale Aktivität" bedeutet, eines der mehr als drei Dutzend im Gesetzestext aufgeführten Verbrechen zu begehen, es zu versuchen oder jemand anderes dazu zu verleiten, zu zwingen oder einzuschüchtern, damit er die Tat verübt. Mindestens zwei solcher Straftaten müssen für ein "Muster der illegalen Aktivität" vorliegen.

    Quelle: AP

    Neben Trump 18 weitere Personen angeklagt

    Insgesamt 19 Angeklagte sind aufgeführt, unter ihnen die Rechtsberater des abgewählten Ex-Präsidenten Rudy Giuliani, Jenna Ellis, Sidney Powell, John Eastman. Aufhorchen lässt neben dem Namen des ehemaligen stellvertretenden Verteidigungsministers Jeffrey Clark vor allem der von Donald Trumps Stabschef im Weißen Haus - Mark Meadows.
    Gemeinsam sollen sie alles getan haben, um die Wähler in Georgia und in den gesamten USA um ihre Wählerstimmen zu betrügen - mit ihren Taten, von der Einschüchterung von Wahlhelfern über die Auswahl von falschen Wahlfrauen und -männern bis zum Umsturzversuch vom 6. Januar 2021.

    Zentraler Anklagepunkt: Berüchtigter Trump-Anruf bei Wahl 2020

    Einer der wichtigsten Anklagepunkte dreht sich um jenen berüchtigten Anruf Donald Trumps vom 2. Januar 2021, bei dem der Wahlverlierer den republikanischen Innenminister von Georgia Brad Raffensperger unter Druck setzte, ihm doch "11.780 Stimmen zu finden", um ihm zum Wahlsieg zu verhelfen.






    Alle Verschwörer, so die Staatsanwältin Fani Willis bei einer Pressekonferenz im Gerichtsgebäude von Atlanta, hätten sich an "dem kriminellen Unterfangen" beteiligt, um es Donald Trump zu ermöglichen, eine weitere Amtszeit "zu stehlen".

    Republikaner macht in Georgia Aussage gegen Trump

    Vor der Grand Jury hatte sogar der ehemalige stellvertretende Gouverneur von Georgia, Geoff Duncan, gegen Trump ausgesagt. Der Republikaner legt jetzt nach Bekanntwerden der Anklage öffentlich nach. Duncan sagte beim US-Fernsehsender CNN:

    Er hat die Moral aus der Republikanischen Partei gesaugt.

    Geoff Duncan, ehemaliger stellvertretender Gouverneur von Georgia

    "Er hat uns alles weggenommen und jetzt müssen wir es uns zurückholen. Jetzt ist es an uns, Wahlen wieder auf der Grundlage von politischen Konzepten zu gewinnen." Seine Empörung ist spürbar, als er seine Parteifreunde auffordert, sich endlich von Trump loszusagen:

    Wenn wir diesen Drei-Manegen-Donald-Trump-Zirkus weiter zulassen, werden wir verlieren, verlieren und wieder verlieren.

    Geoff Duncan, ehemaliger stellvertretender Gouverneur von Georgia

    Geoff Duncan verlässt den Gerichtssaal in Georgia, begleitet von Journalisten
    Der ehemalige stellvertretende Gouverneur von Georgia, Geoff Duncan, nach seiner Aussage vor Gericht gegen Donald Trump.
    Quelle: AP

    Trumps Wahlkampfteam widerspricht Vorwürfen

    Trumps Wahlkampfteam schießt mit der gleichen Munition zurück wie schon bei früheren Anklagen: Die Vorwürfe seien haltlos, die korrupten Demokraten wollten ihm sein Recht auf Meinungsfreiheit und Überprüfung der Wahl stehlen. Das sei "Wahleinflussnahme" und "Wahlmanipulation", "der Versuch der herrschenden Klasse, die Wahl des Volkes zu unterdrücken. Das ist unamerikanisch und falsch."
    Doch das hilft Trump wenig. Bis Freitag, den 25. August, 12 Uhr Ortszeit müssen er und seine Mitangeklagten vor Gericht in Atlanta erscheinen. Nach seiner offiziellen Verhaftung kann der mutmaßliche Rädelsführer dann auf "nicht schuldig" plädieren und sich voraussichtlich wegen mangelnder Fluchtgefahr wieder in den Wahlkampf stürzen.

    Georgia: Attentate durch Trump-Anhänger befürchtet

    Die Sicherheitsbehörden befürchten Ausschreitungen, ja sogar Attentate durch Anhänger des Ex-Präsidenten. Deshalb sind Schutzmaßnahmen um das Gerichtsgebäude in den vergangenen Tagen massiv verschärft worden. Die Staatsanwältin wird von Leibwächtern begleitet, auch weil Donald Trump sie in den vergangenen Tagen massiv beschimpft und diffamiert hatte.
    Aber bei ihrer Pressekonferenz wies Fani Willis, die der demokratischen Partei angehört, alle Vorwürfe zurück, ihre Ermittlungen seien politisch motiviert: "Eine Anklage ist nichts anderes als eine Serie von Anschuldigungen, basierend auf der Entscheidung der Geschworenen, dass ausreichender Tatverdacht vorliegt. (…) Es ist nun die Pflicht meines Büros, diese Anschuldigungen der Anklage in einem Prozess zweifelsfrei zu belegen."

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