Experten: Nord- und Ostsee nutzen und schützen - geht das?
FAQ
Zukunft von Nord- und Ostsee:Experten: Meere verändern sich gravierend
von Julius Schiedat
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Industrie, Schifffahrt, Energieerzeugung: In den nächsten 25 Jahren rechnen Forscher mit gravierenden Veränderungen in Nord- und Ostsee. Das sind die Hauptprobleme - ein Überblick.
Das Hauptfanggerät in der Küstenfischerei ist die Baumkurre (Schleppnetz). Foto: Uni Kiel
Quelle: www.uni-kiel.de
Meereswissenschaftler erwarten in den nächsten 25 Jahren einen massiven Wandel in Nord- und Ostsee: Laut Professorin Corinna Schrum vom Helmholtz-Zentrum Hereon werden sich die beiden Meere in den kommenden 25 Jahren "gravierend" verändern. Ursächlich dafür sind zum einen die Folgen des Klimawandels.
Weitere Herausforderungen sieht die Sprecherin der DAM-Forschungsmission durch die vermehrte Nutzung der Meere durch Industrie, Schifffahrt, Militär und die Energieerzeugung. Corinna Schrum betont:
Welche Rolle spielen Windparks?
Die Energiewende und die Sicherung der Energieerzeugung haben zu einem beschleunigten Ausbau der Offshore-Energiegewinnung geführt. Die Forschungsmission beobachtet bereits heute Auswirkungen auf Meeresströmungen, Meeresboden und Lebensräume durch diesen Ausbau.
Die Küstenfischerei ist ein wichtiges Kulturgut - nun soll sie nachhaltiger werden.
Quelle: www.uni-kiel.de
Im weiteren Verlauf der Forschung planen die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen verstärkt die intensive Nutzung der Küstengewässer zu untersuchen und an Schutzkonzepten für den Meeresraum zu arbeiten.
Wie steht es um die Munitionsaltlasten?
Vor jeder Offshore-Installation wird der Meeresboden nach Munition abgesucht. Ist Munition im Weg, wird diese im Optimalfall geborgen und entsorgt. Ist dies nicht möglich, wird versucht, um die Munition herum zu bauen.
In der Nord- und Ostsee liegen schätzungsweise 1,6 Millionen Tonnen Munition. Der größte Teil stammt aus dem Zweiten Weltkrieg. Diese Altlasten liegen den Ausbauplänen für Offshore-Windparks nun wortwörtlich im Weg. Professor Jens Greinert vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel sagt:
Um die Munitionsräumung zu beschleunigen, ist nun eine Pilotplattform geplant. Auf dieser Plattform könne die gesammelte Munition direkt auf dem Meer schadstofffrei vernichtet werden und sie müsse nicht erst noch an Land gebracht werden, so Greinert weiter. Er ist auch Leiter des Projektes CONMAR zum Thema Munition im Meer.
Noch immer liegen Munitionsreste aus den beiden Weltkriegen auf dem Meeresgrund von Nord- und Ostsee. Forscher des Projekts „North Sea Wrecks“ sind der Frage nachgegangen, welche Gefahr davon ausgeht.20.04.2023 | 1:47 min
Bei der Tagung wird deutlich: Mit der Bergung der Munition sollte so schnell es geht begonnen werden.
Erstens wird die Munition mit der Zeit instabiler und dadurch schwieriger zu bergen.
Zweitens führt die Zersetzung der Munitionshüllen zu dem Problem, dass vermehrt Schadstoffe in die Meere und damit auch in die Lebewesen gelangen.
Seit Dezember 2021 untersuchen mehr als 250 Wissenschaftler*innen die Nutzung und die Verschmutzung der deutschen Meeresgebiete.
Forschende aus 28 Institutionen und 40 Arbeitsgruppen arbeiteten erstmals gemeinsam zusammen.
Sieben Projekte, die die Zukunft der Nord- und Ostsee behandeln, ergaben sich aus der Zusammenarbeit.
Das Bundesforschungsministerium fördert das Vorhaben in seiner ersten dreijährigen Phase mit 25 Millionen Euro.
Hat die Fischerei wirklich eine Zukunft?
Ja, sagt Professorin Corinna Schrum: "Fischerei und Meeresschutz können auch miteinander und nebeneinander bestehen." Es brauche allerdings mehr echte Schutzräume, in denen nachhaltiger oder weniger gefischt wird. Bisher darf auch in den Schutzräumen konventionell gefischt werden.
Bei der Forschungsmission wurde erstmalig ein ganzheitlicher Zustand dieser Schutzgebiete erfasst. Auf dieser Basis kann ermittelt werden, wie sich beispielsweise ein Ausschluss der Schleppnetzfischerei auf die Biodiversität und die Meeresböden in den Gebieten auswirkt.
Julius Schiedat ist Redakteur im ZDF-Landesstudio Schleswig-Holstein in Kiel.
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