Die linke Fraktionsvorsitzende Amira Mohamed Ali will nicht mehr antreten. Warum das für eine Wagenknecht-Partei spricht und ein Ende der Linksfraktion nun schnell kommen könnte.
Die Linken-Vorsitzenden Janine Wissler (r.) und Martin Schirdewan stehen mit ihrer Partei am Scheideweg.
Mohamed Ali hätte wohl ohnehin kaum Chancen auf Wiederwahl am 4. September an die Fraktionsspitze gehabt. Und doch scheint ihr Rückzug die Fraktion dem Ende nochmal ein Stück näher zu bringen. Oder wie Klaus Ernst, ein Wagenknecht-Vertrauter mit großen Sympathien für eine Parteineugründung, sagt:
Die permanenten Versuche des Parteivorstands, den neuen Kurs der Fraktion aufzuzwingen, führt letztlich auch zum Rückzug von Menschen aus Führungspositionen. Er wird den Niedergang der Linken wohl beschleunigen.
„
Klaus Ernst (Linke), Bundestagsabgeordneter
Ein anderer Vertrauter, der Abgeordnete Alexander Ulrich, fügt hinzu: "Wir hoffen auf Sahra Wagenknecht".
Durchaus vorstellbar, dass nun auch Amira Mohamed Ali sich mit ihrem Schritt frei macht, um bei einem neuen Parteiprojekt dabei zu sein. Von Wagenknechts Parteigründungs-Gedankenspielen hat sie sich nie distanziert.
Hätte sie als Fraktionsvorsitzende aber müssen, sagt der ehemalige Parteichef Bernd Riexinger:
Klar muss auch sein, dass eine Fraktionsvorsitzende nicht akzeptieren darf, dass aus der eigenen Partei heraus eine Konkurrenzpartei gegründet wird.
„
Bernd Riexinger (Linke), ehemaliger Parteichef
Linken-Abgeordneter: "Die Hoffnung stirbt zuletzt"
Deutlich auf Distanz zur Parteispitze war Mohamed Ali zuletzt gegangen, als der Parteivorstand im Juni beschloss: "Die Zukunft der Linken ist eine Zukunft ohne Sahra Wagenknecht." Den Beschluss nannte Mohamed Ali damals "einen großen Fehler".
Sie habe sich mit dieser Positionierung ins Abseits gestellt, heißt es nun in der Parteispitze, die das Vorschlagsrecht für die neue Fraktionsspitze hat. Und doch bekommt Mohamed Ali für ihre Entscheidung auch Zustimmung, und zwar nicht nur vom harten Kern des so genannten "Wagenknecht-Lagers".
Die gesundheitspolitische Sprecherin und stellvertretende Fraktionsvorsitzende Susanne Ferschl und der Leipziger Direktkandidat Sören Pellmann erklären, sie hätten Verständnis für Mohamed Alis Entscheidung.
Pellmann hofft, so schreibt er auf Twitter, dass ihr Schritt "nun endlich zum Nachdenken bei den Mitgliedern des Parteivorstandes führt." Und endet bitter: "Die Hoffnung stirbt zuletzt."
Amira Mohamed Alis Entscheidung gegen eine erneute Kandidatur für den Fraktionsvorsitz ist nur ein Teil der Linken-Krise.
Quelle: dpa
"Radikaler als die Grünen" - Wasser auf die Mühlen
Am 10. Juni hatte die Parteispitze den Bruch mit Wagenknecht vollzogen. Mohamed Ali sieht darin "den Wunsch und das Ziel, einen Teil der Mitgliedschaft bewusst aus der Partei zu drängen."
Es war ein Bruch, von dem aus die Parteiführung die "inhaltliche Klärung" weiter betrieben hat. Zuletzt mit der Entscheidung, die parteilose Klima- und Flüchtlingsaktivistin Carola Rackete zur Kandidatin für die Europawahl aufzustellen.
Oder mit der klaren Positionierung als Klimaschutzpartei. Seine Partei sei beim Klimaschutz "radikaler als die Grünen", hatte Parteichef Martin Martin Schirdewan im ZDF-Sommerinterview gesagt. Für die, die vor einer "Grünisierung" der Linken warnen, war das Wasser auf die Mühlen.
Wagenknecht: Linke bald nur noch bedeutungslose Splitterpartei
Sahra Wagenknecht selbst nimmt die Entscheidung Mohamed Alis heute zum Anlass, um gegenüber dem ARD-Hauptstadtstudio noch einmal nachzulegen:
Der Kurs der Parteiführung, vor allem um junge Klimaaktivisten zu werben und die Vernachlässigung der Probleme normaler Bürger, die angesichts der desaströsen Politik der Ampel Angst um ihre Zukunft haben, wird zu weiteren Wahlniederlagen führen und macht die Linke perspektivisch zu einer bedeutungslosen Splitterpartei.
„
Sahra Wagenknecht
Wie geht es bei der Linken nun weiter?
Kurz nach Amira Mohamed Alis Entscheidung haben die Parteichefs Janine Wissler und Martin Schirdewan eine dürre Erklärung abgegeben:
Wir nehmen die Ankündigung von Amira Mohamed Ali, nicht mehr für den Fraktionsvorsitz zu kandidieren, mit Respekt zur Kenntnis.
„
Erklärung der Linken-Parteispitze
Für weitere Interviews standen sie erstmal nicht zur Verfügung.
Vor die Presse tritt heute der linke Klimapolitiker und stellvertretende Parteivorsitzende Lorenz Gösta Beutin. Auch er klingt ganz nach Abschied und Ende:
Wir werden darum kämpfen, so viele Menschen wie möglich in unserer Partei zu halten. Mag sein, dass eine Minderheit in dieser Partei einen anderen Weg geht, in ein anderes Projekt. Das können wir dann an diesem Punkt nicht verhindern.
Der Rückzug von Amira Mohamed Ali hat einmal mehr "inhaltlich geklärt": es passt nicht mehr zusammen, was - noch - per Parteibuch zusammen gehört. Das Ende kann sehr schnell gehen.
Andrea Maurer ist Redakteurin im ZDF-Hauptstadtstudio.
Um dir eine optimale Website der ZDFmediathek, ZDFheute und ZDFtivi präsentieren zu können, setzen wir Cookies und vergleichbare Techniken ein. Einige der eingesetzten Techniken sind unbedingt erforderlich für unser Angebot. Mit deiner Zustimmung dürfen wir und unsere Dienstleister darüber hinaus Informationen auf deinem Gerät speichern und/oder abrufen. Dabei geben wir deine Daten ohne deine Einwilligung nicht an Dritte weiter, die nicht unsere direkten Dienstleister sind. Wir verwenden deine Daten auch nicht zu kommerziellen Zwecken.
Zustimmungspflichtige Datenverarbeitung • Personalisierung: Die Speicherung von bestimmten Interaktionen ermöglicht uns, dein Erlebnis im Angebot des ZDF an dich anzupassen und Personalisierungsfunktionen anzubieten. Dabei personalisieren wir ausschließlich auf Basis deiner Nutzung der ZDFmediathek, der ZDFheute und ZDFtivi. Daten von Dritten werden von uns nicht verwendet. • Social Media und externe Drittsysteme: Wir nutzen Social-Media-Tools und Dienste von anderen Anbietern. Unter anderem um das Teilen von Inhalten zu ermöglichen.
Du kannst entscheiden, für welche Zwecke wir deine Daten speichern und verarbeiten dürfen. Dies betrifft nur dein aktuell genutztes Gerät. Mit "Zustimmen" erklärst du deine Zustimmung zu unserer Datenverarbeitung, für die wir deine Einwilligung benötigen. Oder du legst unter "Einstellungen/Ablehnen" fest, welchen Zwecken du deine Zustimmung gibst und welchen nicht. Deine Datenschutzeinstellungen kannst du jederzeit mit Wirkung für die Zukunft in deinen Einstellungen widerrufen oder ändern.