Ministerpräsident Woidke hat alles auf eine Karte gesetzt und gewinnt mit der SPD die Wahl vor der AfD. Die CDU verliert, Grüne müssen zittern, die Linke fliegt aus dem Landtag.22.09.2024 | 2:46 min
Bei der
Landtagswahl in Brandenburg behauptet sich die
SPD im Zweikampf mit der AfD als stärkste politische Kraft. Die
CDU hat Verluste, und das
BSW schafft auch hier ein starkes Debüt.
Linke,
Grüne und
FDP verlieren deutlich. Genau wie bei den BVB/FW ist am frühen Abend noch offen, welche der kleineren Parteien gegebenenfalls auch über Direktmandate in den Landtag einziehen werden. Wie schon in
Sachsen und
Thüringen steigt die Wahlbeteiligung stark an.
SPD-Ergebnis: Wenig Bund und ganz viel Woidke
In
Brandenburg gelingt der SPD die Entkopplung vom negativen Bundestrend. Neben hohem Ansehen als Landespartei, passabler Regierungsarbeit und Sachkompetenz heißt der Hauptgrund dafür
Dietmar Woidke: Gestützt auf hohe Reputation (+5/-5-Skala: 1,7; 2019: 1,6) und überzeugende Leistungen (gute Arbeit: 68 Prozent) wollen 60 Prozent der Befragten Woidke wieder als Ministerpräsidenten. Nur 19 Prozent sind hier für AfD-Mann Hans-Christoph Berndt, der massiv polarisiert und auch beim Ansehen (minus 1,3) nicht annähernd konkurrenzfähig ist.
AfD-Wahlmotive: Mehr Überzeugung und weniger Protest
Inhaltlich hat die AfD ebenfalls wenig zu bieten. Auch wenn sie jetzt weitaus häufiger aus Überzeugung und weniger aus Protest gewählt wird, kann sich die AfD praktisch nur beim Thema Flüchtlinge profilieren. Begleitet von ökonomischen Abstiegsängsten und dem Gefühl der Benachteiligung sagen im AfD-Lager 88 Prozent (alle: 54 Prozent), für Flüchtlinge werde "zu viel getan".
Wie schon in Sachsen und Thüringen ist die Stimmung aber auch insgesamt gekippt: Nach Meinung von 63 Prozent (2019: 35 Prozent) aller Befragten kann Brandenburg die "vielen Flüchtlinge nicht verkraften". Und 62 Prozent bezweifeln, dass jetzt - wie von der Bundesregierung geplant - tatsächlich mehr Flüchtlinge zurückgewiesen werden.
Bundespolitik: Ampel-Kritik und schwache Führung
Bei relativ viel Gewicht der Bundespolitik zumindest im AfD-, CDU- und BSW-Wählerlager ist der Frust über die Ampel auch in Brandenburg groß. 78 Prozent aller Befragten sehen in der Politik der Bundesregierung einen Grund für die AfD-Stärke. Allerdings wäre die AfD für 64 Prozent auch weniger stark, wenn die Union im Bund bessere Politik machen würde. Zu den inhaltlichen Defiziten kommt schwache Führung: CDU-Chef
Friedrich Merz (minus 0,5) und - noch weitaus mehr - Bundeskanzler
Olaf Scholz (minus 1,1) haben in Brandenburg ein Negativimage.
Landespolitik: SPD mit atypischen Qualitäten
Doch während die Befragten bei der CDU fast nicht zwischen Bund (0,6) und Land (0,6) unterscheiden, kann sich die SPD in Brandenburg (1,3) vielsagend deutlich vom schlechten Standing der Bundes-SPD (minus 0,4) absetzen. Inhaltlich punktet die SPD vor Ort mit "Sozialer Gerechtigkeit", "Bildung" und "Zukunft".
Sogar bei "Wirtschaft" - andernorts oft CDU-Domäne - erzielt die SPD die meiste Sachkompetenz. Grüne und BVB/FW sind überall schwach, wobei 86 Prozent für das schlechte Grünen-Ergebnis die Grünen im Bund verantwortlich machen.
AfD und BSW: Erfolgsthemen Flüchtlinge und Russland
Beim Thema "Flüchtlinge/Asyl" setzen nun auch in Brandenburg die meisten auf AfD-Politik. Das BSW hat sachpolitisch keine besonderen Stärken, aber eine Klientel, die genau wie das AfD-Lager fast geschlossen weniger westliches Ukraine-Engagement will und die weitaus häufiger als SPD-, CDU-, Linke- oder Grünen-Anhänger glaubt, dass Gespräche mit Russlands Präsident Wladimir Putin für ein Ende des Krieges viel bringen würden.
Wer wählte wen: Starke Alter- und Geschlechtsunterschiede
Die Basis für den SPD-Erfolg legt die Generation 60plus: In dieser besonders beteiligungsstarken Altersgruppe ist die SPD mit 43 Prozent rund doppelt so stark wie bei den unter 30-Jährigen mit 21 Prozent, wobei die SPD gerade hier klar zulegen kann.
Die AfD kommt bei den unter 30-Jährigen auf 30 Prozent, die CDU erzielt hier neun Prozent, verliert aber vor allem in den Altersgruppen ab 30 Jahren aufwärts. Die Linke hat ihre stärksten Verluste bei den ab 60-Jährigen, bei den unter 30-Jährigen kommt die Linke auf neun, die Grünen auf sieben, das BSW auf zwölf und BVB/FW auf zwei Prozent.
Während 34 Prozent der Frauen und 30 Prozent der Männer SPD wählen, ist die AfD bei Männern deutlich stärker als bei Frauen (34 bzw. 24 Prozent). Wie gewohnt rekrutiert die AfD besonders erfolgreich unter Männern mittleren Alters. Bei den ab 60-jährigen Frauen kommt die AfD nur auf 18 Prozent.
Wahlverhalten nach ...
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Regierungsverantwortung: BSW ohne Mehrwert
Was die nächste Landesregierung betrifft, gibt es gegenüber allen Koalitionsmodellen Vorbehalte. Grundsätzlich fänden es 42 Prozent gut, wenn das BSW an einer Regierung beteiligt wäre (schlecht: 30 Prozent; egal: 24 Prozent).
Würde das BSW mitregieren, erwarten aber lediglich 26 Prozent bessere Politik. Mit Blick auf die AfD sind 56 Prozent gegen eine Beteiligung dieser Partei an der Regierung (gut: 33 Prozent; egal: acht Prozent), wobei sich die Distanz nicht nur qualitativ erklärt: Insgesamt 58 Prozent - und rund drei Viertel aller Nicht-AfD-Wähler - sehen in der AfD eine Gefahr für die Demokratie.
Die Zahlen basieren auf einer Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen unter 1.427 zufällig ausgewählten Wahlberechtigten in Brandenburg in der Woche vor der Wahl (telefonisch/online) sowie auf der Befragung von 16.864 Wähler am Wahltag.