Haushaltsentwurf im Bundestag:Lindner verteidigt seinen Sparkurs
|
Christian Lindner bringt im Bundestag den Haushaltsentwurf für 2024 ein, ZDFheute überträgt live. Der Finanzminister verteidigt seinen Sparkurs.
Die Haushaltsdebatte im Bundestag live. 19.10.2024
Finanzminister Christian Lindner (FDP) hat die Pläne der Ampel-Koalition für einen Kurswechsel in der Haushaltspolitik verteidigt. "Wir müssen uns neu fokussieren", sagte der FDP-Vorsitzende am Dienstag zum Auftakt der Haushaltswoche im Bundestag. Deswegen werde im Kernhaushalt die Schuldenbremse wieder eingehalten.Vorgesehen sind Ausgaben in Höhe von 445,7 Milliarden Euro.
Lindner erklärte seine Grundüberlegungen so:
Das was er heute vorlege, sei nur ein erster Schritt hin zur Normalisierung der Wirtschaftsleistung.
Linder: Von Kahlschlag kann keine Rede sein
Lindner gab zu, dass es viele Bedenken und viel Kritik an seinen Plänen gebe. Aber:
Von einem Kahlschlag, wie vielfach behauptet, könne keinesfalls die Rede sein. Es erscheine ihm, dass mit den Krisen der vergangen Jahre eine wachsende Erwartungshaltung an den Staat einhergegangen sei. Es müsse jetzt wieder eine vernünftige Balance zwischen Staats- und Privatleistungen gefunden werden.
Schuldenzinsen bei 37 Milliarden Euro
Lindner verwies auf die rasant steigenden Ausgaben für den Schuldendienst. Im kommende Jahr rechne er mit 37 Milliarden Euro Kosten allein für Zinsausgaben. Im Vergleich zu 2021 sei dies eine Verzehnfachung. "Die Zinskosten im Haushalt sind mittlerweile doppelt so hoch wie der Etat der Bildungs- und Forschungsministerin", sagte er.
Die Verschuldung dürfe nicht einfach von Krise zu Krise ansteigen, betonte Lindner. Mit einer Neuverschuldung von 16,6 Milliarden Euro will Lindner nach Jahren krisenbedingter Ausnahmen die Schuldenbremse das zweite Jahr in Folge einhalten. Einschnitte gibt es dafür vor allem bei den Bundeszuschüssen für die Sozialversicherungen. So soll der Zuschuss für die Pflegeversicherung komplett entfallen, der Zuschuss für die Rentenversicherung gekürzt werden.
Lindner: "Fiskalische Resilienz gewinnen"
Es sei wichtig gewesen in Zeiten der Krise fiskalisch gegenzusteuern, jetzt müsse man aber aber wieder "fiskalische Resilienz gewinnen". Wichtig sei, durch solide Haushaltpolitik die Glaubwürdigkeit gegenüber den internationalen Kapitalmärkten aufrecht zu erhalten. Nur so sei die positive Bewertung Deutschlands haltbar. Lindner sagte abschließend, sein Haushaltsentwurf sei "mit Mut statt Leichtsinn" entstanden.
Middelberg: Keine einheitliche Linie
Die Rede des Finanzministers sei eine Rede an die FDP gewesen, warf Mathias Middelberg von der Union Lindner vor. Er kritisierte:
Es seien gerade mal 3,5 Milliarden Euro, die wirklich gespart würden, der Rest seien einfach nur Verschiebungen. Der wirkliche Mut, den Menschen ehrlich zu sagen, wie ernst die Lage sei, fehle. "Wohlstand gibt es nicht umsonst, das ist der Lohn harter Arbeit, das ehrlich zu sagen, dieser Mut fehlt der Regierung," fasste Middelberg zusammen.
Rohde: Weit von einer Haushaltskrise entfernt
Der Redner der SPD, Dennis Rohde, betonte, dass sich der Entlastungsbegriff gerade für die Sozialdemokraten nicht nur auf Steuern beziehe. In diesem Zusammenhang lobte er die Einigung auf die Kindergrundsicherung oder der Wohngeldreform. Gute Signale seien zum Besipiel, dass die Reallohngewinne für Menschen mit kleinem Einkommen gestiegen sind. Rohde: "Wir sind weit von einer Haushaltskrise entfernt."
Peter Böhringer, der Redner der AfD-Fraktion, warf Lindner "Buchungstricks" vor. Die eigentliche Verschuldung liege sechsmal höher als ausgewiesen, behauptete er.
Altsünden jetzt Realität
Nur die niedrigen Zinsen der vergangene Jahre hätten die Zinslast der "Verschuldungsaltsünden der Alt-Finanzminister Steinbrück, Scholz und Lindner" erträglich gemacht. sagte Böhringer. Nun würden sie gnadenlos über die Bürger hereinbrechen. Schulden seien die Steuern von morgen, "und dieses ehemalige morgen beginnt heute". Böhringer warf der Ampel außerdem verfehlte Allgemeinpolitik und Überlastung der Sozialsysteme vor.
Sven-Christian Kindler von den Grünen betonte, das Ziel der Steuerpolitik sei auch Reiche stärker in die Verantwortung zu nehmen. Mit einem Seitenhieb konterte er auf den Redner der Union, Middlehoff. Dieser habe zwar Sparen angemahnt, allerdings keine konkreten Vorschläge gemacht. Kindler dazu:
Linke: Panzer statt Kinder
Als Fraktion seien die Grünen auch nicht mit allem einverstanden, was im Haushaltsentwurf stehe. Aber: "Das Parlament ist der Haushaltsgesetzgeber, ich freue mich auf die Beratungen, wie wir diesen Bundeshaushalt noch besser und gerechter machen können."
Nach langem Streit gab es eine Einigung zur Finanzierung der Kindergrundsicherung. Sozialverbände reagieren enttäuscht auf den Kompromiss. Die Dortmunder Tafel ist ein Beispiel wie Armut im Alltag aussieht.29.08.2023 | 1:47 min
Gesine Lötzsch von der Fraktion der Linken kritisierte:
Keine Bundesregierung habe bisher so rücksichtslos aufgerüstet wie die aktuelle. Diese sei aber nicht in der Lage eine wirkliche Kindergrundsicherung umzusetzen, das sei "ein wirkliches Armutszeugnis".
Wie geht es weiter?
Die Beratungen über den Haushalt im Bundestag werden Mittwoch und Donnerstag fortgeführt, mit einer Schlussrunde am Freitag. Dann werden die Vorlagen an den federführenden Haushaltsausschuss überwiesen. Letzte Änderungen können bis zum 16. November vorgenommen werden. Geplant ist, den Etat am 1. Dezember vom Bundestag verabschieden zu lassen.