Zukunftsdebatte bei "Lanz":Ist Deutschlands Jugend zu pessimistisch?
von Felix Rappsilber
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Angesichts des Pessimismus in Deutschland wird Zukunftsforscherin Florence Gaub "wirklich wild". Klimaaktivistin Carla Reemtsma warnt davor, Krisen "kleinzureden".
Sehen Sie hier die Sendung "Markus Lanz" vom 19. Dezember 2023.19.12.2023 | 74:19 min
Pessimismus angesichts verschiedener aktueller Krisen: angebracht oder sogar schädlich? Bei dieser Frage waren sich die Zukunftsforscherin Florence Gaub und die Klimaaktivistin Carla Reemtsma am Dienstagabend bei Markus Lanz uneinig.
Gaub beschrieb ein in Deutschland um sich greifendes Gefühl so: "Man kann ja eh nichts machen und es ist alles zu viel." Angesichts dieser Haltung werde sie "wirklich wild".
Junge Menschen, "die in Diktaturen leben, die unseren Wohlstand nicht haben", teilten diesen Pessimismus nicht, der ein "europäisches Phänomen" sei.
Reemtsma: Politik ohne ernsthafte Antworten
Reemtsma entgegnete: Junge Menschen in Deutschland hätten das Gefühl, "dass die Politik keine ernsthaften Antworten findet". Einerseits habe sich die Gesellschaft während der Corona-Pandemie "am wenigsten" für Schüler, Studierende und Auszubildende interessiert. Online-Uni und Online-Schule seien "vorne und hinten" nicht aufgegangen.
Andererseits hätten Studierende während der Energiekrise "als Allerletztes ihre Energiepreishilfen bekommen", was "sehr, sehr existenziell" gewesen sei.
Gaub: Kritik am Begriff "Polykrise"
Angesichts von Problemen aus verschiedenen Richtungen habe sich der Begriff der "Polykrise" etabliert, sagte Gaub. Und kritisierte: Wer sich so ausdrücke, tue so, als sei es "noch nie so schlimm wie jetzt" gewesen und gebe sich damit einen "Ego-Boost". Es sei "zwar schlimm, aber immerhin sind wir live bei historischer Bedeutung dabei", das sei das Gefühl hinter dem Wort "Polykrise".
Die in Bayern aufgewachsene Gaub erinnerte sich: "Wir hatten wirklich in den Achtzigern ständig Angst, dass es zu einem nuklearen Krieg kommt und wir sind direkt an der Front, dann Waldsterben, dann das Ozonloch."
Reemtsma: Krisen werden kleingeredet
Man müsse gar nicht von einem "historischen Moment" sprechen, entgegnete Carla Reemtsma. Für "jüngere Generationen" sei es eine "extreme Häufung von sehr einschneidenden Erlebnissen":
Ein "ganz großer Knackpunkt" sei, "dass die Krisen so klein geredet" würden. "Wenn die Krisen möglichst klein sind", sagte Reemtsma, "müssen auch die Antworten möglichst klein sein".
Klimaaktivistin Carla Reemtsma kritisiert bei "Lanz" die hohen Subventionen im Bereich der Flugindustrie. Gegen die Klimakrise müsse man auch mit Marktmechanismen kämpfen.12.04.2023 | 1:14 min
Gaub: Deutsche Hyperindividualisierung
Gaub pflichtete bei: "Man kann in einer Krise durchaus zukunftsfähig sein, aber wir brauchen auch eine Politik, die was anderes anbietet als das Wohlstandsversprechen."
- Reemtsma: Wachstum macht Welt "ungerechter"
Sie attestierte Deutschland eine "Hyperindividualisierung". Fast alle dieser Probleme könnten "im Kollektiv durchaus angegangen werden", betonte Gaub. Junge Leute in armen Ländern würden daran glauben, dass die Klimakrise zu bewältigen sei.
Reemtsma: "Wohlfühl-Fortschrittsversprechen" der Politik
Reemtsma widersprach: "Selbst mit den ambitioniertesten Klimazielen, die international gerade da sind, haben wir Ende des Jahrhunderts drei Grad Klimaerhitzung."
Anstatt aus der begründeten Angst vor der Klimakrise "politische Handlungsmacht" abzuleiten, gebe die Politik ein "Wohlfühl-Fortschrittsversprechen: 'Na klar, wir transformieren jetzt die gesamte Gesellschaft, aber ihr merkt davon alle nichts.'"
- Mehr als 1,5 Grad: Die Angst vorm Untergang
Erzählt werde, dass die Klimakrise "keine gesamtgesellschaftliche Aufgabe" sei und mit "ein bisschen technologischem Fortschritt" zu lösen sei. Es fehle, dass jemand "genau das aber ausbuchstabiert und sagt: 'Es wird Veränderungen geben und wir können die mitgestalten und so sind sie sozial und grün.'"
Quelle: ZDF
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