Rückzug von Finanzministerin:Frischer Wind für Schwarz-Grün in Kiel
von Henner Hebestreit
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Wie verdaut die schwarz-grüne Koalition in Kiel Heinolds Abgang als Finanzministerin und Vize-Regierungschefin? Aminata Touré folgt als Vize - ein anderer Typus Politikerin.
Aminata Touré, Silke Schneider und Monika Heinold (v.l.)
Quelle: dpa
Das Kieler Regierungsviertel ist eingehüllt in die Gerüche der Kieler Woche, dem größten Volksfest Nordeuropas - es duftet nach Bratwurst und Zuckerwatte - aber hinter den dicken Mauern von Staatskanzlei und Finanzministerium ist die Partylaune verflogen: Nach zwölf Jahren als Finanzministerin dreier unterschiedlicher Koalitionen hat die grüne Spitzenpolitikerin Monika Heinold ihren Rücktritt angekündigt - Ende Juli will sie sich nach 28 Jahren aus der Landespolitik Schleswig-Holsteins zurückziehen, aus Altersgründen, wie die 65-Jährige betont.
Damit verlässt eine der erfahrensten PolitikerInnen der schwarz-grünen Koalition das politische Parkett in Kiel. Auf Heinolds Schultern lastet nicht nur der Druck, immer wieder einen Haushalt aufzustellen, der notfalls auch einer Prüfung des Landesverfassungsgerichts Stand hält - sie gilt auch als ausgleichende Kraft zwischen den Bündnispartnern CDU und Grünen.
Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) macht keinen Hehl daraus, wie sehr ihn der zwar zu diesem Zeitpunkt überraschende, aber grundsätzlich erwartete Rückzug trifft: "Das ist für mich eine traurige Nachricht." Für ihn war Heinold Stützpfeiler und Architektin der amtierenden Koalition. "Das ist schon eine große Lücke, die damit gerissen wird."
Erfahrene Nachfolgerin als Finanzministerin vorgestellt
Zwar haben die Grünen am Dienstagmittag mit Silke Schneider, der Präsidentin des Lübecker Landgerichts und Richterin am Landesverfassungsgericht, eine Nachfolgerin benannt, die zuvor auch unter Heinold schon Staatssekretärin im Finanzministerin war und sich mit der Komplexität eines solchen Hauses auskennt - offenkundig eine gute Wahl - aber den sensiblen Posten der stellvertretenden Ministerpräsidentin hatten die Grünen ihr nicht angeboten. "An mich ist herangetragen worden, ob ich Finanzministerin werden wolle. Ich habe mir das überlegt und entschieden und freue mich auf dieses Amt", sagte die 56-jährige Juristin und Mutter von sechs Kindern in Kiel.
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Dabei bringt Silke Schneider als ausgebildete Mediatorin durchaus das Rüstzeug mit, an einer sensiblen Nahtstelle der Koalition Konflikte zu entschärfen, bevor daraus Krisen werden. "Mediation ist eine Haltung, bei der es darum geht, die Interessen hinter den Positionen zu finden und miteinander zu verbinden", erklärte sie in Kiel.
Sicher kann sie diese Qualifikation nutzen, wenn sie ihre Kabinettskollegen in den nächsten Monaten auf Verzicht einschwören muss, denn die "fetten Jahre" sind auch in Schleswig-Holstein vorbei: Erst vor wenigen Tagen verkündete das Verkehrsministerium, dass man Verkehre bei der Bahn abbestellen müsse, weil das Geld nicht reiche. 200 Millionen Euro wird die neue Finanzministerin bei den anstehenden Etatverhandlungen streichen müssen, vielleicht sogar mehr.
Grüner Shooting-Star führt künftig Koalition mit Günther
Gut möglich, dass das Regieren für Ministerpräsident Günther durch aufkommende Verteilungskämpfe nicht einfacher wird - auf seine engste Vertraute Monika Heinold kann er nicht mehr zählen - der Posten der Vize-Regierungschefin geht an Deutschlands erste schwarze Ministerin: Aminata Touré.
Für die 31-jährige Grünen-Politikerin und Ministerin für Soziales in der Kieler Landesregierung ist es die nächste Stufe auf der Karriereleiter, die sie anscheinend im Sturm erklimmt: 2019 wurde sie Deutschlands jüngste stellvertretende Landtagspräsidentin, 2022 legte sie gemeinsam mit Heinold den Grundstein für die erfolgreiche Landtagswahl, bei der die Grünen hinter der CDU zweitstärkste Kraft wurden.
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Touré steht für einen anderen, jüngeren Typus Politikerin: Die "Kieler Nachrichten" beschreiben sie als "internetaffine schwarze Powerfrau". Sie gilt als durchsetzungsstark und hat auch einige politische Stürme in ihrer Zeit als Ministerin abgewettert. Sowas imponiert auch Ministerpräsident Daniel Günther.
Politische Beobachter sehen in der Personalie Touré auch eine grüne Machtdemonstration in Zeiten, in denen die Grünen keine besonders gute politische Konjunktur haben. Politik an der Förde dürfte spannender werden, wenn sich die Bratwurstdünste und Zuckerwatte-Düfte erstmal verzogen haben und in Kiel wieder der politische Alltag Einzug hält.
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