TikTok-Sperre für Podcast-Videos:"Hoss & Hopf": Das steckt hinter dem Wirbel
von J-F. Fischer, J. Schneider, J. Gebhard, L. Leidig
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Kaum ein anderer Podcast polarisiert derzeit so wie "Hoss & Hopf". TikTok versucht seit dieser Woche, Inhalte des Kanals zu sperren - bisher mit wenig Erfolg. Worum geht's?
Die beiden Podcast-Macher: Kiarash Hossainpour und Philip Hopf.
Quelle: Hoss & Hopf
"Einer der erfolgreichsten Podcasts impft unsere Kinder mit radikalem Gedankengut - und keiner kriegt's mit". Mit dieser Schlagzeile auf der Website "stern.de" begann diese Woche die Aufregung um den Podcast "Hoss & Hopf". Dahinter stecken die Podcaster Philip Hopf und Kiarash Hossainpour.
Ihr Podcast rangiert aktuell bei Spotify auf Platz zwei der deutschen Podcast-Charts. Viele hören die Gespräche von "Hoss & Hopf", in denen die beiden ihre mitunter polarisierende Meinung vertreten. Egal um welches Thema es geht, sie wollen kein "Blatt vor den Mund nehmen", wie sie selber erklären.
Fragt man in der Stuttgarter Innenstadt nach, kennen vor allem Jugendliche den Podcast - aber auch Älteren sind die beiden bekannt:
Doch in dieser Woche gab es Gegenwind: Die Videoplattform TikTok bestätigt gegenüber ZDFheute, ein Konto zum Podcast von der Plattform entfernt zu haben. Der Grund: "Gefährliche Falschinformationen und gefährliche Verschwörungstheorien". Der betroffene Account zählt über 166.000 Follower und erweckt den Anschein eines offiziellen Accounts:
Ein Screenshot des gesperrten Kanals mit Videos rund um den Podcast "Hoss & Hopf": @hossundhopfpodcasst.
Quelle: tiktok/@hossundhopfpodcasst
Von TikTok verschwinden werden die Inhalte der beiden deshalb nicht: Es gibt weit über 100 Konten, die Kurzvideos aus den Podcast-Folgen verbreiten - der aktuell reichweitenstärkste hat dort knapp 130.000 Follower. Auf Nachfrage sagt Hopf, auch der von TikTok gesperrte Account sei nicht von den beiden selbst betrieben worden. Dies sei eine "bewusste Fehlinformation". Woher kommt die Aufregung?
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Podcast "Hopf & Hoss": So erfolgreich sind die Gespräche
Der Podcast "Hoss & Hopf" ist nicht neu: Schon im September 2022 erscheint die erste von mittlerweile 145 Folgen. Wer durch die Podcast-Charts scrollt, findet das Format derzeit auf den vorderen Plätzen. Die Platzierung gibt zwar keine eindeutigen Hinweise auf die Abrufzahlen, doch sie deutet auf ein steigendes Interesse hin - eine ihrer aktuellen Folgen rangiert zudem auf Platz 22 bei der Rangliste der "Top-Folgen".
Gleichzeitig erreichen bei YouTube die Video-Mitschnitte der Gespräche regelmäßig mehr als 100.000 Aufrufe - das erfolgreichste Video wurde mehr als 500.000 Mal aufgerufen.
In ihrem Podcast zeichnen Hoss und Hopf ein eigenes Bild von sich, das sich nicht unabhängig überprüfen lässt:
Philip Hopf, auch bekannt als Hopf, ist 39 Jahre alt, und hat in seinem Leben mehrere "180-Grad-Wandel erlebt" sowie einen Freispruch vor Gericht, den er aus seiner Sicht im Zweifelsfall nicht hätte bekommen sollen. In seinen Erzählungen formt Philip Hopf eine Aufsteigergeschichte, an dessen Ende er nun Geschäftsführer der Firma "HKMC" ist - einem Finanzunternehmen aus Stuttgart.
Geboren in Stuttgart und zwischenzeitlich nach Wien umgezogen, blieb Hopf als Jugendlicher nach eigenen Angaben in der Schule sitzen. Dann wechselte er vom Gymnasium auf die Hauptschule. Später, nach mehreren Jobs, etwa auf Baustellen und der Gastronomie, schöpfte er aus einem Buch "neue Motivation" und holte seine Fachhochschulreife nach. Er fing an, sich mit Finanzmärkten und Trading zu beschäftigen. Das Thema "Geld" und die damit verbundene Freiheit sei ein Leitmotiv von Philip Hopf. 2019 beginnt er auf YouTube über Finanzthemen zu sprechen.
Kiarash Hossainpour, auch bekannt als Hoss, ist in Berlin aufgewachsen. Mittlerweile lebt er in Dubai und ist nach eigenen Angaben schon mit 18 Jahren Selfmade-Millionär durch Kryptowährungen geworden - zuvor hatte er viele "Businesses". Heute gibt er sich auch als Influencer für Finanzthemen und erstellt auf YouTube Videos, darunter Tutorials, etwa zum Handel mit Bitcoins. Zudem hat sich Hossainpour einen YouTube-Kanal aufgebaut, der 240.000 Follower zählt. Auf dem Account wirbt er auch für die Kryptobörse "Bitget" - doch die BaFin ermittelt gegen das Unternehmen.
Philip Hopf, auch bekannt als Hopf, ist 39 Jahre alt, und hat in seinem Leben mehrere "180-Grad-Wandel erlebt" sowie einen Freispruch vor Gericht, den er aus seiner Sicht im Zweifelsfall nicht hätte bekommen sollen. In seinen Erzählungen formt Philip Hopf eine Aufsteigergeschichte, an dessen Ende er nun Geschäftsführer der Firma "HKMC" ist - einem Finanzunternehmen aus Stuttgart.
Geboren in Stuttgart und zwischenzeitlich nach Wien umgezogen, blieb Hopf als Jugendlicher nach eigenen Angaben in der Schule sitzen. Dann wechselte er vom Gymnasium auf die Hauptschule. Später, nach mehreren Jobs, etwa auf Baustellen und der Gastronomie, schöpfte er aus einem Buch "neue Motivation" und holte seine Fachhochschulreife nach. Er fing an, sich mit Finanzmärkten und Trading zu beschäftigen. Das Thema "Geld" und die damit verbundene Freiheit sei ein Leitmotiv von Philip Hopf. 2019 beginnt er auf YouTube über Finanzthemen zu sprechen.
Kiarash Hossainpour, auch bekannt als Hoss, ist in Berlin aufgewachsen. Mittlerweile lebt er in Dubai und ist nach eigenen Angaben schon mit 18 Jahren Selfmade-Millionär durch Kryptowährungen geworden - zuvor hatte er viele "Businesses". Heute gibt er sich auch als Influencer für Finanzthemen und erstellt auf YouTube Videos, darunter Tutorials, etwa zum Handel mit Bitcoins. Zudem hat sich Hossainpour einen YouTube-Kanal aufgebaut, der 240.000 Follower zählt. Auf dem Account wirbt er auch für die Kryptobörse "Bitget" - doch die BaFin ermittelt gegen das Unternehmen.
Hopf selbst beschreibt den Podcast auf Anfrage als "kritisch, polarisierend, freiheitsliebend". Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur sagt er:
Den Vorwurf, er beeinflusse Kinder und Jugendliche zu stark, wies er zurück. "Der Anteil an Jugendlichen liegt bei 0,4 Prozent", so Hopf. Diese Angabe bezieht sich mutmaßlich auf die Ausspielung bei YouTube, nicht auf TikTok, das eher jüngere Menschen nutzen.
Worum geht es bei "Hoss & Hopf"?
Die Gespräche der beiden Podcaster haben kein festes Themengebiet: Mal geht es um Motivationstipps, moderne Geldanlagen, Medizin oder Kritik an Medien - auch am ZDF. Regelmäßig werden auch aktuelle Ereignisse wie der Skandal um die Band Rammstein oder das jüngste Interview des US-Moderators Tucker Carlson mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin besprochen.
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Die beiden geben aber auch kruden Verschwörungsmythen eine Bühne, die teils an antisemitische Erzählungen anknüpfen:
Da wird etwa vorgetragen, der Absturz des Malaysia-Airlines-Flugs-370 sei herbeigeführt worden, damit ein Mitglied der Familie Rothschild aus Frankfurt über einige Umwege an ein Patent aus der Halbleiter-Entwicklung komme, da die anderen Patenthalter bei dem Absturz ums Leben gekommen sind. Die Erzählung geht auf einen Bericht des russischen Propagandakanals "Russia Today" zurück.
In Deutschland ist es erlaubt, seine Meinung auch zu kontroversen Themen frei zu äußern. Und selbst Desinformation oder Verschwörungstheorien sind grundsätzlich so lange nicht verboten, wie nicht konkret die Rechte anderer Menschen dadurch verletzt werden. Beispielsweise durch eine strafbare Beleidigung oder Verleumdung. Erst in diesem Fall sind soziale Netzwerke auch gesetzlich verpflichtet, gegen die Inhalte vorzugehen.
Sie dürfen aber von sich aus in sogenannten Community Guidelines strengere Regeln für ihre Plattformen aufstellen, als es das Gesetz vorschreibt. Also beispielsweise Social-Media Profile sperren, über die Fake-News in die Welt getragen werden. Gerichte hatten bislang entschieden, dass solche Maßnahmen zulässig sind, wenn sie nicht willkürlich oder grundlos erfolgen. In der Regel ist auch eine vorherige Abmahnung nötig, damit der Nutzer sein Verhalten korrigieren kann.
Übertragen auf die Plattform TikTok bedeutet das: Ein Konto darf gesperrt werden, um einen Verstoß gegen die Community-Guidelines zu verhindern. TikTok gestattet in seinen Richtlinien "keine ungenauen, irreführenden oder falschen Inhalte". Vor allem die Verbreitung von Verschwörungstheorien sind danach verboten. Bei dem Kanal von "Hoss & Hopf" sah TikTok diese Richtlinien nun scheinbar verletzt. Anders entschied hingegen die Plattform Spotify. Deren Richtlinien erfassen die Verbreitung von Desinformationen nicht ausdrücklich. Lediglich falsche medizinische Informationen, wie beispielsweise das Leugnen von Krankheiten wie Aids, Covid-19 oder Krebs, sind untersagt.
Sie dürfen aber von sich aus in sogenannten Community Guidelines strengere Regeln für ihre Plattformen aufstellen, als es das Gesetz vorschreibt. Also beispielsweise Social-Media Profile sperren, über die Fake-News in die Welt getragen werden. Gerichte hatten bislang entschieden, dass solche Maßnahmen zulässig sind, wenn sie nicht willkürlich oder grundlos erfolgen. In der Regel ist auch eine vorherige Abmahnung nötig, damit der Nutzer sein Verhalten korrigieren kann.
Übertragen auf die Plattform TikTok bedeutet das: Ein Konto darf gesperrt werden, um einen Verstoß gegen die Community-Guidelines zu verhindern. TikTok gestattet in seinen Richtlinien "keine ungenauen, irreführenden oder falschen Inhalte". Vor allem die Verbreitung von Verschwörungstheorien sind danach verboten. Bei dem Kanal von "Hoss & Hopf" sah TikTok diese Richtlinien nun scheinbar verletzt. Anders entschied hingegen die Plattform Spotify. Deren Richtlinien erfassen die Verbreitung von Desinformationen nicht ausdrücklich. Lediglich falsche medizinische Informationen, wie beispielsweise das Leugnen von Krankheiten wie Aids, Covid-19 oder Krebs, sind untersagt.
Radikale Thesen und Botschaften zwischen den Zeilen
Andere Themen sind etwa die Fragen, ob die "Corona-Pandemie eine Lüge" war, ob eventuell nicht Russland die Ukraine angegriffen, sondern die Nato den Kreml zu sehr provoziert habe oder ob Bundeskanzler Olaf Scholz Hochverrat begangen habe, weil er angeblich genau weiß, wer die Nord-Stream-Pipelines gesprengt habe und es nicht sagt.
Eingebettet werden die Thesen - die meist von Hopf vorgetragen werden - oft mit Sätzen wie "genau wissen wir das auch nicht" oder "wer es genau weiß, schreibt es bitte in die Kommentare". Eindeutige Falschinformationen - wie etwa "Deutschland hat mehr Flüchtlinge aufgenommen als alle anderen Länder in Europa zusammen" - werden dagegen als gesicherte Fakten dargestellt - was nachweislich nicht der Fall ist.
Hört man den Podcast über eine längere Zeit, lässt sich eine Grundstimmung erkennen: So wird durch das Gesagte ein gewisses Misstrauen gegenüber dem Rechtsstaat und der Politik etabliert - teilweise fein dosiert zwischen den Zeilen.
Stellenweise werden radikale Ansichten aber auch unverblümt vorgetragen - vornehmlich von Hopf. In einer Folge, die sich mit der Todesstrafe für Staftäter beschäftigt, sagt er:
Eine drastische Ansicht, die indirekt auch als Einführung der Todesstrafe in Deutschland gelesen werden kann.
"Hoss & Hopf": Woher kommt der Erfolg?
Eine große Reichweite haben besonders kurze Videoausschnitte einzelner Folgen, die auf TikTok, Instagram oder YouTube geteilt werden - nicht nur von offiziellen Accounts, sondern vor allem von Fans. Das hat Methode:
Die Macher haben einen "Kurz-Clip-Wettbewerb" ausgerufen. User bekommen die Erlaubnis, alle Inhalte des Podcasts weiterzuverwenden, um Kurz-Clips viral gehen zu lassen. 2.000 Euro werden gemeinsam auf diejenigen aufgeteilt, die mit ihren Clips eine Million Aufrufe erreichen - 500 Euro bekommt derjenige mit dem meistgeklicktem Video.
Dieser Wettbewerb sei aber nicht der einzige Grund für den Erfolg des Podcasts, meint der Sozialwissenschaftler mit Schwerpunkt Radikalisierungsforschung, Holger Marcks:
Diese vermeintliche Orientierung bieten "Hoss & Hopf" mit teilweise einfachen Antworten auf komplizierte Fragen - Stichwort Todesstrafe. Das es sich bei den Aussagen rein um "rechtes Gedankengut" handelt, ist für Marcks aber eine zu triviale Erklärung.
Wer profitiert von der Sperrung?
Aktuell zeichnet sich ab, das die Ankündigung der Sperrung auf TikTok dem Podcast eher mehr Reichweite beschert als weniger. Heute Abend wollen sich die beiden Podcaster ausführlich zu der von ihnen als "koordinierte Medienattacke" bezeichnete Sperrung äußern. Gegenüber ZDFheute schreibt Philip Hopf, dass Medien "tatsächlich Wahrheiten verfälschen", um den Podcast "in eine rechte Ecke zu drängen".
Freude über die Aufregung gibt es derweil aber durchaus im rechten Spektrum: Der Aktivist und Mitarbeiter von AfD-Spitzenkandidat für die Europawahl, Erik Ahrens, fasst den Wirbel um "Hoss & Hopf" auf X so zusammen:
Auf Spotify und YouTube sind die Inhalte von "Hoss & Hopf" weiter ohne Einschränkung abrufbar.
Jan-Frederik Fischer ist Redakteur im ZDF-Landesstudio Stuttgart. Jan Schneider ist Redakteur im Faktencheck-Team der ZDFheute.
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