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Staatsgründung vor 75 Jahren:Die DDR - Heimat, Sehnsucht, Lebensgefühl
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Vor 75 Jahren wurde die DDR gegründet. 40 Jahre, 11 Monate und 26 Tage ist sie geworden. Am 3. Oktober 1990, dem Tag der deutschen Einheit, war es mit ihr vorbei. Ein Blick zurück.
Wie so oft in der Geschichte überlagern sich historische Daten. Beim 7. Oktober denken wir heute vermutlich vor allem und drängend an den Überfall der radikalislamischen Hamas auf Israel vor einem Jahr. Der Tag, an dem das fürchterliche Sterben im Nahen Osten seinen Anfang nahm. Und bis heute andauert.
Der 7. Oktober ist aber auch der Tag, an dem im Jahre 1949 die DDR gegründet wurde. Als Reaktion der russischen Seite auf die Gründung eines eigenen deutschen Staates durch die drei westlichen Alliierten. Der faktischen Besiegelung der Teilung Deutschlands.
DDR - Heimat, Kindheit, Rebellion
Der 7. Oktober war der 'Tag der Republik' - viele Menschen, so auch ich, denken manchmal daran. Das Land, in dem ich geboren wurde, wäre also am heutigen Tag 75 Jahre alt geworden.
Vielen von uns war dieses Land Heimat. Und ist und bleibt bei allen Widersprüchen der Ort der Kindheit, der vertrauten Umgebung, des ersten Kusses - vielleicht auch der Ort der Rebellion gegen die Eltern und des Scheiterns mancher Träume.
Wie definieren Sie Heimat? Ist es der Ort Ihrer Herkunft? Vielleicht ein Ort, den man gern hat, aber nicht immer lieben kann. Kleinkariert womöglich. Wie ein zu eng gewordenes Shirt. Die Menschen in der Heimat unter Umständen fremd. Vielleicht ist Heimat auch ein Ort, nach dessen Geborgenheit man sich sehnt? Es ist - für die meisten zumindest - ein Ort, an den sie zurückkehren können.
"Du bist aus dem Osten?…"
"Ach, Du bist aus dem Osten? Das merkt man gar nicht" - das war eines der größten Komplimente, welches man als Ossi lange bekommen konnte. Für viele war die DDR, ihre Herkunft, ein Ort der Scham.
Inzwischen präsentieren sich viele Ostdeutsche selbstbewusster. In den ostdeutschen Bundesländern gibt es eine zunehmende Identifikation mit der DDR - einem Land, das viele selbst gar nicht mehr erlebt haben.
Sind die Wahlergebnisse, die viele entsetzt haben, ein Ausdruck von Trotz? Sabine Rennefanz beschreibt es im Tagesspiegel so:
Der Blick auf 'den Osten' ist beinahe so negativ wie in den 80er Jahren - nur dass es damals die Hoffnung auf Besserung gab.
Tagesspiegel vom 27.09.2024
Der "Osten" - so Rennefanz - sei weiterhin keine Himmelsrichtung, sondern eher eine Zustandsbeschreibung, eine Diagnose, ein Label - das umso stärker hafte, je mehr man sich dagegen wehre.
Auf einer Veranstaltung zum 75. Gründungstag der DDR sprach am vergangenen Wochenende auch Egon Krenz. Der letzte DDR-Staatsratsvorsitzende beanspruchte für sich immer noch das Recht, für die Menschen der ehemaligen DDR zu sprechen. Das hat er nicht - eine Verharmlosung der DDR als Friedensstaat, wie Krenz es darstellt, ist nicht zulässig.
Wiedervereinigung brachte neue Parteien
Seit dem Fall der Berliner Mauer hat sich auch die gesamtdeutsche Parteienlandschaft verändert. Zu den etablierten Parteien kamen neue dazu. Erst die Linke. Dann die AfD. Und seit kurzem das BSW.
Den Erfolg von AfD und BSW erklärt der Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk so: Es gebe in Ostdeutschland eine Art Transformationsmüdigkeit, herrührend aus den gravierenden Änderungen der 1990-er und den Nuller-Jahren. Diese werde jetzt überlagert von einer neuen Transformation, die die gesamte Welt erfasst habe: der digitalen, von der niemand wisse, wohin sie führe.
Und Menschen neigen dazu, wenn sie nicht wissen, was morgen kommt, sich zurückzulehnen, zurückzuschauen und zu sagen: In der Vergangenheit war alles so viel besser. Ich sehne mich nach dieser Vergangenheit.
Ilko-Sascha Kowalczuk, Historiker und Autor
Anerkennen, was die DDR für viele war
Und das, so Kowalczuk, sei das Versprechen, welches Populisten wie AfD und BSW machten: Ich führe Euch in die Zukunft, in dem ich Euch Eure goldene Vergangenheit zurückgebe.
Der Blick zurück auf die DDR ist kein Blick in eine goldene Vergangenheit. Aber die DDR, deren Gründung heute 75 Jahre zurückliegt, war ein Ort, der vielen Heimat war.
Henriette de Maizière ist Redakteurin im ZDF-Hauptstadtstudio und geboren und aufgewachsen in Ost-Berlin.
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