Andreas Winhart (l) und Martin Böhm feieren bei AfD-Wahlparty
Quelle: dpa
Bei der
Landtagswahl in Bayern bleibt die
CSU klar stärkste Partei, schafft aber historisch betrachtet erneut nur ein relativ schwaches Ergebnis.
Die Grünen verlieren, Freie Wähler und
AfD erzielen Rekordergebnisse. Für die
SPD bleibt
Bayern Diaspora, die
FDP scheitert deutlich an der Fünf-Prozent-Hürde.
Wahlergebnis: CSU bietet Angriffsflächen
Der CSU-Wahlsieg basiert einmal mehr auf Strukturvorteilen, Sachkompetenz und dem Wunsch nach politischer Kontinuität. Dennoch hat die Traditionspartei bei Regierungsarbeit, Ansehen oder Spitzenkandidat ihre Ausnahmestellung verloren; und für 52 Prozent der Befragten auch "das Gespür für das, was die Bayern wirklich bewegt". Diese Lücke können in Teilen AfD und Freie Wähler besetzen. Den Ampel-Parteien macht neben ihrem generell schwachen Standing im Freistaat jetzt auch heftige Kritik an der
Bundesregierung zu schaffen.
Ansehen der Parteien: Durchwachsen bis klar negativ
Dass die CSU klar stärkste Partei bleibt, verdankt sie zunächst relativen Vorteilen: Wenngleich nicht ganz auf dem Niveau früherer Jahre, liegt die CSU beim Ansehen (+5/-5-Skala: 1,6; 2018: 1,3) weiter vor allen anderen Parteien. Die bayerischen Grünen erleben - parallel zu einem Einbruch der Grünen im Bund - einen nie dagewesenen Imageabsturz (minus 1,3; 2018: 0,8). Die Freien Wähler verlieren beim Ansehen leicht (0,9; 2018: 1,4), SPD (minus 0,7; 2018: 0,1) und FDP (minus 0,8; 2018: 0,4) verlieren sehr deutlich, die AfD (minus 2,3; 2018: minus 3,2) hat ein starkes Negativimage.
Quelle: Forschungsgruppe Wahlen
Nächster Regierungschef: Söder ohne Konkurrenz
Zu einem für bayerische Verhältnisse mäßig gutem Parteiimage kommt bei der CSU ein bedingt überzeugender Spitzenkandidat: Bei Leistungsbilanz (gute Arbeit: 66 Prozent) und Ansehen (+5/-5-Skala: 1,3; 2018: 0,6) liegt Markus Söder im Ministerpräsident*innen-Benchmark leicht unter dem Schnitt.
Quelle: Forschungsgruppe Wahlen
In Bayern hat sich Söder aber klar verbessert und ist hier praktisch ohne Konkurrenz: Als Regierungschef bevorzugen 56 Prozent Söder, der auch viel Unterstützung aus dem FW- und AfD-Lager erhält. Gerade 15 Prozent sind im direkten Duell für Ludwig Hartmann (Grüne), der - soweit überhaupt bekannt - mit rückläufigem Ansehen (minus 0,1; 2018: 0,7) kämpft.
Freie Wähler und AfD: Polarisierung und Profiteure
Nur leichte Imageverluste hat Hubert Aiwanger (0,7; 2018: 1,0). Ganz anders als 2018 polarisiert der Freie-Wähler-Chef massiv, wobei die
Flugblattaffäre nach Meinung der Befragten den Freien Wählern eher genutzt als geschadet hat (genutzt/ geschadet/keine große Rolle: 43/13/40 Prozent).
Der AfD hilft ein Umfeld, in dem das Thema "
Asyl/Migration" zuletzt klar an Bedeutung gewonnen und sich die Stimmung in Bayern erheblich verändert hat: Nur noch 37 Prozent (2018: 68 Prozent) meinen, dass ihr Bundesland die vielen Flüchtlinge verkraften kann.
Themen: Flüchtlinge und Energie/Klima
Im Bereich "Flüchtlinge/Asyl" - neben "Energie/Klima" für die Bayern wichtigstes Thema - nimmt der Zuspruch für die AfD bei den Parteikompetenzen zu. Die meisten Befragten setzen hier aber auf die Politik der CSU, die auch bei "Wirtschaft", "Zukunft" oder "
Bildung" das meiste Vertrauen genießt. Bei "
Klimaschutz" bleiben die Grünen vorne, wobei 42 Prozent der Bayern die aktuellen Klimaschutzmaßnahmen zu weit gehen, darunter besonders vielen AfD-Wähler*innen.
Quelle: Forschungsgruppe Wahlen
Wer wählte wen: Oft eine Frage des Alters
Das Fundament für den CSU-Erfolg legt wie gewohnt die ältere Generation: Bei den ab 60-Jährigen holt die CSU 47 Prozent, bei den unter 30-Jährigen liegen CSU und Grüne nahe beieinander (23 bzw. 20 Prozent).
Auffällig ist bei den unter 30-Jährigen jetzt eine - in dieser Altersgruppe - untypisch starke AfD (18 Prozent). Die Freien Wähler schneiden in allen Altersgruppen ähnlich gut ab, verlieren aber mit Zunahme des formalen Bildungsniveaus der Wähler*innen an Zustimmung. In kleinen Gemeinden und kleineren Städten sind CSU, AfD und Freie Wähler deutlich stärker als in den großen Städten, bei den Grünen ist das umgekehrt.
Staatsregierung: Kontinuität mit leichten Vorbehalten
Trotz relativer CSU-Defizite war die Wahl letztendlich auch ein Votum für politische Kontinuität im Freistaat: Für eine Koalition aus CSU und Freien Wählern gibt es viel Zustimmung (gut/schlecht: 52/29 Prozent), auch wenn die Vorbehalte leicht gewachsen sind.
Quelle: Forschungsgruppe Wahlen
Eine schwarz-grüne Regierung wird anders als noch 2018 sehr klar abgelehnt (gut/schlecht: 25/62 Prozent) - in einem Bundesland, in dem nach jahrzehntelanger Dominanz die Integrationsfähigkeit der CSU spürbar abgenommen und die Polarisierung erheblich zugenommen hat.
Die Zahlen basieren auf einer Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen unter 1.391 zufällig ausgewählten Wahlberechtigten in Bayern in der Woche vor der Wahl (telefonisch und online) sowie auf der Befragung von 19.512 Wähler*innen am Wahltag.