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CDU vor AfD im Saale-Orla-Kreis:Herrgott: "Ich will Landrat für alle sein"
von Melanie Haack
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Landratswahl im thüringischen Saale-Orla-Kreis: Im ersten Wahlgang hatte AfD-Kandidat Thrum noch klar geführt. In der Stichwahl setzte sich nun CDU-Kontrahent Herrgott durch.
Bei der Landratswahl im Saale-Orla-Kreis verlor AfD-Kandiat Uwe Thrum die Stichwahl gegen den CDU-Mann Christian Herrgott. Im ersten Wahlgang hatte der AfD-Kandidat noch deutlich vorne gelegen.29.01.2024 | 1:44 min
Der CDU-Kandidat Christian Herrgott kann sein Glück kaum fassen. Als das Ergebnis auf der Leinwand erscheint, fällt ihm sichtlich ein Stein vom Herzen. Dass Herrgott gewinnt, hatten sie zwar gehofft, aber die Chancen nach dem ersten Wahlgang waren nicht rosig. Der AfD-Kandidat Uwe Thrum lag zwölf Prozentpunkte vor ihm. In der Stichwahl nun setzte sich Herrgott knapp durch, mit 52,4 Prozent. Jetzt warten große Aufgaben.
Saale-Orla Kreis gespalten
52,8 Prozent für Robert Sesselmann von der AfD in der Stichwahl ums Landratsamt. Wie konnte der Partei, die in Thüringen als "erwiesen rechtsextrem" gilt, dieser Sieg gelingen? Spurensuche in Sonneberg.17.06.2023 | 14:04 min
Die politische Stimmung im Saale-Orla Kreis gilt als gespalten und angespannt. Das zeigte sich auch während der Auszählung im Landratsamt. Besucher, AfD-Unterstützer, die andere Gäste beschimpften, zeitweise lautstark und giftig.
Der Saale-Orla-Kreis im Osten Thüringens hat 80.000 Einwohner. Keine Metropolregion, er ist ländlich, geprägt von Landwirtschaft und Abwanderung. Über die Hälfte der Einwohner sind über 50. Mit der Wende kamen Strukturwandel und Transformation, mit vielen Chancen aber auch Verlusten.
Thrum traf sich mit Reichsbürgern
Viele empfinden die Krisen der letzten Jahre wieder als existenzbedrohend. Oft erzählten uns die Menschen in den letzten Wochen, dass sie sich nicht mehr abgeholt fühlten von der Politik. Die Versprechen des AfD-Kandidaten Uwe Thrum sahen viele als Lösungspolitik vor Ort.
AfD-Kandidat Uwe Thrum konnte seinen Vorsprung aus dem ersten Wahlgang nicht verteidigen.
Quelle: dpa
Der Tischlermeister Thrum kommt aus der Region, ist hier verwurzelt, sitzt auch im Landtag. Sein Wahlkampf war geprägt von lokalen Themen. Er sprach vom Ausbau der Radwege, dem Erhalt der beiden Krankenhäuser und von Sachleistungen statt Geldleistungen für Asylbewerber. Dass er sich in den letzten Jahren mit Reichsbürgern und Rechtsextremen traf, schien viele Wähler nicht zu beeindrucken.
Ricola-Gunnar Lüttgenau von der Stiftung Gedenkstätte Buchenwald erklärte vor wenigen Tagen:
Auch dieses Wochenende hat es wieder bundesweit Demonstrationen gegen Rechtsextremismus gegeben. Allein in Düsseldorf gingen 100.000 Menschen auf die Straße.27.01.2024 | 1:29 min
Thrum spricht von Hetzkampagne
Am Abend sprach AfD-Mann Thrum von einer Hetzkampagne und von einem Parteienkartell, zeigte sich trotzig. Ein vereinbartes Rededuell zusammen mit dem CDU-Kandidaten einer Thüringer Lokalzeitung sagte er diese Woche kurzfristig ab. Die Begründung: Er erhalte die Fragen nicht vorab und die Auswahl der Moderatoren sei ihm nicht genehm.
Dass er heute nun verlor, hat sicher viele Gründe. Die bundesweiten Großdemonstrationen angesichts der Verbindungen der AfD zu Rechtsextremen in den vergangenen Tagen gingen auch am Saale-Orla-Kreis nicht spurlos vorbei.
Und seit der Wahl des ersten AfD-Landrates überhaupt, im thüringischen Sonneberg, mobilisieren bürgerschaftliche Bündnisse thüringenweit gegen die als rechtsextrem eingestufte AfD und für Weltoffenheit. Im September verhinderte die Zivilgesellschaft maßgeblich die Wahl eines AfD-Mannes zum Oberbürgermeister in Nordhausen. Auch im Saale-Orla Kreis formierte sich Ende des Jahres das kleine Bündnis "Dorfliebe für alle".
Nicht nur in den Großstädten demonstrieren Tausende gegen Rechtsextremismus. Auch in kleinen Gemeinden wie Puderbach im Westerwald oder dem thüringischen Saale-Orla-Kreis gehen die Menschen auf die Straße.27.01.2024 | 5:29 min
Auftakt für Thüringer Superwahljahr
Mitorganisator Michael Pape zeigt sich heute von dem Ergebnis sichtlich erfreut. Gleichzeitig aber weist er auch darauf hin, welche große Aufgabe jetzt vor dem neuen Landrat stehe. Es gehe darum, die Menschen zu einen, Rede und Gegenrede wieder zuzulassen, damit man wieder gemeinsam an einem Tisch sitzen könne. Denn 47,6 Prozent der Wähler wollten Christian Herrgott nicht, sondern die AfD.
Die Landratswahl ist der Auftakt in das Thüringer Superwahljahr mit Kommunal-, Europa- und Landtagswahl. Allein die heutige Stimmung hier in der Kreisstadt Schleiz zeigt, es wird kein leichtes Amt.
Melanie Haack ist Studioleiterin im ZDF-Landesstudios Thüringen.
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