Das Thema Migration brennt den Dänen nicht unter den Nägeln. Denn ein strenges Asylrecht inklusive Verschärfungen gibt es bereits seit Jahren.
Dänische Polizisten an der Grenze zu Deutschland.
Quelle: dpa
Kaveh floh vor zweiundzwanzig Jahren aus dem Iran nach Dänemark. Er arbeitet schon lange ehrenamtlich mit im "Netzwerkhaus" in Gentofte. Das "Netzwerkhaus" wird von der Kommune und von Hilfsorganisationen gemeinsam betrieben.
Das Ziel: Geflüchtete und Asylbewerber sollen hier lernen, wie die dänische Gesellschaft funktioniert. Die Menschen bekommen Hilfe bei Behördengängen, erhalten Sprachunterricht oder kochen einfach nur zusammen.
Kaveh findet, die dänische Regierung müsse bei aller notwendigen Begrenzung von Asyl den Menschen, die kommen, noch viel mehr helfen, damit Integration gelänge. Das will die Mitte-Links-Regierung unter der sozialdemokratischen Ministerpräsidentin Mette Frederiksen auf keinen Fall.
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Migrationspolitik in Dänemark
Sie hat mit ihrem sehr restriktiven Kurs in der Migrationspolitik bereits 2015 den rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei das Wasser abgegraben. Seitdem verschärfen die Sozialdemokraten die Migrationsregeln kontinuierlich.
Ihr Kernargument: Der dänische Wohlfahrtsstaat könne nur erhalten bleiben, wenn der Zuzug in diesen Wohlfahrtsstaat begrenzt werde. Dänemark könne nicht unbegrenzt Menschen aufnehmen, die nicht an die Kultur und an die Wirtschaftsstrukturen im Land gewöhnt seien.
Die Regierung findet den Beifall einer Mehrheit der Dänen, unter anderem für folgende Maßnahmen:
Asylbewerber müssen bis auf einige Ausnahmen in Sammellagern den Ausgang ihres Antrags abwarten.
Asylbewerber bekommen weniger Geld, meist Sachleistungen.
Der Familiennachzug wurde stetig erschwert.
Das "Schmuckgesetz" erlaubt es Asylbewerbern, Wertsachen ab 1.350 Euro abzunehmen.
Laut "Ghettogesetz" dürfen nicht mehr als 30 Prozent "nicht-westliche Ausländer" in einem Stadtteil leben.
Hintergründe der Migrationspolitik
Die Politikwissenschaftlerin Marlene Wind von der Universität Kopenhagen erklärt die dänische Migrationspolitik so:
Aber in Wirklichkeit seien die nordischen Länder sehr ethnisch orientiert, sehr auf die Bewahrung der ethnischen Reinheit ausgerichtet. Das klinge in deutschen Ohren hässlich, sagt Wind. Aber es werde viel darüber geredet, dass die Zahl der Ausländer einen bestimmten Prozentsatz nicht überschreiten solle, weil das den Zusammenhalt der dänischen Gesellschaft gefährden würde, und das lasse sich nicht wirklich mit einer so großen Humanität vereinbaren, erklärt sie weiter.
Abschiebung trotz Aufenthaltsstatus
Der Konsens von Gesellschaft und Politik, möglichst wenig Asylsuchende aufzunehmen, hält an. Auch wenn der Arbeitskräftemangel immer größer wird. Selbst wer es geschafft hat, einen Aufenthaltsstatus in Dänemark zu bekommen, ist vor Abschiebung nicht gefeit.
Marlene Wind gibt ein Beispiel:
2022 wurden in Dänemark ganze 4.568 Asylanträge gestellt - in Deutschland etwa 50 Mal so viele.