Bundesverfassungsgericht: Corona-Kredite für Klimafonds?

    Bundesverfassungsgericht:Corona-Kredite für Klimafonds rechtens?

    Jan Henrich
    von Jan Henrich
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    Zur Bekämpfung der Pandemiefolgen hatte der Bund hohe Schulden aufgenommen. Doch durften die Mittel für Klimaschutz eingesetzt werden? In Karlsruhe wird heute darüber verhandelt.

    Während der Corona-Pandemie hatte der Bund die Schuldenbremse ausgesetzt und hohe Kreditermächtigungen ermöglicht. Als nicht alle davon gebraucht wurden, entschied sich die Bundesregierung, die Mittel langfristig für Klimaschutz- und Energiewendeprojekte einzusetzen.
    Die Union hält das für verfassungswidrig und zog vor das Bundesverfassungsgericht. In Karlsruhe wird heute verhandelt. Es geht nicht nur um viel Geld, sondern auch um Grundsatzfragen: Wie streng ist die Schuldenbremse? Und wie transparent muss der Bund haushalten?

    240 Mrd. Euro Kreditermächtigung im Haushaltsjahr 2021

    Seit 2011 gilt die im Grundgesetz festgeschriebene Schuldenbremse. Demnach darf der Bund jedes Jahr maximal 0,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes an neuen Schulden aufnehmen. Doch es gibt Ausnahmen. Bei außergewöhnlichen Notsituationen beispielsweise kann die Grenze überschritten werden.
    Eine solche hatte der Bundestag im Zuge der Corona-Pandemie festgestellt, mehrmals sogar. Im Haushaltsjahr 2021 wurde so eine Kreditaufnahme von zunächst 180 Mrd. Euro ermöglicht, die später um weiteren 60 Mrd. Euro aufgestockt wurde.

    Rückwirkend in Sondervermögen übertragen

    Doch die Aufstockung wurde am Ende nicht gebraucht. Anstatt die Kreditermächtigung unangetastet zu lassen, entschied der Bundestag mit den Stimmen der Ampel-Koalition im Januar 2022, sie auf ein Sondervermögen zu übertragen - den sogenannten "Energie- und Klimafonds" (EKF).
    Mit den Mitteln des EKF sollten Pandemiefolgen abgefedert, aber auch langfristig Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels finanziert werden. Mittlerweile wurde das Sondervermögen zum sogenannten "Klima- und Transformationsfonds" weiterentwickelt.
    Konkret werden damit beispielsweise energetische Gebäudesanierungen oder der Ausbau von Ladeinfrastruktur für E-Autos gefördert. Auch die Wasserstoffindustrie und dazugehörige Gasnetze sind ein Schwerpunkt.

    CDU sieht Umgehung der Schuldenbremse

    Die 197 Abgeordneten der Unionsfraktion zogen im April vergangenen Jahres dagegen vor das Bundesverfassungsgericht. Aus Sicht der Union sei die Überschreitung der Schuldenbremse ausdrücklich nur in Verbindung mit der Corona-Pandemie genehmigt worden. Die Mittel für andere Bereiche einzusetzen würde das umgehen. Projekte gegen den Klimawandel sollten aus dem normalen Haushalt finanziert werden.

    Wir wollen nicht die Klimapolitik schwächen, wir wollen, dass ehrlich abgerechnet wird.

    Mathias Middelberg, stellv. Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

    Gleichzeitig Pandemiefolgen bekämpfen und Klima schützen

    Die Bundesregierung hält dagegen. Man halte die Übertragung der Kreditermächtigungen in das Sondervermögen für verfassungsgemäß. Es gehe nicht darum, die Schuldenbremse oder den ursprünglichen Zweck zu umgehen. Man wollte die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie bekämpfen und gleichzeitig dazu beitragen, die Klimaschutzziele zu erreichen, so eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums.
    In einer Eilentscheidung vom Dezember 2022 hatte das Bundesverfassungsgericht die Handhabe vorerst bestehen lassen. Allerdings wurden dort bereits einige Fragen aufgeworfen.

    Grundsatzfragen im Hauptsacheverfahren

    Die werden nun in der Hauptverhandlung geklärt. Und es geht nicht nur darum zu entscheiden, wie Corona-Mittel verwendet werden durften. Mehrere grundsätzliche Themen stehen auf dem Programm: Wie sieht die demokratische Kontrolle von staatlichen Mitteln aus, wenn diese auf Sondervermögen übertragen wurden? Welche Maßstäbe gelten für die Schuldenbremse, wenn der Bundestag eine außergewöhnliche Notlage feststellt?
    Für den Klima- und Transformationsfonds könnte das Urteil weitreichende Folgen haben. Was mit den ausgezahlten oder bereits versprochenen Fördermitteln passiert, lässt sich derzeit allerdings noch nicht abschätzen. Mit einem Urteil wird frühstens in einigen Wochen gerechnet.

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