Warum der größte Windpark Bayerns die Grünen verärgert
Kritik in Bayern:Warum Grüne sich über einen Windpark ärgern
von Julian Schmidt-Farrent
|
Der Freistaat auf Kurswechsel: In Bayern sollen bald 40 Windräder die Industrie mit grünem Strom versorgen. Ausgerechnet die Grünen üben Kritik an dem Projekt.
Im bayerischen Staatswald soll der größte Windpark Bayern entstehen. Innerhalb von viereinhalb Jahren sollen 40 Windräder mit je 200 Metern Höhe entstehen. Die Meinungen dazu sind gespalten.30.06.2023 | 1:50 min
Emmertings einziges Windrad ist einen halben Meter hoch und aus Lego. "Das haben meine Söhne gebaut", prahlt Bürgermeister Stefan Kammergruber (parteilos). Und wenn es nach ihm geht, könnte es hier das einzige Windrad bleiben - doch der Freistaat hat andere Pläne für seine Region. Und stößt damit ausgerechnet bei den Grünen auf Kritik.
Windkraftanlage zwischen Bäumen
Aber von vorne: Bayern plant seine bislang größte Windkraftanlage mitten in einem Wald. Die Anlage im Öttinger Forst soll grüne Energie für die nahegelegene Industrie produzieren. Das bayerische Chemiedreieck schluckt jährlich rund 0,5 Prozent des gesamten deutschen Stromverbrauchs. Die neue Anlage könnte in Zukunft zumindest einen Teil dieses Bedarfs decken.
Der Freistaat legt damit in Sachen Windkraft einen Kurswechsel ein - und das nicht ganz freiwillig. Die Landesregierung erschwerte es bislang, Flächen für Anlagen auszuweisen. Nur vier Prozent der deutschen Windkraft stammt aus dem größten Flächenland. Nun zwingt ein neues Bundesgesetz die Länder, künftig rund zwei Prozent ihrer Fläche für Windräder bereitzustellen.
Bis 2030 sollen 80 Prozent des Strombedarfs aus erneuerbaren Energien stammen. Um das zu erreichen, muss beim Ausbau der Windkraft der Turbo eingelegt werden. Doch an vielen Stellen hakt es, nicht nur bei der Bürokratie.08.04.2023 | 5:06 min
Unterstützung von Naturschützern
Und wo baut es sich besser, als auf dem eigenen Grundstück? Bayern weist nun Flächen in den staatlichen Wäldern aus - so wie im Öttinger Forst. Vierzig Windräder, jedes mehr als 200 Meter hoch. Fast alle Gemeinden im Umkreis haben dem Projekt zugestimmt. Nur Emmertings Bürgermeister Stefan Kammergruber sträubt sich, befürchtet eine Zerstörung der Natur vor Ort.
Doch die Windräder kommen, und selbst Naturschützer*innen befürworten das Vorhaben im Wald - mit Bauchschmerzen.
Es brauche die Anlage im Kampf gegen den Temperaturanstieg, sonst "wird dieser Klimastress für diesen Wald auch so groß werden, dass entsprechende Schäden entstehen", erklärt Gerhard Merches vom BUND Naturschutz. Die Umweltorganisation fordert allerdings Ausgleichsflächen und pocht darauf, möglichst behutsam im Wald vorzugehen.
Grüne sprechen von Abzocke
Kritik an dem Projekt kommt ausgerechnet von den bayerischen Grünen. "Das ist Abzocke", sagt Martin Stümpfig, energiepolitischer Sprecher der Grünen im Landtag. Er glaubt: Bei der Vergabe der Projektfläche an einen französischen Konzern sei es dem Freistaat nur ums Geld gegangen.
Beim Windkraft-Gipfel sprachen Vertreter aus Ländern, Kommunen und Industrie über den stockenden Ausbau der Windenergie in Deutschland.23.05.2023 | 2:02 min
Konkret spricht Stümpfig von dem Punkte-Katalog, auf dessen Grundlage die Behörden einen potenziellen Projektierer auswählen. Von den 100 Punkten, die die Unternehmen dort erreichen könnten, entfalle ein Großteil auf das finanziell beste Angebot.
Stattdessen sollte das beste Bürgerbeteiligungskonzept in dem Katalog eine größere Rolle spielen, meint Stümpfig - also wie die Unternehmen die Bevölkerung vor Ort finanziell beteiligen. Nur so steigere man die Akzeptanz für das Windrad daheim.
Forstministerium verteidigt Vergabe
Das bayerische Forstministerium weist die Kritik zurück: Bereits vor dem Punkte-Katalog könnten die Kommunen Bedingungen stellen, an denen sich die Unternehmen orientieren müssen. Dabei gehe es auch um Bürgerbeteiligungskonzepte.
Nur Unternehmen, die diese Kriterien erfüllten, könnten sich dann weiter um die Flächen bewerben.
Auch im Öttinger Forst habe das Unternehmen die Bedingungen der angrenzenden Kommunen erfüllt, sagt das Ministerium. Insgesamt plane der Freistaat 1.000 neue Windräder in diesem Jahrzehnt. Im Öttinger Forst könnten schon in fünf Jahren die ersten Anlagen stehen.