Spanien: Der Preis für Sánchez' Wiederwahl

    Spaniens Regierungschef:Der Preis für Sánchez' Wiederwahl

    von Luis Jachmann
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    Nach der Einigung mit Kataloniens Separatisten bleibt Pedro Sánchez wohl Ministerpräsident. Doch er zahlt einen politischen Preis - und die Proteste gegen seinen Plan halten an.

    Wahlsieger war nach den spanischen Parlamentswahlen im Juli jemand anderes. Und doch kann sich der Zweitplatzierte auf vier weitere Jahren im Moncloa-Palast in Madrid einstellen: Pedro Sánchez, seit 2018 Ministerpräsident Spaniens, hat anders als der eigentliche Wahlsieger, der konservative Alberto Nunez Feijóo, ein Regierungsbündnis schmieden können.
    Ein in Spanien höchst umstrittenes Bündnis, das Sánchez an diesem Donnerstag die erforderliche Mehrheit im Parlament besorgen soll. Sánchez ist auf die Unterstützung katalanischer und baskischer Separatisten angewiesen. Die Stimmen seiner Partei, den Sozialisten und der linken Koalitionspartner alleine reichten nach der Wahl im Sommer nicht mehr aus.

    Einigung mit katalanischen Separatisten

    Wochenlang verhandelte seine bisherige Regierungskoalition also ausgerechnet mit regionalen Nationalisten, die trotz Verbots 2017 ein Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien durchführten und daraufhin gerichtlich verfolgt wurden.
    Lange Zeit schienen die Verhandlungen festgefahren. Dann erzielte Sánchez eine Einigung. Der Weg zur Wiederwahl ist frei: "Spanien kann auf vier weitere Jahre einer progressiven Politik zählen, auf soziale Fortschritte. Das ist ein Triumph und Hoffnung für alle progressiven Kräfte in Europa", so Sánchez nach der Einigung.
    Sánchez hat sich die Zustimmung der separatistischen Parteien politisch erkauft: mit einem Amnestiegesetz, das weit über tausend katalanischen Beteiligten Straffreiheit gewährt.
    Die Amnestie ist ein Zugeständnis an den ehemaligen katalanischen Regierungschef Carles Puigdemont, Gründer von Junts. Sánchez' Wiederwahl wäre ohne den Separatisten nicht möglich. Jetzt steht der Katalane, der nach dem Unabhängigkeitsreferendum im Brüsseler Exil lebt, vor einer politischen Rückkehr.
    Olivenernte in Italien
    Um weiter regieren zu können, haben die spanischen Sozialisten ein umstrittenes Abkommen mit einer zweiten Separatisten-Partei aus Katalonien geschlossen. 09.11.2023 | 2:01 min

    Proteste in Spanien gegen Amnestiegesetz

    Die größte Oppositionspartei hält dieses Manöver für verfassungswidrig. PP-Chef Feijóo reagierte erzürnt: "Der sozialistische Kandidat hat sich denen angeschlossen, die den Staat unterwandern wollen."

    Dieses Abkommen der Schande löst keine Probleme, sondern macht alles nur schlimmer. Wir haben uns erpressen lassen.

    Alberto Nunez Feijoo, Oppositionsführer

    Die konservative PP ruft seit Tagen zu Protesten auf. Und auch den Demonstrationen der rechtsextremen Vox waren Tausende Menschen gefolgt, darunter teils faschistische und neofaschistische Gruppierungen, die sich Gefechte mit der Polizei lieferten.
    Bei dem größten Protestaufruf der PP blieb alles friedlich. Am Sonntag schlossen sich rund hunderttausend Menschen an. Im Zentrum von Madrid protestierten sie gegen das geplante Amnestiegesetz.

    Amnestievorhaben: Versöhnung oder Zerstörung des Rechtsstaats?

    Bedenken äußerte auch der spanische Berufsverband der Richter und Staatsanwälte. Das Amnestievorhaben von Sánchez sei "der Anfang vom Ende der Demokratie" und würde "den Rechtsstaat zerstören", so die konservative Interessensvertretung.
    Auf der anderen Seite haben 200 Jurist*innen ein Manifest unterschrieben, das sich für die Straffreiheit der Separatisten einsetzt. Sie sehen ein Amnestiegesetz als Schritt hin zur Versöhnung mit der Unabhängigkeitsbewegung.
    Für die neue Regierung dürfte der Start ungemütlich werden. Weitere Proteste sind programmiert und auch juristischer Ärger ist nicht ausgeschlossen. Erste Richter haben bereits angekündigt, gegen das Amnestiegesetz vorzugehen.

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