Letzte Station in Ghana:Kanzler auf Afrika-Reise: Herr Scholz hört zu
von Andreas Kynast, Accra
|
Auf seiner dreitägigen Afrika-Reise wollte Bundeskanzler Scholz seine Gesprächspartner vor allem mit demonstrativem Respekt überzeugen. Das klappte aber nur zum Teil.
Es geht damit los, dass den Gästen aus Deutschland die Meinung gesagt wird. Da gebe es vor allem eins, das nervt: Wenn westliche Politiker und westliche Medien über Afrika reden, als sei es ein Land. "Afrika besteht aus 54 sehr unterschiedlichen Ländern und keineswegs nur aus Kämpfen und Armut", sagt Valerie Ackon und der ganze Saal applaudiert.
Olaf Scholz sitzt vor einem kleinen Tisch, auf dem ein Mikrofon liegt, aber er rührt es nicht an. Herr Scholz hört zu. Valerie Ackon ist die erste Studentin, die an diesem Morgen in der Asheshi-Universität von Accra das Wort ergreift. Auch die Studenten, die nach ihr reden, malen ein selbstbewusstes und erstaunlich zuversichtliches Afrika-Bild. Auch wenn Afrika, das muss man hinzufügen, natürlich kein Land ist. Dies hier ist Ghana.
Karamba Diaby (SPD, Vorsitzender der Parlamentariergruppe Westafrika des Deutschen Bundestages) zur Afrika-Reise des Bundeskanzlers Olaf Scholz mit der Agenda "Energie, Migration und Sicherheit"31.10.2023 | 7:30 min
Ob er ein paar Eingangsbemerkungen machen wolle, hatte die stellvertretende Direktorin den Kanzler am Anfang gefragt. Nein, sagte Scholz, er wolle sich lieber anhören, was die Studenten zu sagen haben. Als er am Ende aufsteht und ein paar Fragen beantwortet, gibt es noch einmal großen Applaus. Denn Scholz sagt: "Ich stimme allem zu."
Scholz wirbt für afrikanische Sitze im UN-Sicherheitsrat
Es ist ein unverdientes historisches Glück, dass sich der offene Hass, der den ehemaligen Kolonialmächten in Westafrika entgegenschlägt, nicht übermäßig gegen die Deutschen richtet. Auf seiner dreitägigen Reise durch Nigeria und Ghana versucht Scholz, Deutschland als glaubwürdigen und respektvollen Partner zu empfehlen. Scholz lobt die "funktionierende Demokratie in Ghana" und verspricht Präsident Akufo-Addo, sich für ständige afrikanische Sitze im UN-Sicherheitsrat einzusetzen.
Journalistinm Ulrike Herrmann unter anderem zur Afrika-Reise von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD)30.10.2023 | 6:32 min
Dass die Methode Zuhören nicht automatisch Erfolg garantiert, musste die deutsche Delegation auf der ersten Station in Nigeria lernen. Rund 14.000 ausreisepflichtige Nigerianer leben in Deutschland, aber die Regierung in Abuja zeigt bisher wenig Ehrgeiz, sie zurückzunehmen.
Keine Fortschritte bei Rücknahme von Migranten
Scholz kündigte zwar an, über die Bedingungen für Rückführungen verhandeln zu wollen, aber Präsident Tinubu sah, zumindest öffentlich, keine Notwendigkeit dafür.
Dass es gerade Migranten aus Nigeria sind, die ihre Papiere wegwerfen, ist Teil des Problems - des deutschen. Denn Nigeria scheint nicht gewillt zu sein, es zu seinem zu machen.
Top-Uni am Ende der Schlammpiste
In Ghana war die deutsche Blaulicht-Kolonne am Morgen über eine schlammige Straße aus der Hauptstadt Accra hinausgeholpert, vorbei an winkenden Schulkindern, Mangoverkäufern und Ziegenhirten.
Dass am Ende der Piste eine Universität auftaucht, moderner und berühmter als die meisten deutschen Hochschulen, ist eine lehrreiche Pointe. Nicht nur, dass die Asheshi-Uni mehrfach ausgezeichnet ist, sie verfügt über eine eigene Abfallverwertungsanlage, ein Regenreservoir und wird teilweise mit Solarstrom betrieben.
"Wir haben hier einen echten Kanzler", jubelt die stellvertretende Direktorin, "der unsere Universität besucht, bevor er den Präsidenten besucht." Alle applaudieren. Nur Olaf Scholz sitzt da und hört zu.
Andreas Kynast ist Korrespondent im ZDF-Hauptstadtstudio.
Thema