Lesotho und die USA: Trump droht dem Königreich mit Rekordzöllen

Trumps Handelspolitik:Lesothos Angst vor US-Rekordzöllen

von Verena Garrett
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Lesotho importiert zu wenig aus den USA, findet Donald Trump - und droht dem Land die höchsten Zölle weltweit an. Dann rudert er zurück. Vorerst. Die Verunsicherung ist groß.

Workers at the Nien Hsing International Garment's Factory produce Levi jeans for the US market in Maseru, Lesotho
Trumps umstrittene Zollpolitik trifft vor allem arme Länder wie Lesotho hart. Die Textilindustrie dort kämpft, da sie größtenteils für US-Konzerne produziert und die Zölle kaum stemmen kann.20.04.2025 | 1:51 min
Eine Fabrikhalle in Maseru, Lesothos Hauptstadt. Maketso Taona sitzt vor ihrer Nähmaschine. Seit 20 Jahren fertigt sie Jeans in der Textilfabrik Nien Hsing. Maketso Taona ist 53 Jahre alt, verheiratet und hat vier Kinder. Umgerechnet 135 Euro verdient sie im Monat. Ein Einkommen, mit dem sie ihre eigene Familie, ihre Eltern und ihre Schwiegereltern ernährt. "Es ist nicht viel, aber davon können wir leben", sagt sie.
Eine Frau steht in einer Fabrikhalle und ist mit einem großen Stapel Jeans beschäftigt.
Maketso Taona, eine Textilarbeiterin aus Lesotho, hat Angst vor Donald Trumps Zöllen. Wenn die Zölle verhängt würden, wäre das eine große Bedrohung für ihre Existenzgrundlage.
Quelle: M. Nkosi / ZDF

Nun fürchtet sie sich vor den von US-Präsident Donald Trump angekündigten Zöllen:

Kommen die Zölle von Mr. Trump wirklich, wäre das ein Todesurteil für unsere Arbeit und ein Desaster für unser Leben.

Maketso Taona, Textilarbeiterin

Trump kündigte Zölle von 50 Prozent an

Lesotho, ein winziges Königreich, ist vollständig von Südafrika umgeben und hat nur 2,3 Millionen Einwohner. Ende Januar strich der US- Präsident die amerikanische Entwicklungshilfe. Das kleine Land ist massiv davon betroffen, jeder fünfte Erwachsene hier ist HIV-positiv und auf antiretrovirale Medikamente angewiesen.
Anfang März verhöhnte Trump Lesotho als "Land, von dem niemand je gehört habe". Und als er wenig später der Welt den Handelskrieg erklärte, stand Lesotho ganz oben auf seiner Liste: mit 50 Prozent Zöllen. Dass er davon schnell wieder Abstand nahm, vorerst für 90 Tage, beruhigt hier kaum jemanden.
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Wirtschaftsfaktor Textilindustrie

Die Textilindustrie macht in Lesotho etwa zwanzig Prozent der Wirtschaftsleistung aus, beschäftigt mehrere zehntausend Menschen. 30.000 Jeans, Jacken und Röcke - so viel produziert das Unternehmen Nien Hsing täglich. Etwa achtzig Prozent davon gehen in die USA. Die angedrohten Zölle bedrohen nicht nur seine Firma, sondern die ganze Branche, sagt der Manager der Fabrik, Ricky Chang:

Sollte es nicht gelingen, die Zölle rückgängig zu machen, oder zumindest den lesothischen Textilsektor auf das gleiche Niveau wie alle anderen zu bringen, dann wird Lesotho in Zukunft nicht mehr wettbewerbsfähig sein.

Ricky Chang, Manager Textilfabrik Nien Hsing in Maseru, Lesotho

US President Donald Trump signs an executive order implementing new reciprocal tariffs against US trading partners in the Rose Garden of the White House in Washington, DC, USA, 02 April 2025.
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Andere Märkte, neue Kunden: Sie müssten jetzt nach Alternativen suchen, sagt auch Lesothos Handelsminister Mokheti Shelile. Besonders den großen Nachbarn Südafrika hätten sie im Blick. Das könne den Wegfall des US-Marktes wenigstens etwas abfedern.

Es ist klar, dass der amerikanische Markt für unsere Textilien nicht mehr tragfähig ist. Wir dachten, wir hätten mehr Zeit. Das wird extrem schwer für uns.

Mokheti Shelile, Handelsminister Lesotho

"Mit zehn Prozent Zöllen können wir irgendwie umgehen, wenn sie überall gelten", sagt Shelile. "Sobald es auf 50 Prozent ansteigt, wird das nicht funktionieren."
Die Karte zeigt Südafrika mit seiner Hauptstadt Johannesburg und dem unabhängigen Land Lesotho.
Das kleine Königreich Lesotho ist vollständig umgeben von Südafrika. Donald Trump droht dem Land mit hohen Zöllen, die die Existenzgrundlage von vielen Menschen bedrohen könnten.

US-Handelsdefizit als Grund für drohende Rekordzölle

Handelsminister Mokhethi Shelile dachte an fake news, als ihn die Nachricht der drohenden Rekordzölle erreichte, sagt er im ZDF-Interview. Dass Lesotho so weit oben auf der Liste stand, liegt am US-Handelsdefizit.
Denn danach hat die Trump-Regierung die Zölle berechnet. Im Fall Lesothos ist das Defizit außergewöhnlich groß: 2024 exportierte das Land Güter im Wert von 237 Millionen Dollar in die USA, vor allem Kleidung. Umgekehrt waren es nur 2,8 Millionen Dollar. Dass Lesotho in den USA kaum einkaufe, liege auf der Hand, so Shelile: Teure amerikanische Produkte könnten sich die meisten Menschen in Lesotho schlicht nicht leisten.

Sorge um Abkommen zur Zollfreiheit

Lesothos Exporte und der Aufschwung der Textilindustrie des Landes sind geknüpft an das sogenannte Agoa-Abkommen, kurz für African Growth and Opportunity Act. Das kontinentweit geltende Handelsabkommen ermöglicht mehr als 30 afrikanischen Staaten zollfreien Zugang zum amerikanischen Markt, im September läuft es aus.
Dass die USA unter Trump es verlängern, damit rechnen viele nicht. "Anfangs schien es, als würden sich die Konditionen verändern, aber unter Trump sieht es nicht so aus, als würde das Abkommen überhaupt verlängert werden. Es deutet eher aufs Gegenteil hin", so Wirtschaftsexperte Thabo Qhesi. Für die Wirtschaft Lesothos sei das fatal.
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Die Strafzölle haben den Handel der USA mit China praktisch gestoppt. Chinesische Produzenten suchen deshalb schon nach neuen Absatzmärkten. Doch auch die Arbeiter sind betroffen. 17.04.2025 | 2:35 min
Ob es am Ende auf fünfzig Prozent hinausläuft oder bei den zehn Prozent Zöllen bleibt, die seit Trumps Zurückrudern für alle Länder außer China gelten: Die Zeiten, in denen Lesotho zollfrei exportieren kann, scheinen vorbei zu sein. Handelsminister Shelile will alles tun, was in seiner Macht steht, um die Rekordzölle abzuwenden. Mehrfach habe er versucht, mit Vertretern der US-Regierung Kontakt aufzunehmen, erzählt er. Bislang ohne Erfolg.
Verena Garrett ist Studioleiterin im ZDF-Studio Johannesburg und berichtet von dort aus den Ländern im Süden Afrikas.

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Quelle: dpa

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