Nach Kroatiens Parlamentswahl:Koalition mit Rechtspopulisten unvermeidbar?
von Christian von Rechenberg
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Premier Andrej Plenković und seine konservative HDZ sind die Sieger der Wahlen in Kroatien. Doch zum Regieren braucht Plenković einen Koalitionspartner - und hat ein Problem.
Der amtierende Ministerpräsident Andrej Plenković gab seine Stimme in einem Wahllokal in Zagreb ab. In Kroatien hatte er mit seiner konservativen Partei HDZ die Wahl gewinnen können.
Quelle: dpa
Andrej Plenković nannte das Ergebnis der Parlamentswahl einen "überzeugenden Sieg" - der Dritte seiner konservativen Partei HDZ in Folge. Nun wolle er umgehend beginnen, eine Regierung zu bilden. Doch die Lage ist für den bisherigen Regierungschef weit weniger komfortabel als vor der Wahl.
Wahl gewonnen, Unterstützer verloren
Bisher stützte Plenković seine Regierungsmacht auf zwei Säulen: zum einen auf eine Koalition mit kleineren Parteien, wie etwa der Serbischen Partei (SDSS). Da diese zusammen noch immer nicht ausreichend Stimmen im Parlament hatten, wurden die Koalition zum anderen von weiteren kleinen Parteien im Parlament toleriert. Sprich, deren Abgeordnete hoben bei Abstimmungen für die HDZ die Arme. Man nannte diese Abgeordneten halb-ironisch Jetons (in Anlehnung an die Chips beim Roulette).
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Doch genau die Parteien, die Plenković einst tolerierten, haben es nicht ins neue Parlament geschafft. Plenković sind die Jetons ausgegangen - er muss sich neue Partner suchen. Und er hat offensichtlich nur eine Option: Domovinski pokret - Die Heimatbewegung. Alle anderen wollen mit der HDZ nicht zusammenarbeiten.
Rechtspopulisten - die neuen Partner?
Die rechtspopulistische Heimatbewegung würde das jederzeit - ist aber, so Višeslav Raos, Politikwissenschaftler von der Universität Zagreb, genau die Partei, die Plenković gerne vermieden hätte:
Plenković, der als proeuropäisch gilt, wird also hart und konsequent verhandeln müssen. Fraglich, ob ihm das ohne politisches Blutvergießen gelingt und ob er mit den Rechtspopulisten überhaupt eine regierungsfähige Allianz schmieden kann.
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Denn nur eine stabile Koalition wird der Staatpräsident später mit der Regierung beauftragen. Und hier liegt Plenkovićs nächstes Problem. Der Staatspräsident ist sein Widersacher und Wahlkampfgegner Zoran Milanović. Der durfte aus juristischen Gründen zwar nicht offiziell als Kandidat für die stärkste Oppositionspartei SDP antreten, war im Wahlkampf dennoch das Zugpferd der Sozialdemokraten. Nun könnte er qua Amt auch eine Minderheitsregierung mit der Regierung beauftragen - Plenkovićs Gegner haben diese Hoffnung noch immer nicht aufgegeben.
Links-Grüne Bündnis will keine Regierung mit Rechts
Rechnerisch wäre die Minderheitsregierung denkbar, doch die auf die Beine zu stellen dürfte schwer werden. Denn an einer solchen Konstellation, will sie stabil sein, müsste sich auch die DP beteiligen. Allen voran das links-grüne Bündnis Možemo! (übersetzt: "Wir können!") hat dazu eine klare Haltung:
Rechtspopulisten in der Regierung oder wackelige Minderheitsregierung? Auf die kroatische Politik könnten turbulente Tage zukommen. Immerhin: Die Wahlbeteiligung mag aus demokratischer Sicht erfreulich sein: Mit 62,30 Prozent war sie die höchste seit 2000.
Christian von Rechenberg ist Korrespondent im Südosteuropa-Studio des ZDF.