Israel: Shikma Bressler - Ikone im Kampf gegen Justizreform
Ikone im Kampf um Demokratie:Shikma Bressler - Gesicht des Israel-Protests
von Stephanie Gargosch
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Sie ist eine Kämpferin gegen Netanjahus Justizreform: Shikma Bressler vereint in Israel Zehntausende im Kampf für Demokratie. Was treibt sie an? Woher kommt ihr Mut? Ein Porträt.
Wie jeden Samstag in den vergangenen 31 Wochen ist Shikma Bressler Ende Juli auf dem Weg zur Kaplan Street im Zentrum von Tel Aviv. Menschen winken sie heran, Shikma Bressler geht zu ihnen, redet mit ihnen, immer und immer wieder. Geduldig, freundlich.
"Du bist unsere Hoffnung", sagt ein Mann und umarmt die 43-Jährige. Dann erklärt er, an uns gewandt:
Bressler spricht bei Protest gegen Justizreform
Wenig später spricht Bressler vor den Zehntausenden, die wieder gekommen sind, aus Protest gegen die sogenannte Justizreform der rechts-religiösen Regierung von Benjamin Netanjahu.
Wie immer trägt Bressler ein schwarzes T-Shirt mit einer geballten Faust darauf und in der rechten Hand eine israelische Fahne. Sie ist eine schmale Frau, mit feinen Gesichtszügen. Ihre Worte sind klar und hart, nicht emotional, mehr analytisch.
"Es wurde alles genaustens geplant und ausgeführt, so wie er es wollte, und er wird nicht aufhören, bis er in Israel eine Diktatur errichtet hat", sagt sie, hebt die Hand und ruft mit den Zehntausenden vor ihr "Demokratie, Demokratie, Demokratie" in den Nachthimmel.
Was steckt hinter der umstrittenen Justizreform und den Protesten? Ein Überblick:
Bressler: Weibliches Gesicht der Proteste in Israel
Jahrelang widmete die Physikerin Shikma Bressler ihr Leben allein der Forschung, leitet eine Abteilung für Teilchen- und Astrophysik am bekannten Weizmann-Institut in Rehovot, südlich von Tel Aviv. Sie ist Mitglied eines internationalen Teams, das am Teilchenbeschleuniger im CERN bei Genf forscht. Nebenbei zieht sie fünf Kinder groß, ist zum zweiten Mal verheiratet.
Nun wurde sie zum weiblichen Gesicht der Proteste, die Israel seit Monaten beben lassen. Bressler wurde verhaftet, kurz, im März, als sie andere dabei unterstützte, eine Autobahn zu blockieren. Eine Verhaftung die der ehemalige Ministerpräsident Israels, Ehud Barak, der die Protestbewegung unterstützt, ein Beispiel für eine "Diktatur in Aktion" nannte.
Eine Gruppe von Frauen bringt im Kampf für Israels liberale Demokratie Margaret Atwoods "Handmaid's Tale" im "Marsch der Mägde" auf die Straße.27.03.2023 | 6:35 min
Frauen warnen in ihrem "Marsch der Mägde" vor der Transformation des Staates Israel in eine Theokratie:
Protestmarsch zur Knesset nach Jerusalem angeführt
Ihren Status als Ikone der Protestbewegung, besiegelte Bressler, als sie im Juli einen Marsch von Tel Aviv nach Jerusalem, zum israelischen Parlament, die Knesset anführte. 70 Kilometer, bei Temperaturen über dreißig Grad.
Ein Meer aus weiß, blauen Fahnen schob sich da über die Autobahn die Berge hinauf. Der Marsch, so sagte Bressler später, "hatte eine beinah spirituelle Energie". Getragen von der Mehrheit der Israelis, die dagegen ist, dass die rechts-religiöse Regierung die Macht der Gerichte beschneidet.
24.07.2023 | 4:18 min
Politologe Peter Lintl (SWP) mit einer Einschätzung zur Justizreform:
Bressler: Für Demokratie kämpfen ist meine Pflicht
"Wir stehen vor historischen Entscheidungen", erklärt Bressler. "Wie könnten wir da nichts tun? Meine Großeltern haben dieses Land aufgebaut. Wir haben für dieses Land gekämpft, in diesem Kampf Freunde verloren, auch ich."
Ein schwaches Lächeln gleitet über ihr Gesicht:
Es läge in der Natur der Israelis, sagt Bressler, für ihre Demokratie zu kämpfen, es wäre ihre Pflicht.
Überblick: Wie weit geht die umstrittene Justizreform?
Bressler wird von Netanjahus Anhängern angegriffen
Die ehemalige Baskettballspielerin verbrachte ihren obligatorischen Militärdienst bei einer Spezialeinheit für herausragende Athleten. 2006 verlor sie Schulkameraden im Krieg gegen die militante vom Iran unterstützte Hisbollah-Miliz.
Für ihren Aktivismus wird Bressler von Netanjahus Anhängern angegriffen. Diese bezeichnen sie und die Protestierenden als Anarchisten.
Shikma Bressler ist das bewusst, aber, so sagt sie uns am Ende noch: "Dieses Erstarken von Nationalisten und rechten Gruppen ist ein Virus, der viele Länder der westlichen Welt ergriffen hat. Daher müssen wir Demokraten uns gemeinsam erheben, nicht nur in Israel, überall.
Stephanie Gargosch ist Korrespondentin im ZDF-Studio Tel Aviv.
Einen Tag nachdem die Knesset einen Teil der umstrittenen Justizreform beschlossen hat, kommt Israel nicht zur Ruhe - die Proteste haben sich ausgeweitet. Wohin steuert das Land?