In Iran haben Hunderttausende den 45. Jahrestag der islamischen Revolution gefeiert. Doch viele Menschen in diesem Land wollen auch Veränderungen.11.02.2024 | 1:33 min
Vor dem Azadi-Platz, dem Platz der Freiheit im Zentrum Teherans, ragen Raketen und Artilleriegeschütze in den Himmel. An hohen nationalen Feiertagen demonstriert das Regime auch gerne seine militärische Stärke. Nach außen, aber auch nach innen.
Und dieser 45. Jahrestag steht ganz im Zeichen des Widerstands - gegen Israel und dessen Feldzug gegen die Palästinenser im Gazastreifen.
Machtdemonstration in Teheran
"Wir haben Waffen und verteidigen damit auch unsere Nachbarn," sagt Hossein Deljoo, ein Mann mittleren Alters, am Rande der Feierlichkeiten. "Und das wird auch unserem Land zugute kommen."
Die Unzufriedenheit der Bevölkerung in Iran sei nach wie vor groß, so ZDF-Korrespondent Jörg Brase aus Teheran. "Die Kopftuchvorschriften werden wieder konsequenter durchgesetzt."10.02.2024 | 2:58 min
Das Regime in
Iran hat Zehntausende in der Hauptstadt auf die Straßen gerufen. Viele kamen auf Befehl, wie Beamte und deren Familien, etliche Firmenbelegschaften und sehr viele Sicherheitskräfte in Uniform und Zivil. Und doch ist es eine Machtdemonstration, die zeigt, dass man in der Lage ist, nach wie vor Massen zu mobilisieren.
Gaza-Krieg für Stimmungsmache genutzt
Der
Gaza-Krieg befeuert die antiisraelische und antiamerikanische Propaganda, die bei regimetreuen Unterstützern verfängt und die Reihen schließen lässt, auch in schwierigen Zeiten. Nieder mit den
USA, nieder mit Israel, skandieren die Einpeitscher, und die Umstehenden stimmen ein.
Iran feiert den 45. Jahrestag der Islamischen Revolution. Präsident Raisi forderte den Ausschluss Israels aus den Vereinten Nationen.11.02.2024 | 0:16 min
Ein Hoch auf die Errungenschaften der Islamischen Revolution und der Islamischen Republik, die sich bei der Verteidigung der Palästinenser auf der richtigen Seite der Geschichte sieht. In dieser weltpolitisch aufgeheizt Stimmung ist es ein Leichtes, die Unterstützung für die sogenannte "Achse des Widerstands" gegen Israel zu legitimieren.
Iran hat einen weiteren Demonstranten hinrichten lassen: Mohammad Ghobadlou. Der 24-Jährige nahm an den Protesten 2022 teil. Er soll einen Polizisten überfahren haben.
24.01.2024 | 2:11 min
Sehr viele andere aber interessieren sich für den Revolutionstag überhaupt nicht. Alireza ist 22 Jahre alt, Student, und kann nicht erkennen, welche Vorteile ihm die Revolution vor 45 Jahren gebracht haben soll.
Junge Iraner wünschen sich Systemwechsel
"Ich weiß nicht, ob ich nach dem Studium einen Job bekomme, mir ein Auto leisten und meinen Lebensunterhalt verdienen kann," klagt er. "Das zeigt mir, dass etwas nicht stimmt, entweder mit der Regierung oder mit dem ganzen System."
Und eine junge Frau, die ihren Namen nicht nennen will, sagt: "Wir brauchen definitiv Veränderungen. Wirtschaftlich und kulturell. Ich will nicht sagen, dass alle Leute so denken. Aber die große Mehrheit will einen Wechsel. 70 oder 80 Prozent. Und ich denke, das System muss ihnen zuhören."
Ali Hosseini Khamenei – Irans allmächtiger Staatschef und Revolutionär. Ein Mann mit einem klaren Plan für sein Land, gewillt, ihn mit brutaler Härte durchzusetzen.02.06.2023 | 15:39 min
Der Politikwissenschaftler Sadegh Zibakalam glaubt nicht, dass das Regime zurzeit in der Lage und willens ist, auf Kritik positiv zu reagieren.
Zibakalam: Mullah-Regime sitzt fest im Sattel
"Man hätte erwarten können, dass die Regierung auf das Volk zugeht, nachdem es gelungen ist, die
Proteste nach dem Tod von Mahsa Amini zu zerschlagen," sagt Zibakalam. Das Regime sitze weiter fest im Sattel, Militärs und Sicherheitskräfte seien loyal, mit einem baldigen, erneuten Aufstand sei nicht zu rechnen.
Doch von Nachsicht keine Spur. "Stattdessen wurden wieder viele gemäßigte und reformorientierte Kandidaten von der Parlamentswahl Anfang März ausgeschlossen," so Zibakalam. Das Regime zeige keinerlei Reformwillen, sondern habe sich in den Palästen der Macht eingeschlossen.
Jörg Brase ist Leiter des ZDF-Studios in Istanbul. Er berichtet als Korrespondent aus der Türkei und Iran.